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Das Jesusfragment

Das Jesusfragment

Titel: Das Jesusfragment Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henri Loevenbruck
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mich ebenfalls auf die Suche.
    Wir rissen im Erdgeschoss alle Schubladen und Schränke auf. Aber nichts erregte unsere Aufmerksamkeit. Alles war staubig. Alte Bibeln, alte Zeitschriften, alte Bücher, alte Platten mit Kirchenmusik.
    Sophie ging zur Treppe, und ich folgte ihr in den ersten Stock. Vom Treppenabsatz aus sah man drei verschlossene Türen. Sophie warf mir einen fragenden Blick zu. Ich zuckte die Schultern.
    Sie versuchte die erste Tür links. Badezimmer. Sie schloss die Tür gleich wieder und öffnete die zweite. Inzwischen näherte ich mich langsam dem Fenster, um durch die Gardinen zu schauen, ob jemand käme.
    Von der Straße aus drang das Geräusch von Schritten an mein Ohr. Spitze Absätze. Eine junge Frau. Ich hielt den Atem an. Sie ging schnurstracks am Pfarrhaus vorbei und überquerte die Straße.
    Sophie stand in einer Tür. Ich wandte mich um. Das Zimmer, das ich über ihre Schulter hinweg sah, war düster, die Läden waren geschlossen. Zweifellos das Zimmer des Hausmädchens. Es war spärlich eingerichtet, ein paar persönliche Gegenstände, ein paar Fotos, Frauenkleider, über dem Bett ein Kreuz mit einem getrockneten Zweig hinter dem Christus.
    Sophie bückte sich, warf einen Blick unter das Bett und verließ den Raum.
    In diesem Augenblick hörten wir ein Geräusch im Erdgeschoss. Sophie erstarrte und riss die Augen auf.
    Es klopfte dreimal. An der Eingangstür. Dann noch dreimal. Schweigen. Dann rief eine Frauenstimme:
    »Herr Pfarrer, sind Sie da?«
    Durch das Fenster hörte man ihre Stimme in der Gasse widerhallen. Wir rührten uns nicht von der Stelle.
    Langsam ging die Eingangstür auf. Knarrend.
    Ich griff erschrocken nach Sophies Arm.
    »Herr Pfarrer?«, wiederholte die Besucherin im Erdgeschoss. Man vernahm ihre Schritte im Flur.
    »Niemand da?«
    Dann murmelte sie etwas wegen der offenen Tür und schlug sie hinter sich zu, als sie das Haus verließ. Ich hörte, wie sich ihre Schritte auf der Straße entfernten.
    Sophie stieß einen Seufzer der Erleichterung aus. Auf meiner Stirn hatten sich Schweißperlen gebildet. Ich wischte sie mit dem Ärmel ab und murmelte: »Gehen wir?«
    »Warten Sie«, erwiderte sie, »ein Zimmer ist noch übrig.«
    Sie ging auf die dritte Tür zu und drehte den Knauf. Das Schloss gab einen metallischen Laut von sich. Die Tür war verschlossen.
    »Verdammt!«, rief Sophie.
    »Können Sie denn keine Türen aufbrechen?«, fragte ich sie herausfordernd.
    »Ich bin Journalistin und keine Einbrecherin«, konterte sie und zog eine Grimasse.
    »Tatsächlich?«
    Sie blickte sich auf dem Treppenabsatz um und hoffte, dass der Schlüssel dort war. Sie langte unter einen Schrank, ließ die Finger über ein Kranzgesims gleiten. Aber sie fand nichts. Der Schlüssel befand sich irgendwo anders. Sicherlich in der Tasche des Priesters.
    Sophie fluchte.
    Dann warf sie mir einen ungeduldigen Blick zu: »Brechen wir die Tür auf?«
    Ich prustete los.
    »Haben Sie jetzt völlig den Verstand verloren? Gerade noch haben Sie mir erklärt, dass wir keine Einbrecher sind. Also los, gehen wir!«
    Sie gab widerwillig nach und folgte mir zur Treppe. Als wir im Erdgeschoss waren, wollte ich gerade die Haustür öffnen, als Sophie mir zurief:
    »Warten Sie! Dort, der kleine Sekretär unter der Treppe. Wir haben ihn noch nicht durchsucht.«
    »Machen Sie schnell«, flehte ich sie an und ließ verzweifelt die Schultern hängen.
    Sie öffnete das kleine Möbelstück und durchwühlte es.
    »Da ist ein Brief Ihres Vaters«, rief sie plötzlich.
    Sie steckte den Umschlag in ihre Tasche, warf noch einen letzten Blick in die Schubladen des Sekretärs, dann folgte sie mir zur Tür.
    Ich atmete tief durch.
    »Gut, gehen wir jetzt raus?«, fragte ich und hoffte inbrünstig, dass niemand auf der Straße war.
    Sie nickte lächelnd.
    Ich öffnete die Tür und steckte den Kopf hinaus. Die Luft war rein. Ich gab Sophie ein Zeichen, mir zu folgen, und wir rannten zu ihrem Wagen.
    Als wir eingestiegen waren, warf mir Sophie einen Blick zu und begann zu lachen.
    »In ein Pfarrhaus einzubrechen!«, rief ich. »Ich schäme mich!«
    »Damien, übertreiben Sie nicht, wir haben lediglich einen Brief erbeutet!«
    Sie ließ den Motor an, und in diesem Augenblick erkannte ich die Gestalt des Priesters im Rückspiegel.
    Ich duckte mich, um hinter meiner Lehne zu verschwinden. »Da ist er«, murmelte ich.
    Sophie fuhr behutsam aus der Parklücke und rollte auf die Straße.
    »Wozu treiben Sie mich?«, maulte ich und

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