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Das Kreuz der Kinder

Das Kreuz der Kinder

Titel: Das Kreuz der Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Berling
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verteidigte sich betroffen: »Ich wußte
nicht einmal, daß sie in Paris war –.«, doch Timdal bohrte
weiter in der Wunde.
    »Sie aber suchte nach Euch, auch ohne jede Gewißheit!«
Hier griff Daniel ein: »Ich denke, in Paris ereigneten
sich wichtigere Dinge, so die zunehmend üblere Rolle des
Inquisitors und seines Gehilfen Luc!«
    Der Mohr plusterte sich auf. »Der eine ergreift
Initiativen, die eigentlich nur dem Papst zustehen, und der
andere versucht als eifriger Adlatus seinen Herrn zu
unterlaufen und sich selbst an dessen Stelle zu setzen!«
»So schlau«, schlug Rik zurück, »und reich an weiser
    Erkenntnis wart Ihr, Timdal, damals auch noch nicht!«
»Man arbeitet an sich!« grinste der Angesprochene.
»Besonders, wenn einer als Mohr auf diese intrigante
    Welt gekommen!«
»Das beweist die Sajidda Blanche aufs trefflichste!«
brachte Daniel lobend seine Herrin ins Spiel, gleichzeitig
bemüht, den aufkommenden Streit zu schlichten.
    Rik witterte die Gefahr, daß im Zusammenhang mit der
resoluten Dame auch das Stichwort für den Ring fallen
könnte. Um eine ihm unangenehme Fragerei zu vermeiden
– dem Emir würde er ohnehin noch eine ausführliche
Erklärung geben müssen –, brachte er das Gespräch auf
den abgegangenen Minoriten.
    »Marius hat seine Sache recht ordentlich gemacht!«
stellte er anerkennend fest. Das deckte auch den Schrank
mit ab, doch seine Gedanken blieben an dem Ring hängen,
der wie ein Verhängnis – oder war es ein Glücksbringer? –
zu ihm zurückgekehrt war.
    Daniel stimmte bedächtig zu. »– dafür, daß er erst vor
zwei Jahren lesen und schreiben lernte –.«
Timdal maulte: »Der Schnellste war er nicht –.«
Rik unternahm den Versuch, die Diskussion launig zu
    beenden: »Der Minorit hatte bei Franz von Assisi nur den
Vögeln zu lauschen und die Brotkrumen an fünf Fingern
zu zählen«, doch Daniel verringerte den Spaß mit der
trockenen Feststellung: »… bis der Arme seinen seltsamen
Heiligen an den Nil begleiten durfte und, vom Hochwasser
überrascht, in ägyptische Gefangenschaft geriet!«
    »Beim törichtsten aller bisherigen Kreuzzüge überhaupt
– unseren eigenen eingeschlossen!« stellte Rik noch fest,
als im Wandschrank ein unüberhörbares Schimpfen
einsetzte, ein heiseres, wütendes Fauchen – beantwortet
von gestöhnten gebellten Lauten, als ob eine drangsalierte
Kreatur sich ohnmächtig gegen seinen Zuchtmeister
auflehnt. Dabei flackerte der Lichtschein, der nach außen
drang, wild hin und her. Rik glaubte sogar, Rauch zu
bemerken, der aus dem Gittergeflecht emporkringelte.
Dann – nach einigen trockenen Schlägen trat wieder Ruhe
ein.
    »Wir sollten vielleicht –.«, schlug Timdal vor, dem es
besser als Daniel und selbst Rik gelang, den Vorfall so zu
übergehen, als habe er gar nicht stattgefunden,
»versuchen, ›Armin‹, ich meine: Irm, herbeizuholen –.«
    Als Rik unwillig den Kopf schüttelte, bockte der Mohr,
»– denn ihr Deutschen seid ja damals recht
unterschiedliche Wege gegangen –.«
    »Alle führten nach Rom!« warf Daniel ein. Timdal ließ
nicht locker.
»Weder Ihr, Rik – noch du, Daniel – könnt überall dabei
gewesen sein!«
Rik gab sich überlegen. »Ich weiß, daß die Styrum
ebenfalls in Tunis lebt –.«
»Aber äußerst zurückgezogen«, gab Daniel zu bedenken,
»– schon ihrem Lebensgefährten zuliebe, dem weisen
Mufti Zahi Ibrahim«, fügte der kleine Mohr hinzu, um
dann endlich seine Neugier platzen zu lassen. »Darf man
fragen, werter Murabbi al-Amir, was es mit dem schönen
Ring auf sich hat? Eine vortreffliche Arbeit –.«
»Das geht Euch gar nichts an!«
Riks rüde Reaktion verhieß aufkommenden Ärger, doch
der kam nicht zum Ausbruch, denn die Tür zum Saal der
Bücher wurde aufgerissen, und mit ungeahnter Vehemenz
schoß der Moslah wie eine rotglühende Kugel in den
Raum, schlug, trommelte mit seinen Fäusten gegen den
Schrank, aus dem ausnahmsweise kein verdächtiges
Geräusch zu vernehmen war. Jetzt verlosch auch noch das
Licht, jedes Wispern erstarb. Ob der Zorn des Baouab
verraucht war, ließ sich nicht feststellen, denn er war mit
gleicher Behendigkeit wieder hinausgerollt und hatte
bereits die Tür hinter sich ins Schloß geworfen. Alle
waren erstarrt, selbst im nachhinein verharrten sie im
Schweigen. Nur Daniel zeigte sich ungerührt, indem er
rasch den Faden wieder aufgriff.

aus der Niederschrift von Mahdia
Die Vision des Hirtenjungen
Bericht des

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