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Das Koenigreich jenseits der Wellen - Roman

Das Koenigreich jenseits der Wellen - Roman

Titel: Das Koenigreich jenseits der Wellen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Hunt
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Schweinsgeschöpf watschelte auf Amelia zu. »Sieh dir die Krone an.«
    Auf dem Podest zog einer der Affendiener des Daggischtenherrschers die Krone von den Borkenwülsten und hielt sie hoch.
    »Sie stammt aus camlantischer Zeit«, sagte Amelia. »Sie ist uralt.«
    »Es gibt eine zweite wie diese, unter den tiefen Wassern vor unserem Nest«, sagte der Übersetzer. »Hole sie, bringe sie der Reinheit zurück.«
    Amelia runzelte die Stirn. Das ergab keinen Sinn. Wieso sollte dieses Wesen nicht ihren und Bills Kopf mit dem grünen Unrat füllen, der sich über den Rest der Besatzung hergemacht hatte? Wieso sollte diese grausame Intelligenz nicht den Wunsch besitzen, ihre Entdeckungen am Grund des Sees zu kontrollieren und sie zu Marionetten innerhalb seines Schwarmverstands machen? Wenn der Herrscher wusste, wonach er suchte, wozu brauchte er dann den frei agierenden Intellekt einer jackalianischen Gelehrten und die verräterischen Impulse eines Bull Kammerlan?
    »Ich habe noch Fragen«, sagte Amelia.

    »Euer Gehorsam wird der Reinheit mehr dienen als euer unterlegener Intellekt«, warnte der Übersetzer. Eine Welle klackender Laute ging durch den Kuppelraum, mit dem die Daggischten-Drohnen ihre Zustimmung, vielleicht aber auch ihre Ungeduld mit den beiden Außenseitern anzeigten.
    »Ihr bekommt die Koordinaten der Stelle, an welcher sich die Krone vermutlich befindet. Holt sie, rettet sie für die Reinheit, wenn euch euer ungeschlachtes, kurzes Fünkchen von Lebensspanne lieb ist.«
    Amelia wechselte einen Blick mit ihrem Leidensgefährten, jenem Mann, den sie am allerwenigsten dazu ausersehen hätte, ihr den Rücken freizuhalten – nun, da nicht mehr Abraham Quest der Schirmherr ihrer Expedition war, sondern von einem unmenschlichen Herrscher abgelöst worden war, der statt Gefühle Chlorophyll besaß. Was auch immer der Grund dafür war, dass man sie in den See schickte, statt ein paar Drohnen zu riskieren, Amelia war sich ziemlich sicher, dass das Wohlergehen der beiden Gefangenen bei diesen Überlegungen keine große Rolle spielte – wenn überhaupt eine. Und trotz der hohlen Versprechungen des Herrschers war Amelia ebenso überzeugt, dass ihnen selbst dann, wenn sie sich auf den Grund des Sees vorgekämpft und die verschwundene Krone gefunden hatten, kein herzlicher Abschied vom Daggischtennest bevorstand, nach dem sie und Bull den Shedarkshe zurück nach Jackals schippern durften.

12

    D ie aufsteigenden Dämpfe von der Flüssigkeit unter ihnen – ein dunkles Öl, das in dem Brunnen rauchte und blubberte – ließen den Kommodore immer wieder husten und sein Schicksal verfluchen, während die anderen sich an die Gitterstäbe ihres Käfigs klammerten und sich alle Mühe gaben, ihn am Ende der unsicheren Trosse, an der er hing, nicht in Schwingungen zu versetzen. Es wäre nicht gut gewesen, wenn er mit einem der anderen Käfige zusammengestoßen wäre, die man über der Grube aufgehängt hatte. Nicht, dass es die anderen Gefangenen gestört hätte. Als Warnung, vielleicht aber auch nur, weil man sie vergessen hatte, hockten im Käfig nebenan die drei Außenskelette verhungerter craynarbischer Krieger, deren Fleisch bereits verwest war. Im Thorax des kleinsten Craynarbiers steckte der Schwertarm eines seiner Kameraden, der zeigte, dass die Unglücklichen in ihren letzten verzweifelten Tagen zu Kannibalen geworden waren.
    »Ich werde mich nie wieder über die hässlichen Nebel von Middlesteel beklagen«, sagte der Kommodore, »nicht einmal, wenn ich an einem heißen Sommertag
ohne Leinenmaske durch die Fabriken von Workbarrows gehen und dann vor dem Richter einen Eid drauf leisten müsste, dass die Luft dort so süß riecht wie Lilienduft auf den Höhen der Westlichen Berge.«
    »Die Chance, dass du je wieder vor einem Richter in Middlesteel stehen wirst, ist gerade nicht besonders groß«, bemerkte Gabriel McCabe, der die Leichen in den anderen Käfigen betrachtete.
    »Wir wissen nur sehr wenig über die Beweggründe dieser Leute, die uns gefangen halten«, wandte Billy Snow ein. »Obwohl wir vermutlich davon ausgehen können, dass sie uns gegenüber nicht gerade freundlich eingestellt sind.«
    »Verdammte wilde Dampfmänner«, brummte T’ricola. »Ich wünschte, sie hätten Eisenflanke nicht weggebracht. Er hätte uns vielleicht ein paar Dinge erklären können.«
    »Das sind keine Dampfmänner«, sagte Billy Snow. »Ich höre den Unterschied an der Art, wie sie sich bewegen. Dampfmänner haben ein

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