Das Keltenkreuz
befand. Ich sah ihn mir im Licht meiner Leuchte genau an.
»Ich würde an Ihrer Stelle über Ihrem toten Freund liegenbleiben, Josh. Es ist besser für Ihre Gesundheit.«
»Was soll das?«
»Nichts weiter, wirklich nicht. Aber mir gefällt es nicht, wenn jemand ein Zeug schlucken will, das sich aus den Augen eines anderen gelöst hat. Da geben Sie mir doch recht, oder?«
»Ich wollte es nicht schlucken.«
»Ach. Sollte ich blind sein?«
»Ja.«
»Das glaube ich nicht.« Ich hielt das grauweiße Zeug in den Lichtkegel.
»Was ist es? Was halte ich hier in der Hand? Wieso ist es in die Augen von Curly Brown gelangt?«
»Weiß ich nicht.«
»Was wissen Sie dann?«
»Gar nichts.«
»Ob das auch Ihr Chef glaubt?«
»Ist mir egal.«
Ich schüttelte den Kopf. »Wie dumm sind Sie eigentlich, Josh? Sie werden hier immer den kürzeren ziehen, wenn Sie sich in ein Lügengebilde verstricken.«
Josh senkte den Kopf wie jemand, der nachdenken wollte. In der Tat bekam ich eine Antwort. »Ich hätte es wieder zurückgebracht.«
»Wie bitte? In die Augen des Toten?«
»Nein.«
»Wohin dann?«
»Auf die Insel. Auf Iona. Es stammt von ihr. Es ist Druidenblut. Es ist die Kraft der alten Eichenkundigen. Es gehört dort wieder hin, verstehen Sie?«
»Ja, natürlich. Aber ich frage mich, woher Sie das alles wissen?«
»Von Curly.«
»Dann hat er Sie ins Vertrauen gezogen?«
»Das hat er.«
»Und weiter?«
»Nichts, nichts. Er hat mir nur das gesagt und mich gebeten, daß ich die Masse wieder auf die Insel zurückbringen soll, falls ihm etwas passiert.«
»Das hätten Sie getan?«
»Ich habe es ihm versprochen.«
»Und Ihr Chef weiß nichts davon?« erkundigte ich mich. »So ist es.«
Ich lächelte ihm zu, obwohl ich anders fühlte. »Sie werden die Insel nicht betreten, und Sie werden deshalb auch dieses Druidenblut nicht zurückbringen. Ich werde morgen nach Iona fahren und die Sache in Ordnung bringen.«
Der Gärtner starrte mich an. Ich hatte mit einem heftigen Widerstand gerechnet, aber in diesem Fall verrechnete ich mich, denn Josh fing an zu kichern. »Ja, tu das«, flüsterte er dabei, immer wieder von seinem Gekicher unterbrochen. »Fahr los! Fahr auf die Insel, und du wirst schon sehen, was dir passiert.« Er spannte seinen Körper. »Ich fühle mich erlöst. Ich habe meine Pflicht getan. Was jetzt folgt, das hat mich alles nicht zu interessieren.«
»Warum die Freude?« fragte ich.
Der Gärtner bewegte sich, und sein Körper produzierte einen noch größeren Schatten. »Weil ich mich nicht der Gefahr aussetzen will. Das sollen andere tun.«
»Welcher Gefahr?«
»Man soll keinen Druiden unterschätzen. Erst recht keinen Druidengott, das weiß ich.«
»Danke für den Ratschlag, aber ich kenne mich aus.«
»Dann würdest du flüchten.«
Ich malte mit dem Finger einen Kreis in die Luft. »Aber nicht vor diesem Sonnengott, Mister. Ich bin noch nie geflohen, das sollten Sie sich klarmachen.«
»Er ist der wahre Herrscher!« flüsterte Josh. »Ihm kann keiner etwas. Er beherrscht die Insel. Das wissen auch die, die schon länger dort leben. Iona ist verflucht. Die alten Kräfte sind wieder durchgebrochen. Viele wissen es, aber die meisten wollen es einfach nicht zugeben. Menschen haben Fehler begangen und müssen dafür zahlen.«
»Wie dieser Mann hier?«
»Ja.«
»Wie hieß er?«
»Ich habe seinen Namen vergessen«, behauptete Josh.
»Dennoch kannten Sie ihn und haben ihm das Versprechen gegeben?«
»Der Boß heuerte die Leute an. Bevor sie auf die Insel fuhren, haben sie hier für einige Tage gewohnt, um die Instruktionen entgegenzunehmen. Da haben wir uns kennengelernt. Das ist alles.«
»Und ihr habt über die Insel gesprochen.«
»Das mußte so sein«, flüsterte er. »Man hat ihnen ja nicht die ganze Wahrheit gesagt. Vielleicht weiß der Boß sie ja selbst nicht, aber die Insel ist und bleibt gefährlich für Menschen, die nicht eingeweiht sind.«
»Wo sind die anderen denn?« erkundigte ich mich, froh darüber, daß Josh endlich redete.
»Ich weiß es nicht«, gab er zu. Dann hob er die Schultern. »Sie können durchaus tot sein.«
»Oder sich noch auf Iona herumtreiben.«
»Auch das.«
»Dann müßten sie sich versteckt halten, wenn sie tatsächlich dem Druidengott dienen.«
»Ich weiß es nicht. Nur einer kehrte zurück. Ich weiß auch nicht, was er hier wollte. Er hat es mir nicht gesagt. Ich kann auch jetzt noch nicht begreifen, daß Curly tot ist. Ich habe in seine Augen
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