Das Kleine Buch Der Lebenslust
jedes aufkommende Bedürfnis gleich erfüllen müssen. Sie haben kein starkes Ich, das dem Bedürfnis auch einmal Widerstand leisten kann. Sie sind nicht frei, sondern Sklaven ihrer Bedürfnisse. Doch in meiner Erziehung habe ich zu wenig gelernt, zu meinen Bedürfnissen zu stehen und sie vor mir selbst einzugestehen. Es war für mich ein langer Lernprozess, mir auch etwas zu gönnen und die eigenen Bedürfnisse ernst zu nehmen. Wenn ich sie ernst nehme, heißt das noch nicht, dass ich sie immer erfüllen muss. Ich gestehe sie mir ein. Ich lasse sie zu. Und dann kann ich sehen, ob sie mich zum Leben führen oder aber am Leben hindern. Es ist meine Aufgabe zu entscheiden, welches Bedürfnis ich mir erfülle und welches ich lieber loslasse. Wichtig ist, dass ich mich und meine Bedürfnisse ernst nehme. Sonst beschneide ich mich innerlich. Jenniffer Loudensagt: „Die Fähigkeit, es sich selbst gut gehen zu lassen, ist der Mut, die eigenen Bedürfnisse ernst zu nehmen.“ Sie hat Recht, denn es gehört Mut dazu, die eigenen Bedürfnisse einzugestehen. Benedikt nennt diesen Mut „Demut“. Wenn die Mönche die Demut aufbringen, ihre Bedürfnisse zuzugeben, dann ermöglicht das ein menschliches Miteinander. Benedikt schreibt in seiner Regel: „Wer wenig braucht, danke Gott und sei nicht traurig; wer aber mehr braucht, demütige sich wegen seiner Schwäche und überhebe sich nicht wegen einer Vergünstigung. So werden alle Glieder im Frieden sein.“ Wer wenig Bedürfnisse hat, soll dafür dankbar sein. Wer mehr hat, soll sie sich eingestehen. Aber er soll sie nicht als Forderung hinstellen. Dann würde er sich hinter seinen Bedürfnissen verstecken. Vielmehr soll er zugeben, dass er einfach mehr braucht. Das ist die Voraussetzung für den Frieden in einer Gemeinschaft.
Drei Dinge
„Gute Freunde, gute Bücher und ein ruhiges Gewissen. Das ist das ideale Leben.“ Diese drei – für den amerikanischen Schriftsteller Mark Twain sind sie genug für ein gelingendes Leben: Gute Freunde geben uns die Gewissheit, dass wir nie allein sind, dass wir uns auf sie verlassen können, wenn wir sie brauchen. Mit ihnen können wir viel Schönes erleben, sie sind eine Quelle der Freude. Gute Bücher sind für Stunden der Einsamkeit treue Begleiter. In sie können wir eintauchen. Im Lesen bauen wir an unserer eigenen Welt, die nicht beherrscht wird von den Zwängen des Alltags. Da atmen wir Freiheit. Wir lernen Alternativen kennen. Und lesend kommen wir auch in Berührung mit tieferen Schichten unserer Seele. Wir lernen uns dabei letztlich selbst besser kennen. Und Bücher können fesseln. Das Buch, das ich am Abend lesen werde, ist dann meine eigene Welt. Lesend bin ich frei von den Erwartungen anderer Menschen.
Und als Drittes brauchen wir ein ruhiges Gewissen. Wer Angst hat vor der Stille, weil sein schlechtes Gewissen sich melden könnte, der wird nie zur Ruhekommen. Er wird nie wirklich Freude an seinem Leben finden. Denn immer lebt er in Angst, dass das schlechte Gewissen sein Lebensgebäude zum Einstürzen bringt. Eine Angst, die sich Menschen nur selten eingestehen, die immer auf der Flucht sind vor sich selber.
Leselust
„Schon das Wissen, dass ein gutes Buch einen erwartet am Ende eines langen Tages, macht einen Tag glücklicher“, sagt die amerikanische Lyrikerin Kathleen Norris. Auch mir geht es so. Wenn ich ein gutes Buch lese, freue ich mich darauf, mich abends vor dem Schlafengehen nochmals darin zu vertiefen. Es gibt Bücher, die ich aus reinem Pflichtgefühl lese. Weil ich es angefangen habe, will ich es auch zu Ende bringen. Aber es gibt Bücher, die mich faszinieren, die mich nicht loslassen. Im Urlaub sind es Romane, auf die ich mich nach langer Wanderung freue. Während des Jahres sind es oft die Klassiker der spirituellen Literatur. Die Welt dieser Bücher relativiert die Welt der vielen Termine und Erwartungen von außen. Da tauche ich in eine Welt, die meiner Seele entspricht. Sie tut mir gut. Bücher sind Nahrung für den Geist und die Seele. Wenn ein interessantes Buch auf mich wartet, gibt das auch dem Tag einen anderen Geschmack.
Pick die kleinen Freuden auf
Viele warten auf das große Glück. Sie sind enttäuscht, dass es nicht kommt. Bei ihrer Suche nach dem großen Glück übersehen sie die kleinen Freuden, die auf dem Weg ihres Lebens bereit liegen. Theodor Fontane gibt da einen guten Rat: „Immer die kleinen Freuden aufpicken, bis das große Glück kommt. Und wenn es nicht kommt, was wahrscheinlich
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