Das Kettenlädenmassaker
doch wohl nur ein Witz sein.«
»Sämtliche Einzelheiten stehen in diesem deinem Buch. Wir müssen lediglich unauffällig nachprüfen, ob das päpstliche Dekret jemals widerrufen wurde, und ich bin sicher, das war nicht der Fall. Und dann machen wir unsere absoluten und berechtigten Ansprüche auf die Gelder in diesem Fonds geltend.«
»Das werden die Typen von diesem Millennium-Fonds niemals schlucken!«
»Sie haben überhaupt keine andere Wahl, Jim.« Omally zerrte ein zerknittertes Blatt Kanzleipapier aus seiner Innentasche. »Hier hab’ ich eine Art Plan für unsere Vorgehensweise aufgeschrieben. Als Kodirektoren des Brentforder Millennium-Komitees wird man uns ganz offensichtlich Gehälter zahlen, die unserem Status angemessen sind. Na, was sagst du zu diesen Zahlen hier?«
Pooley überflog die hingekritzelte Rechnung.
»Kümmerlich«, sagte er. »Mach da hinten noch eine Null dran.«
»Ich mach’ sogar zwei dran, damit wir auf der sicheren Seite sind. Wir werden eine große Parade und einen Schönheitswettbewerb organisieren …«
»Die Schönen von Brentford«, sagte Jim.
»Die Schönen von Brentford. Das gefällt mir.« Omally fertigte eine Notiz an.
»Und ein Bierfestival«, sagte Jim.
»Besser zwei, damit wir auch hier auf der sicheren Seite sind.«
»Weißt du was, wir veranstalten zwei Schönheitswettbewerbe, besser sogar drei. Und wir würden selbstverständlich bei den Juroren mitmachen.«
»Selbstverständlich. Außerdem habe ich gedacht, daß wir vielleicht etwas bauen könnten. Was hältst du von einer neuen Bücherei?«
»Was stimmt denn nicht mit der alten?«
»Die Heizung ist ziemlich mies im Winter.«
»Stimmt. Also reißen wir die alte ab und bauen eine neue.«
»In Ordnung«, sagte Omally und fertigte eine weitere Notiz an. »Das wird dann die John-Vincent-Omally-Memorialbücherei.«
»Die was? «
»Nun ja, sie braucht doch schließlich einen neuen Namen, oder?«
»Vermutlich ja, aber wenn du eine Bücherei nach dir benennen läßt, dann will ich auch etwas, das meinen Namen trägt«, sagte Pooley.
»Was immer du willst, mein Freund.«
Pooley dachte angestrengt nach. »Ich will das Jim Pooley « , sagte er dann.
»Das Jim Pooley was?«
»Nichts. Einfach nur das Jim Pooley. Es soll eine Wirtschaft werden.«
»Gute Idee. Ich komm dich auf ein Pint besuchen. Was meinst du, sollen wir all die Mietskasernen abreißen und ein paar hübsche Terrassen im georgianischen Stil bauen lassen? Oder sollten wir …«
»John?« fragte Jim.
»Jim?« antwortete John.
»John, wegen dieser Brentforder Schriftrollen. Das päpstliche Dekret, das all diese Dinge päpstlich dekretiert. Wo genau befinden sich diese Schriftrollen in diesem Augenblick?«
»Ah«, sagte Jim.
»Und was, bitte schön, bedeutet dieses ›Ah‹?« fragte John.
»Dieses ›Ah‹ bedeutet, daß die Schriftrollen verschwunden sind, als der Mönch ermordet wurde. Keine Menschenseele hat sie in den letzten vierhundert Jahren gesehen.«
Jim Pooley holte zu einem weiteren Faustschlag gegen Omally aus.
Und diesmal traf er.
7
»Zwanzig von uns im Graben, mit nichts als einer Persenning, um das Wetter draußen zu halten.« Der Alte Pete sank in seinem Stuhl zurück und vollführte eine bedeutungsvolle Geste mit dem Mundstück seiner Pfeife, nachdem er neue Kraft aus der Reaktion seiner Zuhörer geschöpft hatte, ausnahmslos Burschen, die Büroschluß hatten und auf das eine oder andere Pint in den Fliegenden Schwan gekommen waren. »Das nenne ich ›Harte Zeiten‹. Nichts von diesem verzärtelten Getue von wegen Pyjama und Nachtlicht.«
Der Alte Pete hatte sicherlich harte Zeiten hinter sich. Schließlich — hatte er nicht auf den Feldern nach Wurzeln gegraben, um seine vier jüngeren Brüder zu ernähren? Und hatte er nicht einst für drei Monate in einem Faß gelebt, bis sein Bart lang genug gewachsen war, um die Schande zu verbergen, daß er sich kein Hemd leisten konnte? Und als sein Onkel gestorben war, bei einem schweren Unfall mit einem Heckentrimmer und unanständig entblößt, war es da nicht der Alte Pete gewesen, der die Körperteile eingesammelt und mit eigenen Händen das Grab geschaufelt hatte? Der Alte Pete hatte echte Armut erlebt. Seine Geschichten von einem einzigen Marmeladensandwich zwischen sechs und vier zu einer einzigen Tasse Tee hatten noch stets die Tränen in die Augen seiner Zuhörer getrieben und ihm den einen oder anderen freien Drink eingebracht.
»Wie kommt es nur«, sagte
Weitere Kostenlose Bücher