Das kleine Haus am Meer (Romantischer Lady-Krimi)(German Edition)
den weichen Sand. Graf Andreas hatte ebenfalls seine Sandalen ausgezogen, und Silvia bemerkte, dass er einen sportlichen, durchtrainierten Körper hatte, der durch die knielange weiße Hose und das hellblaue T-Shirt erst richtig zur Geltung kam. Überhaupt war der Graf ein Mann, der auffiel. Er strahlte Ruhe und Überlegenheit aus, und seine breiten Schultern luden eine Frau zum Anlehnen ein.
Immer wieder wanderte Silvias Blick forschend zu ihrem Begleiter, um dessen Mund immer wieder ein amüsiertes Schmunzeln auftauchte. Worüber er wohl lachte? Ob sie, Silvia, ihm dazu etwa einen Anlass gegeben hatte?
»Wissen Sie, dass ich sehr froh bin?« Die Stimme des Mannes klang weich und irgendwie zärtlich.
Silvias Herz machte einen törichten Sprung. Rasch rief sie sich zur Ordnung. »Weshalb?« fragte sie nur.
»Weil Sie an meiner Seite gehen«, gestand Andreas leise und tastete nach ihrer Hand. »Vielleicht haben wir beide dieselbe Wellenlänge. Es fühlt sich für mich jedenfalls so an.« Er lachte leise.
»Vielleicht«, murmelte Silvia und bekam vor lauter Aufregung fast keine Luft mehr. Jetzt hatte er ihre Hand erfasst und hielt sie fest.
»Was finden Sie eigentlich an diesem Willert? Ich kann den Mann nicht ausstehen«, begann Andreas plötzlich heftig.
»Ich auch nicht.« Die junge Frau lachte leise. »Und doch stelle ich immer mal wieder fest, dass er sehr witzig erzählen kann. Außerdem ist er ziemlich hartnäckig. Ich habe schon einige Male versucht, ihn abzuschütteln, doch es will mir einfach nicht gelingen.«
Graf Andreas furchte die Stirn. Er konnte Silvias Worten keinen rechten Glauben schenken. Wenn er j emanden nicht mochte, dann wusste er auch Möglichkeiten, wie er sich diese Person vom Hals schaffen konnte. »Vergessen wir diesen Willert«, sagte er nach einer Weile. »Kommen Sie, Silvia, setzen wir uns hier auf den Felsen. Von da hat man einen herrlichen Ausblick auf das Meer. Es scheint unendlich zu sein.« Er zog Silvia ein Stück mit sich über die Klippen, bis sie den ‚Felsen erreicht hatten. Natürlich macht es auch dem Hund einen Heidenspaß, was er immer wieder durch freudiges Gebell zeigte.
»Ganz weit draußen ist eine winzige Insel«, begann der Graf etwas später zu erzählen. »Als ich noch ein kleiner Junge war, durfte ich einmal in den Ferien meine Großeltern besuchen. Ich bin dann mit einem kleinen Boot hinausgefahren zu der Insel. Dann musste ich die ganze Nacht dort bleiben, weil plötzlich ein heftiger Sturm aufkam und ich nicht mehr zurückrudern konnte.« Der Graf lachte bei der Erinnerung an diese Nacht, die er damals zu den schrecklichsten zählte, die er je erlebt hatte.
»Haben sich Ihre Großeltern denn keine Sorge n gemacht? Ich meine, sie werden doch nach Ihnen gesucht haben.«
»Großmutter ist fast gestorben vor Angst. Immerhin war ich damals gerade erst dreizehn Jahre alt. Doch mein Großvater war ein harter Mann. Ich hatte ihm gesagt, dass ich zur Insel wollte, und vielleicht hat er auch gespürt, dass mir nichts geschehen war. Jedenfalls wurde ich weder stürmisch begrüßt noch verprügelt, als ich am nächsten Vormittag wieder nach Hause kam. Es wurde gar nicht besonders zur Kenntnis genommen, dass ich eine ganze Nacht lang verschollen gewesen war.«
Wenn Silvia sich über dieses seltsame Verhalten wunderte, so zeigte sie es nicht. Es stand ihr nicht zu, über andere Menschen zu urteilen.
Als sich die Mittagssonne funkelnd im Meer spiegelte, saßen die beiden jungen Menschen noch immer auf dem Felsen und träumten. Schließlich jedoch hielt es Silvia nicht mehr aus. »Mir ist schon ganz schlecht vor Hunger«, gestand sie lachend. »Wenn Sie möchten, trete ich Ihnen etwas von meinen Broten ab, die ich als Proviant mitgebracht habe.«
»Das ist ja wunderbar. Ich nehme Ihr Angebot gern an.« Graf Andreas reichte Silvia ihre Stofftasche, dann ließen sie sich das Essen schmecken. Auch eine Flasche Apfelsaft hatte die junge Frau mitgenommen.
»Leider habe ich keine Becher dabei. Ich habe nicht mit einem Gast gerechnet«, sagte sie und reichte dem Graf die Flasche.
»Das ist wirklich zu schade.« Andreas lachte leise. »Ich habe mir schon so schön vorgestellt, dass wir miteinander anstoßen und vielleicht sogar Brüderschaft trinken werden. Ehrlich gestanden geht mir das alberne Sie schon lange auf die Nerven.«
»Mir auch«, murmelte Silvia und errötete natürlich wieder. Rasch wandte sie sich um, damit er ihre Ve rlegenheit nicht bemerken
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