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Das Jesus Video

Das Jesus Video

Titel: Das Jesus Video Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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Wirtschaftslehre nach Keynes, die er während des hastigen Frühstücks noch einmal überflogen hatte.
    Fertig. Man hörte die Festplatte knattern, das Wartesymbol verwandelte sich in den normalen Mauszeiger zurück, und die Ergebnistabelle baute sich auf dem Schirm auf. Stephen griff nach der Maus. Prima. In spätestens einer Stunde würde er wieder draußen sein, heimfahren, eine saftige Rechnung schreiben und sich mit neuem Schwung auf die Examensvorbereitungen stürzen.
    Er las den ersten Namen und erstarrte.
    Dieser Name. Wie kam dieser Name in diese Liste…?
    »Das ist nicht wahr«, murmelte er.»Das ist nicht wahr…«
    Miss Barnett fragte irgend etwas, aber er hörte nur bedeutungslose Geräusche. Seine Gedanken rotierten plötzlich wie Hubschrauberflügel, eine Überlegung jagte die andere, Splitter von Erkenntnis taumelten durcheinander wie ein zerborstenes Riesenpuzzle. Er mußte die Teile einfangen, aufsammeln und zusammensetzen. An ihm war es, den Splittern hinterherzujagen.
    Wie kam dieser Name in diese Liste?
    Er blätterte zur Seite, las Datum und Uhrzeit der Bestellung. Las, was bestellt worden war. In seinem Inneren dröhnte es wie Glocken. Unglaublich. Er rechnete nach. Ja, das Jahr stimmte. Und der Monat. Und der Tag, das war… Unglaublich.
    »Mister Foxx!«Sie rüttelte an seiner Schulter.»Was ist denn, Mister Foxx? Stimmt etwas nicht mit den Daten?«
    Stephen sah auf.»Mit den Daten?«echote er blöde.»Mit den Daten ist alles in Ordnung.«
    »Gott sei Dank«, atmete Miss Barnett auf.
    Stephen las den Namen wieder und wieder.
    Die Vergangenheit war dabei, ihn einzuholen.

40
    DAS KLEINE, GEDUCKTE Landhaus, das schier erdrückt zu werden schien von seinem mächtigen grauen Dach, dem einzigen in der Nachbarschaft, auf dem keine Satellitenantenne montiert war, lag am Rand der kleinen südenglischen Ortschaft Barnford. Auf der anderen Seite der schmalen Straße erstreckten sich nur noch Felder, die bereits für den Winterfrost umgepflügt worden waren. Darüber zog sich ein konturloser, blasser Himmel. In den erdigen Brodem, der von den Äckern ausging, mischte sich ein kalter Geruch, der verriet, daß es bald Schnee geben würde.
    Das Auto, das an diesem Vormittag in die Straße einbog und vor dem Haus hielt, hatte ein Londoner Kennzeichen. Zwei Männer stiegen aus, so bedächtig, wie man an einem Ziel aussteigt, das man zum ersten Mal im Leben sieht. Der eine war jung und schlank, beinahe drahtig, trug eine dünnrandige Brille und trotz der herbstlichen Kälte nur ein Jakkett. In seiner Art, sich zu bewegen, war eine nur mühsam gebändigte Energie zu spüren, und sein Gesicht zeigte einen Ausdruck düsterer Entschlossenheit. Der andere, etwas älter und wesentlich fülliger um die Leibesmitte, wickelte sich beim Aussteigen fröstelnd in seinen graugrünen Parka, zu dem er einen farblich unpassenden Schal mit Schottenmuster um den Hals geschlungen hatte. In seinen Augen lag etwas Unsicheres, Staunendes, er schaute umher wie ein Kind, das sich noch unschlüssig ist, ob es etwas Angenehmes oder etwas Unangenehmes erwarten soll.
    Die beiden überquerten die Straße, hielten vor dem schmalen, hellgrün lackierten Gartentürchen kurz inne, um die Beschriftung auf dem Briefkasten zu studieren, der auf der rauh verputzten Einfriedungsmauer angebracht war. Sie nickten einander zu: Ja, hier waren sie richtig. Der jüngere der beiden öffnete die nachlässig geschmiedete Gartentür.
    Dem Garten dahinter schien jede Art von Pflege fremd zu sein. Laub moderte auf dem Rasen rings um einen verwilderten Teich, so wie es von den herbstlich kahlen Bäumen und Büschen gefallen war. Ein Fahrrad stand gegen eine verrostete, zugedeckte Wassertonne gelehnt. Entlang der Mauern wucherte immergrünes Heckengewächs, wie es wollte.
    Die beiden Männer gingen bis zur Haustür und klingelten.
    Eine Weile geschah nichts, dann waren Schritte zu hören, und die Tür wurde schwungvoll aufgerissen.
    Der Mann, der die Tür geöffnet hatte, war weit älter als seine beiden Besucher. Schneeweiße Haare, ungebärdig nach allen Seiten stehend, als habe er das Kämmen aufgegeben, umrahmten ein sonnenverbranntes Gesicht, aus dem leuchtend graue, lebendige Augen die Ankömmlinge hellwach ansahen. Er trug eine grüne Strickweste mit wulstigem Kragen, aus dem sein faltiger, ledriger Hals in einer Art herausragte, daß man unwillkürlich an eine uralte Riesenschildkröte denken mußte.
    »Was für eine Überraschung!«entfuhr es dem

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