Das juengste Gericht
wahrscheinlich. Nach der Schilderung von Frau Janssen liegt die von Krawinckel behauptete Zudringlichkeit Beucherts gegenüber Lisa-Marie zu lange zurück. Außerdem soll darauf in anderer Weise reagiert worden sein.«
Schultz machte ein nachdenkliches Gesicht. »Ganz ausgeschlossen muss es trotzdem nicht sein, wenn irgendein neuer Vorfall hinzugekommen ist. Es kann aber auch einen ganz anderen Hintergrund geben.«
»Nämlich?«, fragte Diener.
Einen Moment lang zögerte Schultz mit der Antwort. »Wenn ich an die Malereien Sunitas und die Deutungen von Frau Reiche denke, könnte Beuchert ja auch versucht haben, seine permanente Geldnot über eine kleine Erpressung Krawinckels zu lösen.«
Schreiner stimmte zu. »Das sollten wir im Auge behalten. Andererseits hat Frau Janssen nicht ausgeschlossen, dass Krawinckel die Auslieferung von Sunita als Gegenleistung für sein Schweigen zur Vergewaltigung seiner Schwester Lisa-Marie durch Beuchert verlangte. Hier haben wir noch Aufklärungsbedarf. Ich will nur noch rasch ein anderes Thema zu Ende führen. In meinem Bericht habe ich zwei Dinge zurückgestellt, deren Zuordnung zu unserem bisherigen Ermittlungsergebnis mir bei Frau Janssen nicht einfallen wollte. Beide betreffen Fragen, die Sie, Herr Schultz, angesprochen haben. In Ihrem Bericht über den Besuch bei der Psychologin ist mir klar geworden, dass die Aussagen von Frau Janssen in Bezug zu den Gemälden von Sunita zu setzen sind.«
Schultz lachte ihn an. »Jetzt bin ich gespannt.«
Zunächst ergänzte Schreiner seine Darstellung um die Angabe von Frau Janssen, ihre Ehe mit Krawinckel sei zu keiner Zeit vollzogen worden. »Bei der Schönheit dieser Frau habe ich diese Aussage zuerst angezweifelt. Sie macht allerdings einen absolut glaubwürdigen Eindruck. Ihre Darstellungen sind in sich stimmig. Außerdem hat sie kein ersichtliches Interesse, uns die Unwahrheit zu sagen.«
»Das könnte ein wertvoller Hinweis sein, Herr Schreiner«, sagte Schultz. »Trotzdem bewegen wir uns noch immer auf hauchdünnem Eis, wenn wir uns auf diese wenigen Erkenntnisse stützen wollen, um bei Krawinckel zu durchsuchen. Es ist nicht wirklich ein Beweis dafür, dass es sich bei dem Mann auf den Malereien von Sunita um Phillip Krawinckel handelt. Wieso hat Krawinckel wieder eine ebenfalls sehr schöne Frau geheiratet, wenn er grundsätzlich außerstande sein sollte, eine Ehe zu vollziehen? Er könnte den bürgerlichen Rahmen als Alibi für eine andere sexuelle Orientierung geschaffen haben. Das lässt sich nicht jede Frau gefallen. Andererseits ist die Angabe von Frau Janssen neben den von Rupa und dem indischen Jungen Dubho geschilderten Merkwürdigkeiten über Krawinckels Beziehung zu Sunita und seiner Fotoleidenschaft ein weiteres Indiz.«
Als der Name Dubho gefallen war, hob Köhler den Zeigefinger wie ein Grundschüler. »Wobei wir nicht vergessen dürfen, dass wir die Angaben Dubhos mit Vorsicht genießen müssen. Wegen der Geschichte mit dem Briefchen an Sunita, das von Frau Beuchert neben Krawinckels Sessel gefunden wurde, müssen wir uns mit dem jungen Mann noch einmal ausführlich befassen. Mal sehen, wie wir das zeitlich unterbringen.«
Schreiner nickte. Er führte nun die Aussagen von Frau Janssen zu dem Wochenendhaus Krawinckels im Vogelsberg ein. Wiederum setzte eine Diskussion ein. Schreiner erhob den Zeigefinger, um sich eine erhöhte Aufmerksamkeit zu verschaffen. »Frau Janssen begründete die Schlichtheit des Hauses damit, dass es nur eine kleine Teilunterkellerung gäbe. Flapsig merkte sie an, der größte Gegenstand darin sei eine Wasseruhr.«
Schultz fuhr auf. »Sehr gut, Herr Schreiner. Das passt zu einem der Bilder Sunitas. Dazu sagte Frau Reiche, wir müssten zur Dokumentation der Realität das Studio finden. Nun haben wir es entdeckt. Der Keller muss es sein. Jetzt habe ich kein Problem mehr, mir eine Durchsuchung bei Krawinckel vorzustellen. Da ich gerne ein bisschen optimistisch denke, habe ich vorhin schon vorsorglich den für die Erteilung eines entsprechenden Beschlusses zuständigen Amtsrichter, Herrn Dingeldein, angerufen. Ich wollte sicherstellen, dass er noch im Büro ist, falls wir ihn heute brauchen. Er ist ein wenig eigenwillig, eine Art Paradiesvogel. Aber er schreckt nicht vor großen Namen zurück. Er versprach, mir bis 18:00 Uhr zur Verfügung zu stehen.« Schultz holte tief Luft. »Wenn wir gleich über den Aufwand und die Vorbereitungen für die Durchsuchung bei Krawinckel reden, müssen
Weitere Kostenlose Bücher