Das juengste Gericht
Kapitel
»Stopp!«, rief Schreiner mit unterdrückter Stimme und griff nach der Hand seines Kollegen Pechstein. »Wegmann ist da. Da vorn in der Einfahrt steht sein lila Jaguar. Er muss gerade gekommen sein. Das Tor steht noch offen.«
Pechstein trat auf die Bremse des Dienstwagens und schaute zu Schreiner hinüber. »Wie geht es jetzt weiter?«
»Wie besprochen. Fahr einfach rein.«
Auf das Klingeln an der Haustüre öffnete Kellermann. Er lächelte und drehte kurz den Kopf zur Seite. »Es ist wie verhext. Die Herrschaften sind schon wieder nicht da. Ich erwarte beide erst gegen Nachmittag.«
Aus einem der Zimmer trat Rainer Wegmann hinzu. Er steckte gerade einen Umschlag in seine Hemdentasche. Sein Gesichtsausdruck war abweisend, als er sich Schreiner zuwandte. »Was wollen Sie denn schon wieder hier. Wollen Sie unseren Ruf ruinieren?« Schreiner lachte laut auf, so dass die Narben in seinem Gesicht einen Kreis um seinen Mund bildeten. »Was gibt es bei Ihrem Ruf noch kaputt zu machen? Sie haben wohl gerade die 3.000 Euro dafür eingesackt, dass Sie Beuchert krankenhausreif geschlagen haben. Die Quittung dafür kriegen Sie von uns in den nächsten Tagen.«
»Was wollen Sie? Heraus damit. Und dann sehen Sie zu, dass Sie Land gewinnen.«
Pechstein legte die Hand auf seine Waffe. Schreiner trat so dicht an Wegmann heran, dass sich ihre Körper fast berührten.
»Hören Sie jetzt bitte genau zu. Wir sind zu einer Amtshandlung hier, die Sie nichts angeht. Entfernen Sie sich und stören Sie uns nicht weiter. Sonst binde ich Sie mit meinen Handschellen so lange an die Heizung, bis wir fertig sind.«
Der Auftritt Schreiners hinterließ seinen Eindruck. Wegmann zuckte mit den Schultern, stieß einen abschätzigen Pfiff durch die Zähne und zog sich zurück.
Kellermann trat unsicher von einem Fuß auf den anderen. Wieder zuckte er mit dem Kopf. »Was kann ich noch für Sie tun?«
Schreiner wandte sich ihm zu. »Wir sind absichtlich zu dieser Zeit gekommen, da wir wussten, dass Herr Krawinckel außer Hause ist. Herr Kellermann, Sie sind vorläufig festgenommen. Gegen Sie besteht der dringende Verdacht, Sunita Beuchert getötet zu haben. Ich lege Ihnen jetzt Handschellen an und nehme Sie mit zur Staatsanwaltschaft. Dort werden Sie vernommen. Herr Staatsanwalt Schultz wartet auf Sie.«
Die Haltung von Kellermann veränderte sich schlagartig. Er sackte in sich zusammen. »Ja, aber ...«
»Hier und jetzt keine Erklärungen. Dazu haben Sie gleich ausreichend Gelegenheit«, sagte Schreiner.
Als Schreiners Mobiltelefon einige Zeit später klingelte, hatten Pechstein und er Kellermann gerade in den Haftzellen der Staatsanwaltschaft eingeliefert.
»Hat alles geklappt?«, fragte Schultz.
»Wir sind ganz in Ihrer Nähe. Krawinckel haben wir weggehen sehen. Wir wollten vermeiden, dass er und Kellermann sich begegnen.«
»Prima. Vorsorglich habe ich auch für einen Pflichtverteidiger gesorgt, der unseren Verdächtigen schnell noch in der Haft sprechen kann. Er hat ja einen Anspruch auf Verteidigung, weil es um ein Verbrechen geht. Wenn Sie in etwa einer viertel Stunde mit den beiden Herren hier sind, wäre das hervorragend.«
Unmittelbar nachdem Schultz das Gespräch beendet hatte, kehrte Breidel in das Zimmer zurück. »Ich habe Herrn Köhler erreicht. Er ist noch nicht viel weitergekommen. Zurzeit klappert er Angehörige, Freunde und Bekannte von Frau Vincenzo ab. Er hofft, auf diese Weise an die Telefonnummer in Italien zu kommen. Ein Abgleich des Telefonbuchs von Lucca hat nicht weitergeführt. Wir sollen ihn in ungefähr einer Stunde noch einmal anrufen. Er meint, dass er dann fündig geworden ist und mehr sagen kann. Er will sich nicht von sich aus melden, um nicht in unsere Vernehmung zu platzen.«
»Danke, Frau Breidel«, sagte Schultz.
Schultz legte seine Zigarre im Aschenbecher ab. Diener lachte ihn an. »Man hört gar nichts von unserem Pressesprecher. Das ist mir fast unheimlich.«
»Kaschinski ist ein echter Profi. Wenn er einmal etwas gespeichert hat, gibt es keine nervigen Rückfragen mehr. Unser Abteilungsleiter hat es übernommen, den Chef zu unterrichten, und dieser wiederum hat den Generalstaatsanwalt und das Ministerium angerufen. Dort gibt es wieder jede Menge Bedenken. Das sollte uns nicht bewegen. Es wird sich sofort ändern, wenn sie hören, dass es ein Geständnis gibt.«
Es klopfte. Schreiner trat mit einem Justizwachtmeister ein, der an seinem Handgelenk eine Handschelle trug. An deren
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