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Das Jahrhundert der Hexen: Roman

Das Jahrhundert der Hexen: Roman

Titel: Das Jahrhundert der Hexen: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Dyachenko , Marina Dyachenko
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wir hier eigentlich, dachte Klawdi angeekelt. Einen akrobatischen Tanz führen wir auf, unter Einbeziehung eines hohen Stuhls. Dem einen helfe ich auf den Sitz, den anderen schubse ich runter. Du klettere ruhig auf den Sitz, während ich mich neben die rechte Armlehne stelle, und unser Freund hier soll sich neben die linke stellen. Dann stoße ich dich mit seiner Hilfe runter und schiebe ihn auch weg, woraufhin sich ein neues Gesicht neben die Armlehne stellt …
    Er wollte schon den Mund öffnen, um die Pause zu verkünden, als er sah, dass sich der Kurator aus Bernst langsam und – wie immer in sich selbst versunken – entrückt und bleich von seinem Stuhl erhob.
    Die Hexen nannten ihn, Wikol, eine eiserne Schlange. Ein eisernes Wesen, das mit seinen Gelenken klirrte und am Ende selbst das wendigste Huhn schnappte. Erbarmungslos konnte er einen erwürgen, in null Komma nichts.
    Klawdi mochte Wikol nicht. Gerade weil er so entrückt wirkte. Ein unbeteiligter Inquisitor – das ging einfach über Klawdis Horizont.
    »Herrschaften!« Mit dieser gefühllosen Stimme sprach Wikol auch mit seinen Hexen. »Nach dem Erhalt des Befehls des Großinquisitors bezüglich der außergewöhnlichen, die Hexen aller Kategorien betreffenden Maßnahmen und insbesondere nach einem entsprechenden Versuch, diese auch zu realisieren, bin ich nicht minder verärgert als Kollege Foma.«
    Wikol verstummte. Vermutlich konnte eine einzige dieser Pausen selbst die hartnäckigste Hexe im Schweiß schwimmen lassen.
    »Herrschaften! Ich sehe mich gezwungen einzugestehen, dass die durch den Großinquisitor vorgeschlagenen Maßnahmen längst nicht ausreichen. Wir stehen vor einem Abgrund, Herrschaften, vor dem wir nur zu gern die Augen verschließen wollen.«
    Die eintretende Stille durchbrach ein langer, ein ungebührlich langer Seufzer.
    Niemand wandte sofort den Kopf. Alle zählten innerlich bis fünf, manche sogar bis sieben, erst dann gestatteten sie sich, Fedora Ptach anzusehen, die zweite Kuratorin von Odnyza, die – wie alle wussten – ehemalige Geliebte von Klawdi Starsh.
    Der Einzige, der sich nicht rührte, war Klawdi. Starr hielt er den Blick auf den obersten Knopf am Jackett von Kurator Wikol gerichtet.
    Wikol wartete eine Minute. Seine Stimme klang völlig unverändert, als er, die schweigende Runde betrachtend, klar und deutlich fortfuhr: »Das veränderte Verhalten der Hexen lässt sich weder mit dem schlechten Wetter noch den schlechten Zeiten oder irgendeinem Fehler erklären. Ich hoffe, der Großinquisitor ist weitsichtiger als wir alle und hat sich seine eigenen Gedanken zu diesem Problem gemacht.«
    Erst da schaute Klawdi zu Fedora hinüber. Sie sah besser aus. In den zwei Wochen, in denen sie sich nicht gesehen hatten, hatte sie fraglos zugenommen. Angeblich sollen Frauen ja häufig zu viel essen, wenn sie Kummer haben.
    Die paar Pfunde mehr standen Fedora. Sie glätteten eine gewisse Härte in ihrem Gesicht, rundeten die Schultern, vergrößerten offenbar sogar die Brust.
    Woran dachte er jetzt schon wieder?! Ob das seine fabelhaften »eigenen Gedanken« waren, die er seinen Kollegen auch gleich mitteilen sollte?!
    In Fedoras schönen Augen lag – wenn auch nicht an der Oberfläche, sondern tief innen – eine weniger schöne Panik.
    »Du verstehst das doch, nicht wahr? Das, was hier vor sich geht? Du kannst dem doch Einhalt gebieten, oder?«
    »Vielleicht trage ich hiermit zu Ihrer Erheiterung bei«, ergriff Klawdi nun mit unaufgeregter Stimme das Wort, »aber offenbar steht uns nicht mehr und nicht weniger als die Ankunft der Mutterhexe ins Haus.«
     
    … In der Scheune roch es nach Heu und Erde. Und nach feuchtem Brennholz.
    Das Scheunendach war so verbeult wie ein alter Kessel, Löcher und Ritzen klafften darin. In die Löcher schoss mit scharfen Strahlen Licht. Mondlicht.
    Nein, das war kein Dach. Das war der Himmel. Und die nadelgleichen Strahlen, das waren die Sterne.
    Ywha rannte, den Kopf zurückgeworfen, den Weg nicht einmal witternd. Dennoch stieß sie nirgendwo an, als führten ihre Beine das Kommando.
    Den Strahlen am schwarzen Himmel, diesen Nadeln, gesellte sich eine weitere hinzu, die sie in der Hand hielt.
    Ein Reigen leuchtender Flecken – bis es düster wurde.
    Die Menschen, diese silbrigen Schatten, waren an den Himmel gepinnt, mit einem Nagel mitten durchs Herz. Ohne den Silbernagel in ihrer Brust zu berühren, schwebten sie dort. Ywha musste blinzeln, vertrieb die Tränen. Nein, das sind doch keine

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