Das Kumo-Kartell
Ziele zu erreichen, bedienen sie sich aber gern anderer Leute, die vielleicht zufällig dasselbe Teilziel verfolgen wie sie. Und zwar getreu dem Motto, dass der Feind meines Feindes mein Freund ist.«
Decker blickte ihn nachdenklich an. »Yuki und die Yakuza machen also nur deshalb gemeinsame Sache, weil die Zerschlagung des Kartells beiden dient?«
Quinn nickte. »Allerdings aus unterschiedlichen Gründen.«
Decker schüttelte den Kopf. »Woher wissen die, welche potenziellen Auftraggeber dasselbe wollen wie sie?«
»Sie haben ein weltweites Informationsnetz. Auf diese Weise erfahren sie, wer was plant. Kommt es ihren Plänen entgegen, kontaktieren sie die Leute und machen ihnen ein Angebot, deren Problem für sie zu beseitigen. Die Ninja-Bruderschaften brauchen Geld, um ihre Ziele zu finanzieren und ihre Leute auszurüsten. Also nehmen sie Aufträge an wie die Zerschlagung des Kumo-Kartells, wofür sie sich fürstlich bezahlen lassen. Für die Behörden sieht es dann so aus, als würde jemand anders dahinterstecken, in diesem Fall die Yakuza. Und so ist es ja auch. Aber die Ninja-Bruderschaft mischt ebenfalls mit und verfolgt mit der Eliminierung der Kartellmitglieder ihre eigenen Pläne.«
»Und wenn wir Yuki in die Finger bekommen, erfahren wir, was die Bruderschaft will.«
Quinn schüttelte den Kopf. »Ganz sicher nicht. Und zwar aus zwei Gründen. Zum einen sind sie untereinander absolut loyal. Sie würden eher sterben, als ihre Leute zu verraten. Sie lassen sich auch nicht kaufen oder mit irgendwelchen Deals locken. Der zweite Grund ist ihre strenge Hierarchie. An der Spitze jedes Clans steht ein sogenannter jonin . Diesen Leuten sagt man nach, dass sie erleuchtet wären, die Zusammenhänge der Welt begreifen und angeblich wissen, was getan werden muss, um in der Welt ein Gleichgewicht der Kräfte zu erreichen. Deshalb ist der Jonin, dem Yuki untersteht, der Einzige, der die Pläne der Bruderschaft kennt. Yuki ist nur ein genin , eine Agentin, die Befehle ausführt. Die Hintergründe dieser Befehle kennt sie nicht. Wenn wir Yuki fassen, können wir allenfalls das Nest aufspüren, in dem ihr Clan sich versteckt hält, und es ausheben. Wenn wir Glück haben.«
Cotton blickte ihn nachdenklich an. »Wenn ich Sie recht verstehe, schlagen wir damit aber bildlich gesprochen der Ratte nur den Schwanz ab.«
Quinn nickte. »Selbst das wird uns wahrscheinlich nicht vollständig gelingen. Aber irgendwo müssen wir ansetzen und hoffen, dass wir bei der Aktion Hinweise finden, die uns zum Rest der Bande führen.«
»Dazu müssten wir diese Yuki erst mal fassen.«
Quinn nickte. »Wir sollten ihr eine Falle stellen. Sie weiß noch nicht, dass wir ihre Zielpersonen in Schutzhaft genommen haben. Wenn wir an deren Stelle Lockvögel in ihre Häuser setzen und zur Arbeit schicken und sie lückenlos überwachen, wird Yuki sich an irgendeinen von ihnen zuerst heranmachen.« Er blickte Mr High an. »Aber die Überwachung muss umfassend sein, denn Yuki wird durch die kleinste Lücke schlüpfen. Unterschätzen Sie diese Frau niemals, Agents. Sonst sind Sie schneller tot, als Sie Piep sagen können. Vor allem müssen wir rasch handeln. Yuki hat ihren Zeitplan gestrafft. Wir müssen davon ausgehen, dass sie noch heute Nacht den nächsten Mordversuch unternimmt.«
»Ich veranlasse alles Erforderliche«, entschied Mr High. Er wandte sich an Cotton. »Und Sie, Agent Cotton, lassen unseren Doc Ihre verletzte Hand verarzten.«
»Ach, das ist nicht der Rede wert.«
Mr High blickte ihn streng an. »Das war keine Bitte.«
»In Ordnung, Sir.« Eine schmerzstillende Salbe würde ihm in jedem Fall guttun, denn die Schwellung pochte unangenehm.
Er würde sich aber auf keinen Fall von der Verletzung behindern lassen. Nicht bis Yuki hinter Schloss und Riegel saß.
7
Cotton betrat den Besprechungsraum im Erdgeschoss, in dem Mr High die Konferenz anberaumt hatte. Der SAC war mieser Stimmung. Der Grund für seinen Frust war, dass die Falle nicht funktioniert hatte. Yuki hatte sich nicht blicken lassen. Nirgendwo gab es eine Spur von ihr. Da die Observierungsteams bestens getarnt gewesen waren und niemand einen Fehler gemacht hatte, stand die Frage im Raum, wie Yuki die Falle hatte wittern können. Denn es gab keinen Zweifel, dass sie so kurz vor dem Ziel, die letzten Mitglieder des Kartells zu eliminieren, nicht zurückstecken würde.
Dass Yuki wie vom Erdboden verschluckt war, bedeutete möglicherweise, dass jemand sie gewarnt hatte.
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