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Das juengste Gericht

Das juengste Gericht

Titel: Das juengste Gericht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Udo Scheu
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Stadtbad Mitte mit seinem gewellten Dach, das seit einiger Zeit Teil des Hilton-Hotels geworden war. Nachdem er in den spiegelnden Fensterscheiben sein Erscheinungsbild geprüft hatte, betrat er die Hotel-Lobby.
    Rainer Wegmann suchte zunächst die Waschräume auf, um seine frischen Dauerwellen zu ordnen, die der Wind ihm zerzaust hatte. Am Morgen hatte er beim Kämmen festgestellt, dass graue Haare nachgewachsen waren. Er hasste das. Die aufgetragene blonde Tönung fand er natürlich und jugendlich.
    Seine Klamotten sowieso. Die neue Lederjacke glich in Farbe und Oberfläche einer Apfelsine. Sie passte nach seinem Empfinden hervorragend zu den hellblauen Jeans und dem weit geschnittenen weißen Hemd, das ihn beim Kauf an die Bekleidung der drei Musketiere erinnert hatte.
    Wieder schaute er auf seine Rolex und bemerkte, dass er bis zu seiner Verabredung noch ein paar Minuten Zeit hatte. Trotzdem entschloss er sich, jetzt schon die neben der Lobby gelegene AsiaBar aufzusuchen. Er trat durch eine Seitentür ein und fand sich am Kopfende der Bar wieder, wo eine mehr als lebensgroße goldene Buddhafigur auf einem Tisch platziert war. Rechts und links davon waren zwei Glasschalen mit frischen Blumen aufgestellt. Wegmann fand, dass die Statue der dämmrigen Bar einen besonders anziehenden Charakter verlieh. Eine Skulptur mit dem Gekreuzigten hätte sicher nicht dieselbe Ausstrahlung erzielt.
    Die Bar war noch fast leer. Wegmann ging auf einen der Tische gegenüber dem Tresen zu und setzte sich. Den kleinen halbrunden Sessel füllte er vollständig aus. Schick, aber unbequem.
    Bei der zarten Kellnerin, offensichtlich eine Thai, bestellte Wegmann einen Jack Daniels ohne Eis. Kurz darauf brachte sie ihm den Whisky und stellte eine bunte Porzellanschale mit Erdnüssen dazu. Wegmann nahm einen Schluck, steckte sich eine Zigarette an und schielte zum Haupteingang.
    Wegmann wartete. Er ließ seine Blicke durch den Raum streifen, bis sie wieder an der kleinen Thaifrau hängen blieben. Er leckte sich über die Lippen. Nicht schlecht die Kleine. Bestimmt für einen wie ihn zu haben, so viel stand fest.
    Als der Sessel neben ihm zurückgezogen wurde, zuckte er zusammen und sah auf. Vor ihm stand ein kräftiger älterer Mann mit dichtem grauem Haar, bekleidet mit schwarzem Lederblouson, rotem Polohemd und Jeans. Der Mann lächelte und streckte Wegmann die Hand entgegen. »Hallo, Rainer. Du hast heute Morgen gemeint, dass mein Typ verlangt wird. Hier bin ich.«
    »Tag, Alter. Schön, dass du deinen Hintern bewegt hast. Setz dich und bestelle dir einen ordentlichen Drink. Ich lade dich ein.«
    Das Thaimädchen war schon an den Tisch herangetreten. Der Vater hängte seine Lederjacke über die Rückenlehne und nahm Platz. »Na, wenn das so ist. Einen ordentlichen französischen Cognac. Nein, einen doppelten.«
    »Hast du gut hierher gefunden?«, fragte Rainer Wegmann.
    »Kein Problem. Ich habe die U-Bahn bis zum Eschenheimer Tor genommen. Du weißt ja, dass ich seit einiger Zeit das Autofahren sein lasse.«
    Die Bedienung brachte den Cognac. Die beiden Männer prosteten sich zu. Der alte Wegmann nahm einen tiefen Schluck und grunzte. »Nicht übel. So, jetzt kann es von mir aus losgehen. Wo liegt der Hund begraben? Falls du Geld brauchst, bist du bei mir an der falschen Adresse. Das weißt du ja. Ich bräuchte selber mehr, als ich habe.«
    »Das ist ein guter Einstieg in unser heutiges Thema, Paps. Deine Tochter, meine liebe Schwester Ellen, hat mich um einen kleinen Gefallen gebeten. Bist du dabei?«
    Der alte Wegmann zündete sich eine Zigarette an, sog den Rauch durch Mund und Nase, trank erneut einen kräftigen Schluck Cognac und lehnte sich zurück. »Selbstverständlich! Noch besser, wenn es uns etwas einbringt. Worum geht es denn?«
    »Wir sollen ein bisschen Überzeugungsarbeit leisten, um die Einsichtsfähigkeit eines Menschen zu erhöhen. Die Einzelheiten erkläre ich dir, bevor wir uns mit dem Typ unterhalten. Du verstehst, was ich meine?«
    »Wer dir nicht folgen kann, hat selbst Schuld. Um wen handelt es sich?«
    »Du kennst die Person nicht. Das ist auch nicht nötig. Wenn dich später irgendjemand ausfragen sollte, kannst du mit Fug und Recht behaupten, dass du von nichts gewusst hast. Das kann manchmal sehr nützlich sein.«
    »Weshalb will deine liebe Schwester, dass wir für sie die Kohlen aus dem Feuer holen? Das hat doch bestimmt Gründe.«
    Rainer Wegmann beschrieb mit der Hand einen Halbkreis, bevor er sich wieder

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