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Das juengste Gericht

Das juengste Gericht

Titel: Das juengste Gericht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Udo Scheu
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glücklosen Geschäftstätigkeiten aufbringen und konnte sich daher nur wenig um die Mädchen kümmern. Das ist alles.«
    Schreiner rieb sich die Hände und strich sich über seinen grauschwarzen struppigen Bart. Seine Narben im Gesicht wirkten in der Neonbeleuchtung des Zimmers auffällig rot und hoben sich mit starkem Kontrast von dem blassen Gesicht ab. »In diesem Zusammenhang würde mich interessieren, warum Sie vor einigen Jahren Ihrem Freund Beuchert unter die Arme gegriffen haben, als wir wegen Betruges gegen ihn ermittelt haben.«
    Rechtsanwalt Dr. Schaller legte seine Hand auf den Arm von Krawinckel, der im Begriff war aufzustehen. Er würdigte Schreiner keines Blickes. »Stopp! Erstens stelle ich fest, dass die Polizei hier nicht fragen darf. Zweitens dürfte der angesprochene Fall verjährt sein. Und außerdem hat diese Angelegenheit überhaupt nichts mit dem Beweisthema zu tun, zu dem mein Mandant heute vorgeladen ist. Deshalb wird er dazu kein Wort sagen. Herr Staatsanwalt, ich bitte Sie erneut dafür zu sorgen, dass wir hier nach Gesetz und Recht vorgehen.«
    Schultz erhob die Hände, um zu beschwichtigen. Rein äußerlich vermittelte er dabei den Eindruck, als wolle er den Beteiligten den apostolischen Segen erteilen. »Meine Herren! Bitte! Lassen Sie uns die Dinge nicht höher hängen, als sie es verdienen. Herr Krawinckel ist als Zeuge in einem Tötungsdelikt hier und soll uns, wenn möglich, helfen, den Fall aufzuklären. Ihm selbst wird nicht der Hauch eines Vorwurfs gemacht. Deshalb sollten wir ganz entspannt darauf eingehen, was er zu den Hintergründen sagen kann. Herr Krawinckel, was haben Sie für Unternehmungen mit Sunita gemacht? Wie muss ich mir das vorstellen?«
    »Ich habe sie nur gelegentlich abgeholt, um mit ihr Kleider einzukaufen. Das liebte sie. Sunita war mit ihren elf Jahren erwachsener und reifer als deutsche Kinder. Wir gingen manchmal in Ferienparks oder, wenn das Wetter nicht mitspielte, in mein Ferienhaus im Vogelsberg, um uns Kinofilme anzuschauen oder Fotos zu machen. Sie tat mir einfach wegen der häuslichen Verhältnisse leid. Mit ihrer Schwester hätte ich dasselbe gemacht. Sie ist allerdings noch zu klein dafür. Ich verstehe nicht, warum diese Dinge in der Tötungsangelegenheit weiterhelfen sollen.«
    Schreiner schrieb etwas auf einen Zettel und schob ihn Schultz zu. Schultz wiegte den Kopf hin und her. »Jede Kleinigkeit kann uns wertvolle Hinweise geben. Manchmal stellen wir das erst viel später fest. Was waren das für Fotos, Herr Krawinckel, die Sie mit Sunita gemacht haben.«
    Krawinckel lachte und polierte seine Fingernägel an seinem Hosenbein. »Das ist ein Hobby von mir. Ich bin versessen aufs Fotografieren und mache Unmengen von Bildern. Einer der Träume von Sunita war, später einmal Schlagersängerin oder Fotomodell zu werden. Sie wusste, wie gerne ich fotografiere. Deshalb forderte Sie mich immer wieder dazu auf. Ich musste ihr die Bilder auf Disketten abspeichern. Was sie damit gemacht hat, weiß ich nicht. Sie wollte, dass ich ihr bei Bewerbungsschreiben an Modeund Musikagenturen helfe. Zum Schein habe ich dabei mitgespielt.«
    »Haben Sie Sunita immer zu Hause abgeholt oder kam sie manchmal zu Ihnen?«, fragte Schultz.
    »Da hätte sie nach Bad Homburg fahren müssen, wo ich wohne. Das tat sie nicht. Ich holte sie bei ihren Eltern oder von der Schule ab. Auf ihren Wunsch hin bin ich einmal sogar mit dem großen Maybach an der Schule vorgefahren. Sie wollte, dass ich unmittelbar vor dem Schulgebäude auf sie warte. Das habe ich wegen des möglichen Aufsehens nicht getan und lieber in einem Seitenweg auf sie gewartet.«
    »War sie gerne mit Ihnen zusammen?«
    »Selbstverständlich! Sonst wäre sie wohl nicht mitgekommen. Sie sah mich als ein Mitglied der Familie an und nannte mich Onkel Phil. Für sie waren unsere Treffen eine willkommene Abwechslung.«
    Schultz strich sich über seine Haarbürste. »Haben Sie irgendwelche Anhaltspunkte, wen Sunita nicht gemocht haben könnte? Oder wem Sunita so im Wege stand, dass sie umgebracht wurde?« Krawinckel schaute auf seine Armbanduhr. »Beide Fragen kann ich mit Nein beantworten.«
    »Sind Ihnen vielleicht irgendwelche ungewöhnlichen Umstände aus dem Alltag von Sunita bekannt geworden, die von Bedeutung sein könnten? Denken Sie bitte gründlich nach, bevor Sie antworten.«
    »Ich muss nicht lange überlegen. Es gibt einfach keine Auffälligkeiten, die ich bemerkt hätte. Ich fürchte, ich kann Ihnen nicht

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