Das Labyrinth der Ratten
... aber ich habe das Talent, die Psi-Fähigkeit. Also kann ich oben bleiben. Er spürte jedoch die Unzulänglichkeit seiner Gesamtleistung gegenüber dieser Frau, seiner Geliebten. Nun, da sie mit solch drolliger Wortwahl vorgeschlagen hatte, mit Kaminsky einen Handel abzuschließen, erschien alles so selbstverständlich, und trotzdem – unfaßbar, von selbst wäre er nie darauf gekommen. Unbegreiflich!
Und es würde funktionieren.
8
Am Donnerstag verbrachte er den Vormittag bei Lanferman & Co. und besichtigte die Modelle in Originalgröße, die Prototypen und unverhohlenen Falsifikate, gebaut von den Ingenieuren, den Künstlern und Zeichnern und Poly-Soundso-Experten, den Elektronikgenies und zweifellos Wahnsinnigen, dem Haufen, den Jack Lanferman bezahlte, dies auf eine Weise, die Lars schon immer als exzentrisch empfunden hatte.
Jack Lanferman sah sich die dafür geleistete Arbeit nie an. Er schien zu glauben, daß jeder talentierte Mensch, wenn er angemessen entlohnt wurde, sein Bestes gab, ohne Anstachelung, ohne Anstoß, Tritte oder Zwang, ohne Büroverfügungen, ohne alles.
Und seltsamerweise schien das zuzutreffen. Denn Jack Lanferman brauchte seine Zeit nicht im Büro zu verbringen. Er lebte fast ohne Unterbrechung in einem seiner sybaritischen Vergnügungspaläste und kam zur Erde nur dann herunter, wenn es Zeit wurde, ein fertiges Produkt vor der Freigabe an die Öffentlichkeit zu besichtigen.
In diesem Fall war, was als Entwurf 278 begonnen hatte, durch alle seine Bestätigungsphasen gelaufen und einer ›Schießprobe‹ unterzogen worden. Es war, unter und zusammen mit zugegebenermaßen bizarren Vergleichsobjekten, einzigartig. Lars seinerseits hatte nie gewußt, ob er offen lachen oder weinen sollte, wenn er Artikel 278 betrachtete, der jetzt drohender – um die Masse zu befriedigen, die nur auf den Namen achten würde – Psychischer Konservierungsstrahler genannt wurde.
Lars saß in dem kleinen Vorführraum irgendwo unter Zentral-Kalifornien, links von ihm saß Pete Freid, rechts Jack Lanferman, und sie verfolgten das Ampex-Videoband vom Psychischen Konservierungsstrahler ›in Aktion‹. Da es sich um eine gegen Menschen gerichtete Waffe handelte, konnte man sie nicht gegen einen veralteten, schrottreifen Kreuzer von Raum schiff einsetzen, das aus der Umlaufbahn geschossen wurde, um in einer Entfernung von elf Millionen Meilen in Stücke geblasen zu werden. Das Ziel mußten menschliche Wesen sein. Zusammen mit allen anderen verabscheute Lars diesen Abschnitt.
Der Psychische Konservierungsstrahler wurde vorgeführt, wie er die Mentalität einer Bande wertlos aussehender Schläger leersaugte, die bei dem Versuch ertappt worden war, eine kleine, isolierte (mit anderen Worten völlig hilflose) Kolonie von Wes-Block auf Ganymed zu erobern.
Auf dem Bildschirm erstarrten die Bösewichte in Erwartung des Schreckensinstrumentes. Lohnend, dachte Lars. Als Drama befriedigte es, denn die Bösewichte hatten bis zu diesem Augenblick in der Kolonie gewütet. Wie groteske Erscheinungen auf alten Filmreklameplakaten an den Eingängen von Vorortkinos hatten die Bösewichte jungen Mädchen die Kleider heruntergerissen, alte Männer zusammengeschlagen und ehrwürdige Gebäude in Brand gesteckt ... sie hatten, so entschied Lars, alles getan, außer die Bibliothek von Alexandria mit ihren sechzehntausend unschätzbar-wertvollen, unersetzlichen Schriftrollen angezündet, darunter vier für immer verlorene Tragödien von Sophokles.
»Jack«, sagte er zu Lanferman, »hätten Sie das nicht im alten hellenistischen Palästina spielen lassen können? Sie wissen, wie sentimental die Leute auf diese Zeit reagieren.«
»Ich weiß«, erwiderte Lanferman. »Das war, als man Sokrates zu Tode brachte.«
»Nicht ganz«, sagte Lars. »Aber es kommt der Sache nahe. Hätten Sie nicht Ihre Androiden zeigen können, wie sie Sokrates niederlasern? Was für eine eindrucksvolle Szene wäre das geworden! Sie hätten natürlich Untertitel verwenden oder synchronisieren müssen. Damit die Leute Sokrates' Flehen hätten verstehen können.«
Pete starrte gebannt auf die Videoaufzeichnung und murmelte: »Er hat nicht gefleht, er war Stoiker.«
»Okay«, sagte Lars. »Aber er könnte wenigstens ein besorg
tes Gesicht machen.«
Nun schlug das FBI zu, zum erstenmal in der Geschichte mit Artikel 278, wie der Film den Zuschauern in Form des ruhigen Kommentars klarmachte, den kein anderer sprach als Lucky Bagman persönlich. Die
Weitere Kostenlose Bücher