Das kupferne Zeichen - Fox, K: Kupferne Zeichen
umsonst für dich«, erklärte Pierre.
»Und was bekomme ich von dir, wenn ich gewinne?«, fragte Ellen den Muskelmann.
»Die Hälfte meiner Wocheneinnahmen!«, schlug er grinsend vor.
»Nein, nicht die Hälfte, die ganzen Wocheneinnahmen, sonst ist es nicht gerecht«, widersprach Ellen forsch. »Oder bist du dir deines Sieges etwa nicht gewiss und fürchtest dich, auf meine Forderung einzugehen?« Sie setzte ihr unschuldigstes Lächeln auf und sah den Muskelmann freundlich an. »Und Ihr lasst mich arbeiten, wenn ich gewinne?«, versicherte sie sich noch einmal bei Pierre.
»Aber sicher doch! Wie gut nur, dass eher die Hölle einfrieren wird!« Er lachte.
Als Pierre versuchte, dem Muskelmann Ratschläge zu geben, wie man den Hammer halten musste, winkte dieser nur überheblich ab und tätschelte Pierre die Schulter. »Immer mit der Ruhe, Meister, ich kenne Eure Hämmer, was wiegen die schon! Habt Ihr einmal versucht, meinen Baumstamm anzuheben? Ich wette, Ihr bekommt ihn nicht eine Handbreit vom Boden hoch. Lasst mich nur machen, ich freue mich schon darauf, mich eine Woche von ihr bedienen zu lassen!«
Pierre ärgerte die herablassende Art, mit der sich der Muskelmannüber seine Arbeit geäußert hatte. Einen Vorschlaghammer konnte man schließlich nicht irgendwie führen!
Es fanden sich zwei Freiwillige unter den Gesellen, die ein Eisen ins Feuer legten und es anschließend mit der Zange auf dem Amboss hielten. Ellen hielt den Vorschlaghammer mit der rechten Hand und achtete darauf, ihn nicht zu weit vorn anzufassen. Mit der Linken führte sie den Stiel unter der rechten Achsel hindurch, so wie es alle Schmiede taten. Sie begann, in gleich bleibendem Rhythmus zu schlagen. Der Muskelmann nahm den Hammer fest in beide Hände vor seinen Bauch und hieb sich den Stiel beim ersten Schlag mit voller Wucht in den Magen. Er stöhnte und sackte kurz in sich zusammen, aber er gab nicht auf, sondern versuchte, so gut er konnte, Ellens Griff nachzumachen, wobei ihm aber seine dicken Muskeln im Weg waren. Er schlug weit ausholend und ohne erkennbaren Rhythmus und verlor zusehends an Kraft.
Sein Werkstück wand sich zur Seite wie ein Haken, während Ellens Eisen ordentlich gestreckt war und gerade blieb. Dass sie keine Anfängerin war, hatten die Schmiede schon nach den ersten Schlägen erkannt. Trotzdem hofften sie vermutlich, der Muskelmann könne allein wegen seiner Kraft gewinnen. Der aber schwitzte schon bald so sehr, dass ihm das Wasser in Strömen am Körper herablief und sein krapproter Kopf beinahe zu platzen schien. Als die Schläge neben Ellen verstummten, arbeitete sie weiter und wagte nicht, zur Seite zu schauen, um nicht aus dem Rhythmus zu geraten. Jemand tippte ihr auf die Schulter.
»Es ist gut, du hast gewonnen!«, brummte Pierre kleinlaut. »Du kannst morgen bei mir anfangen, wenn du dich noch rühren kannst.« Ihm war anzusehen, welch große Überwindung es ihn kostete, ruhig zu bleiben.
»Ich werde da sein«, antwortete Ellen und stellte den Hammer in den Wassereimer neben dem Amboss.
Jean jubelte und fiel Ellen um den Hals. »Das war großartig!«
»Verehrteste, Ihr habt meine Hochachtung!« Grinsend bot Henry ihr seinen Arm an.
Ellen zitterte ein wenig von der Aufregung und lehnte den Arm dankend ab. Schließlich sollte es nicht so aussehen, als hätte sie irgendeine Stütze nötig. Obwohl sie gewonnen hatte, sah sie dem nächsten Tag mit zwiespältigen Gefühlen entgegen. Hoffentlich war Pierre ein guter Verlierer; immerhin arbeitete sie ab morgen für ihn! Sie verabschiedete sich von Henry und dem Schmied und machte sich mit Jean auf den Weg zurück zum Zelt. Wehmütig dachte sie an Jocelyn. Sein Lächeln, seine Liebe und sein Vertrauen in ihre Fähigkeiten fehlten ihr so sehr. – Nachdem sie gegessen hatten, erzählte Jean Madeleine von Ellens Sieg.
»Ich gehe besser nicht so spät schlafen, muss mitten in der Nacht raus; der Bäcker fängt mit dem Brotbacken vor Sonnenaufgang an. Er schickt seinen Sohn, um mich zu holen. Erschreckt euch also nicht, wenn ich morgen früh schon fort bin.« Er sah zu Madeleine hinüber. »Wie war eigentlich dein Tag? Hast du Arbeit gefunden?«
Madeleine nickte. »Agnes hat gesagt, ich kann doch wieder für sie Wasser holen und spinnen. Solange ihr Mann nicht in der Nähe ist«, fügte sie ein wenig verlegen hinzu.
»Das ist ja wunderbar!« Jean streichelte ihr über die Wange.
Ellen berührte seine Fürsorglichkeit für die arme Madeleine. Solange er sich
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