Das kupferne Zeichen - Fox, K: Kupferne Zeichen
sie ist ihm davongelaufen.«
Baudouin schüttelte ungläubig den Kopf. »Mir habt Ihr mal das Leben gerettet, von Guillaume habt Ihr einen Sohn, und Eure Schwägerin war die Geliebte von Thibault«, zählte er verblüfft auf.
»Sie ist nicht meine Schwägerin, nur eine gute Freundin«, berichtigte Ellen.
»Na, ist ja auch egal, trotzdem ist das alles höchst ungewöhnlich. Gibt es da noch mehr Verwicklungen, von denen ich wissen sollte?« Er sah sie fragend an.
Ellen zögerte und wich seinem Blick aus.
»Ich sehe schon, es gibt noch mehr …« Baudouin seufzte, ohne auf weitere Erklärungen zu bestehen.
Limoges im März 1183
H enry, der junge König, lag im Zwist mit seinem Bruder Richard Löwenherz. Wie immer ging es um Ländereien, Lehnseid und Eitelkeiten. Der alte König hatte Henry aufgefordert, Richard das Herzogtum Aquitanien zu überlassen. Aber Henry war wütend auf Richard, weil der kurz zuvor die Burg von Clairvaux befestigt hatte, obwohl sie seit Urzeiten zu den Gütern der Grafen von Anjou gehörte. Henry hatte seitdem seine Beziehungen zu den aquitanischen Baronen gefestigt und stand nun bei ihnen im Wort. Um seinen Vater jedoch nicht zu erzürnen, versprach er trotzdem zu tun, was der König verlangte, jedoch unter der Bedingung, dass Richard ihm den Treueid leistete, den er ihm schuldete. Aber Richard weigerte sich standhaft, den eigenen Bruder als seinen Herrn anzuerkennen. Er meinte, weil sie vom gleichen Fleische seien, dürfe keiner von ihnen über dem anderen stehen. Zwar fand er gerecht, dass Henry als der Ältere einmal das Erbe seines Vaters antreten solle, was aber die Güter seiner Mutter betraf, forderte Richard, als gleichberechtigter Erbe behandelt zu werden. Da Königin Eleonore aber mehr als nur Aquitanien mit in die Ehe gebracht hatte, war der alte König darüber furchtbar wütend. Er drohte Richard, sein Bruder würde eine Armee gegen ihn aufstellen, um seinen Stolz und seine Gier zu bändigen. Seinen anderen Sohn, Geoffrey, der Herzog der Bretagne war, forderte er auf, seinem Bruder und Lehnsherrn Henry zur Seite zu stehen. Dem jungen König lag aber auch das Wohl des Poitou, das schon seit langem von Richard unterdrückt undgeplündert wurde, am Herzen, und die Barone hatten ihn um Hilfe gebeten.
Doch der junge Henry war noch nicht so weit, allein die richtigen Entscheidungen zu treffen. Er brauchte den Maréchal. Auf ihn hatte er sich immer verlassen können. Adam d’Yquebœuf und die anderen Männer seiner Entourage konnten die Stelle von Guillaume nicht einnehmen, dazu fehlte es ihnen an Erfahrung. Es war diese besondere Mischung aus Wildheit und Mut, Ehrgeiz, Selbstsicherheit und Berechnung, die Guillaume so unersetzlich für ihn machte – und die ihm gleichzeitig so viele Neider beschert hatte.
* * *
Thibault saß in seiner Kammer und starrte ins Feuer. Es war empfindlich kühl in der Burg von Limoges, aber Thibault spürte es kaum. Er war seinem Ziel, Guillaume endlich für immer aus dem Weg zu räumen, ein gutes Stück näher gekommen. Jetzt wartete er auf Adam d’Yquebœuf. Seit der Maréchal fort war, hatte Adam an Einfluss gewonnen, Thibault hatte also seinen Teil der Verabredung eingehalten. Nur Adam hatte versagt, denn das Schwert, mit dem sich der junge Henry schmückte, lag noch immer nicht in Thibaults Händen. Ärgerlich schlug Thibault auf die Lehne des schweren Eichenstuhls, auf dem er saß. Plötzlich klopfte es, und Adam d’Yquebœuf schlüpfte hastig durch die Tür in die Kammer.
»Der alte König ist nicht mehr Herr seiner Sinne. Er macht schon wieder alles anders als geplant! Es war doch seine Idee, Richard zur Vernunft zu bringen«, regte sich Adam auf und ließ sich in den zweiten Sessel fallen. »Wie stehen wir jetzt da? Ohne Guillaume wird Henry nichts gegen seinen Vater ausrichten können!« Ärgerlich spuckte Adam in das Messingbecken, das neben ihm stand. »Ich werde Henry ins Gewissen reden, er muss sich mit seinem Vater versöhnen!«
»Ich hoffe, Ihr werdet ihn überzeugen. Auf Euch hört er jetzt noch am ehesten. Vergesst nicht, wenn er verliert, wird er nie wieder etwas ohne Guillaume tun!«, warnte ihn Thibault.
Adam d’Yquebœuf brummte unwillig. »Ich weiß, und das wäre nicht in meinem Sinne!«, rief Adam gereizt, sprang auf und ging hinaus.
Thibault nickte zufrieden und blieb noch eine Weile sitzen.
»Der Dummkopf ahnt nicht einmal, was wirklich gespielt wird!«, murmelte er belustigt. Er selbst würde höchstpersönlich
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