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Das juengste Gericht

Das juengste Gericht

Titel: Das juengste Gericht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Udo Scheu
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höflichen Verbeugung die Beifahrertür seines Mercedes und hielt sie weit auf. »Komm her, Rupa! Wenn das gnädige Fräulein bitte einsteigen würde. Wir fahren zurück nach Frankfurt.«
    Wortlos und ohne ersichtliche Reaktion nahm Rupa in dem Fahrzeug Platz. Sie legte den Kopf gegen die Rückenlehne, schnallte sich an und starrte durch die Frontscheibe.
    ***
    Nach wie vor regnete es in Strömen. Hinzu kam, dass die Temperaturen stark gefallen waren und sich um die Frostgrenze bewegten. Beim Anlassen des Motors hatte das Display nur noch zwei Grad plus angezeigt. Ein akustisches Signal hatte auf mögliche Straßenglätte hingewiesen. Krawinckel störte dieses Wetter nicht. Er sagte sich, dass sein Auto bestens ausgestattet und damit winterfest sei. Weitere Gedanken verschwendete er nicht auf die Straßenverhältnisse. Vielmehr zog er es vor, sich mit sich selbst zu beschäftigen. Anlässe gab es genügend.
    Krawinckel hatte einfach schlechte Laune. Der Tag war völlig anders verlaufen, als er es erhofft hatte. Mit Entspannung und ein bisschen Spaß hatte er gerechnet. Nichts von alledem war eingetreten. Obwohl er eine Engelsgeduld an den Tag gelegt hatte.
    Was war diese Rupa nur für ein Mädchen. Steif, wortkarg und desinteressiert war sie ihm begegnet. Kurzum, sie war langweilig. Was auch immer er vorgeschlagen und angestellt hatte, sie war distanziert oder jedenfalls gleichgültig geblieben. Ein verstocktes Kind.
    Er hatte ihr erzählt, wie gut es Sunita in dem Haus gefallen hätte. Ein ernstes Nicken und ein »Ich weiß«, zu mehr hatte sich Rupa nicht durchringen können. Krawinckel hatte dieses »Ich weiß« ergründen wollen, vor allem, um Rupa in ein Gespräch zu verwickeln. Aussichtslos.
    Nach einer Weile vergeblichen Bemühens hatte er sich mit ihr aus dem unterirdischen Zimmerchen zurück ins Tageslicht begeben und dort alle Register seiner Überzeugungskraft gezogen. Vergeblich. Höflich und unnahbar hatte sie sich gezeigt, wie eine Debütantin des Wiener Opernballs. Und das mit acht Jahren. Trotz allem wurde er das Gefühl nicht los, dass sie ihn fortwährend beobachtete.
    Was für ein anderes Mädchen war doch Sunita gewesen!
    Nach und nach hatte er aufgegeben, Rupa auflockern zu wollen. Gegen 18:00 Uhr hatte er noch ein Abendbrot auf den Tisch gestellt. Beide hatten es wortlos eingenommen. Schließlich war er aufgestanden, hatte die Abreisevorbereitungen getroffen und schließlich Rupa zum Aufbruch aufgefordert.
    Nun saß sie neben ihm und war eingeschlafen. Vielleicht tat sie auch nur so. Krawinckel erhöhte die Geschwindigkeit, um möglichst bald die Nordweststadt Frankfurts zu erreichen und Rupa zu Hause abzugeben. Nach einer knappen Stunde Fahrzeit hielt er vor dem Haus Beucherts an.
    Wolfgang Beuchert öffnete ihm. Er war leichenblass, in Schweiß gebadet und hatte Schüttelfrost. Sein Gesicht sah erbärmlich aus. Die Haut wirkte unrein, die Falten traten überdimensional hervor, die Augen waren gerötet und wirkten überanstrengt. Außerdem war er angetrunken. »Hallo, da seid ihr ja wieder.« Er nahm Rupa auf den Arm und strich ihr über die Wange. »War es schön?«
    Rupa reagierte nicht. Beuchert lallte etwas Unverständliches vor sich hin. Krawinckel klopfte ihm auf die Schulter. »Ich mache mich davon, alter Junge. Trink nicht mehr so viel heute Abend. Es bekommt dir nicht gut. Du hast doch gar keinen Grund, dich so zuzurichten. Du bekommst schließlich alles, was du dir wünschst.«
    »Wie ... wie war es, Phillip? War es schön? Komm noch ein bisschen mit rein und erzähle. Ich will nur schnell Rupa noch ein paar frische Handtücher ins Bad legen.«
    Krawinckel wehrte ab. »Ich bin in Eile. Es gibt nichts Besonderes zu erzählen. Rupa ist für ihr Alter doch noch sehr unreif. Die Möglichkeiten, etwas mit ihr zu unternehmen, sind sehr eingeschränkt. Das war mit Sunita anders.«
    Wolfgang Beuchert lachte auf. »Ja, so ist Rupa halt. Ein eigenwilliges Persönchen.« Beuchert drückte sie an sich. »Sie ist eben noch zu klein.«
    Als Krawinckel sich abwendete, um zu seinem Fahrzeug zurückzukehren, versteinerten Beucherts Gesichtszüge plötzlich wieder. Er streichelte Rupa. »Wann kommst du wieder zu uns, Phillip?«, rief er Krawinckel nach.
    »Ich bin mir noch nicht sicher. Wie du weißt, musst du immer mit mir rechnen.«
    In seinem Haus in Bad Homburg kam Krawinckel kurz nach halb neun an. Er ärgerte sich, dass die Tagesschau vorüber war. Ellen fand er im Salon nicht vor. Von der

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