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Das Joshua Gen (German Edition)

Das Joshua Gen (German Edition)

Titel: Das Joshua Gen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Krusch
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»Glauben heißt nicht wissen.«
    Er lachte. »Haben Sie das von einem der Aufkleber aus dem Taxi?«
    Margaret blieb ernst. »Das sind also Ihre Fakten, Glaube und ein mäßiger Witz.«
    Sein Lächeln gefror. »Sie wollen Fakten? Gut. Der seelische Zustand des Patienten wird jeden Tag schlechter. Der Patient will nicht schlafen, er ist aggressiv, er verletzt sich, belästigt andere Patienten, er verweigert die Medikamente.«
    »Ist man deshalb schon psychisch krank, Doktor?«
    »Er widersetzt sich den Anordnungen des Personals. Er isoliert sich. Er redet nicht mit uns Ärzten!«
    »Er redet mit mir.«
    »Ja, außerhalb der Besuchszeit – nachts um halb eins!«
    »Ich hatte mich dafür bei Ihnen entschuldigt. Vince konnte nichts dafür. Es war ... wie auch immer, er redet jedenfalls mit mir.« Sie ging zum Fenster.
    Er griff nach den Seiten, die sie auf seinen Schreibtisch gelegt hatte. Er wedelte damit in der Luft herum. »Reden nennen Sie das?«
    Sie sah hinaus. Draußen auf dem Rasen spielten Patienten mit einem Ball. Vince war nicht dabei.
    »Reden?!«, wiederholte der Klinikleiter. »Er kritzelt doch nur wie besessen diese Blätter voll!«
    Er streckte Margaret den Stapel mit spitzen Fingern entgegen wie etwas, das nicht länger die Sterilität der gläsernen Tischplatte gefährden sollte.
    »Ich ahnte nicht, dass es solche Dimensionen annehmen würde, Dr. Burke.«
    »Und dennoch bestärken Sie Vince, sich weiter zu erinnern, weiter alles aufzuschreiben – Sie machen ihn sogar glauben, seine Freiheit hinge davon ab! Ist Ihnen eigentlich klar, was Sie da losgetreten haben?!«
    Margaret sah wieder aus dem Fenster. Der Ball, den sich die Patienten zuwarfen, trug farbige Punkte. Während des Fluges verwandelten sie sich in ein Gewirr bunter Schlangen. Dann landeten die Schlangen im Gras, direkt vor dem Mann mit den bösen Händen. Unbeholfen hob er den Ball auf. Seine Finger waren alle bandagiert. So als trüge er Handschuhe!, durchfuhr es sie.
    »Paranoia, Frau Anwältin, ist ein gefährlicher Gegner. Er ist schlau, er ist heimtückisch, er entwickelt seine eigene Welt und hält den Patienten darin fest. Alles bekommt dort einen Sinn. Alles lässt sich plötzlich erklären. Warum ich verfolgt werde, warum alle Welt sich gegen mich verschwört, warum Gott mich auserwählte – hundert Seiten voller Erklärungen!« Dr. Burke klatschte Vince’ Notizen auf ihren Stuhl.
    Der Mann mit den bösen Händen sah im selben Moment auf. Er grinste zu dem Fenster hinauf und zielte.
    »Hundert Seiten, die Ihren Mandanten weiter und weiter aus unserer Welt treiben, immer tiefer hinein in die Kerker einsamen Wahns!«
    Der Ball flog genau auf sie zu. Er hatte neue Punkte bekommen. Eine frische Farbe. Glänzend vom Blut der zerbissenen Finger unter den Bandagen.
    »Oh mein Gott«, entfuhr es Margaret.
    »Ja, ganz recht ...« Dr. Reynold Burke nickte zufrieden hinter dem Schreibtisch. Endlich sah diese naive Person es ein. Die Geschichte ihres Mandanten war nichts anderes als Ausdruck eines kranken Geistes.

    Garry wich einige Meter zurück.
    »Machen Sie sich keine Sorgen, das ist alles Panzerglas. Und bis jetzt haben sie es nicht geknackt.«
    Bis jetzt? Garry konnte sein entsetztes Gesicht in ihren starren schwarzen Augen sehen. »Die Viecher sind ja riesig ...«
    »Gefallen Sie Ihnen?«
    »Nein.«
    Sein Boss lachte. »Aber Sie denen. Sehen Sie, da kommt die nächste zur Begrüßung.«
    Er hatte schon von solchen Versuchen gehört. Schweine, deren Wachstum man beeinflusste, Hühner in Gänsegröße, eine Riesenmaus, deren Bild um die Welt gegangen war. Aber das da vor ihm war mehr als eine rattengroße Maus. Beängstigend mehr. Diese Heuschrecke war ja groß wie ein Mastkalb! »Meinen ... meinen Glückwunsch, Professor«, sagte Garry mit aschfahlem Gesicht.
    Der Mann in dem Laborkittel winkte ab. »Für Lorbeeren ist es zu früh. Langfristig aber werden sie uns als Nahrung dienen, ein preiswerter Ersatz für Rind und Schwein. Doch noch sind sie nicht perfekt.«
    »Sehen aber perfekt aus ...« Der Wachmann überwand sich. Er ging näher an den riesigen erleuchteten Würfel heran. Bis zur Hallendecke reichte das Panzerglas. Weite Sandflächen lagen dahinter, aufgetürmte Felsen, mannshohes dorniges Gebüsch. Ein Terrarium, dachte Garry. Ein Terrarium von den Ausmaßen eines Baseballplatzes. Die Bewohner hockten in Gruppen beieinander auf den Felsen und hinter den trockenen Büschen am Boden. Ihre fleckigdunklen Chitinpanzer

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