Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Labyrinth der Ratten

Das Labyrinth der Ratten

Titel: Das Labyrinth der Ratten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
Vom Netzwerk:
den Zyklen und Schicksalen des Menschen erscheinen. Lars dachte wie eine logische Maschine, die gebaut war, um kühl zu rechnen und zu analysieren, ohne Rücksicht auf die Umwelt: Ich habe das nicht entworfen, nicht diese Waffe. Das war vor meiner Zeit. Das ist alt, ein uraltes Monster. Das ist all das ererbte Böse, von der Vergangenheit hierhergetragen, zur Schwelle meines Lebens gekarrt und abgekippt, hingeworfen, um alles zu zerstören, was mir lieb ist, was ich brauche, schützen möchte. Alles ausgelöscht, nur durch den Druck des Zeigefingers gegen einen Metallschalter, Teil eines so kleinen Mechanismus, daß du ihn sogar hinunterschlucken könntest, verschlingen in dem Versuch, sein Vorhandensein in einem Akt oraler Gier zu stornieren – der Gier des Lebens nach dem Leben.
    Aber nichts würde ihn jetzt noch stornieren können.
    Er schloß die Augen und blieb liegen, unbekümmert, ob Maren noch einmal schießen würde, diesmal auf ihn. Wenn er überhaupt etwas fühlte, war es ein Sehnen, ein Begehren, daß Maren ihn erschießen würde.
    Er öffnete die Augen.
    Keine Aufwärts-Rampe mehr. Kein Dach. Keine Maren Faine, keine winzige, italienische Pistole. Nichts lag in zerfetztem Zustand neben ihm; er sah nicht die Überreste, klebrig organisch, die bestialische Bösartigkeit der Wirkung. Er sah, begriff aber nicht, eine Großstadtstraße, und nicht einmal in New York. Er spürte eine Temperaturveränderung, Luftveränderung, Berge mit eisbedeckten Gipfeln, fern; er spürte Kälte und fröstelte, schaute sich um, hörte den Hupenlärm von Oberflächenverkehr.
    Seine Beine, seine Füße schmerzten. Und er hatte Durst.
    Vor sich, an einem Automaten-Drugstore, sah er eine öffentliche Bildsprechzelle. Er betrat sie, steif, knarrend vor Erschöpfung und Schmerzen, griff nach dem Telefonbuch, betrachtete den Umschlag.
    Seattle, Bundesstaat Washington.
    Und die Zeit, dachte er. Wie lange war das her? Eine Stunde? Monate? Jahre? Er hoffte, möglichst lange, eine Dämmerphase, die endlos lange gedauert hatte, und daß er jetzt alt war, alt und verrottet, vom Winde verweht, verstreut. Diese Flucht hätte nie enden sollen, nicht einmal jetzt. Und in seinem Gehirn hörte er fassungslos die Stimme von Dr. Todt, durch die parapsychologische Kraft, die er besaß, die Stimme, wie sie auf dem Flug zurück von Island gesummt und gemurmelt hatte, Worte, die er nicht verstehen konnte, und doch ihr schrecklicher Ton, ihre Welt, als Dr. Todt eine alte Ballade der Niederlage vor sich hingesummt hatte. ›Und die Hunde knurren an den alten Mann.‹ Und auf einmal sagte Dr. Todt es ihm auf Englisch. ›Und die Hunde fauchen an‹, sagte Dr. Todt in seinem Gehirn. ›Den alten Mann.‹
    Er warf eine Münze in den Schlitz und wählte die Nummer
    von Lanferman & Co. in San Francisco.
    »Geben Sie mir Pete Freid.«
    »Mr. Freid ist auf Dienstreise«, sagte das Mädchen. »Er ist nicht zu erreichen, Mr. Lars.«
    »Kann ich dann mit Jack Lanferman sprechen?«
    »Mr. Lanferman ist ebenfalls – Ihnen kann ich es sagen, glaube ich, Mr. Lars. Sie sind beide in der Festung Washington. Seit gestern. Möglicherweise erreichen Sie sie dort.«
    »Okay«, sagte er. »Danke. Ich weiß, wie.« Er legte auf.
    Dann rief er General Nitz an. Schritt für Schritt kletterte sein Anruf die Leiter der Hierarchie hinauf, und gerade als er aufgeben und einhängen wollte, sah er den Oberbefehlshaber vor sich.
    »KACH konnte Sie nicht finden«, sagte Nitz. »Ebensowenig FBI und CIA.«
    »Die Hunde knurrten«, erwiderte Lars. »Mich an. Ich habe sie gehört. In meinem ganzen Leben hatte ich sie vorher nie gehört, Nitz.«
    »Wo sind Sie?«
    »In Seattle.«
    »Warum?«
    »Das weiß ich nicht.«
    »Lars, Sie sehen wirklich furchtbar aus. Und wissen Sie eigentlich, was Sie tun oder sagen? Was soll das mit den ›Hunden‹?«
    »Ich weiß nicht, was sie sind«, erwiderte er. »Aber ich habe sie gehört.«
    »Sie hat noch sechs Stunden gelebt«, sagte Nitz. »Aber es bestand natürlich nie Hoffnung, und außerdem ist es jetzt vorbei, oder vielleicht wissen Sie das schon.«
    »Ich weiß gar nichts.«
    »Man verschob die Beerdigung, weil man annahm, Sie würden auftauchen, und wir versuchten unaufhörlich, Sie zu finden. Es ist Ihnen natürlich klar, was mit Ihnen geschehen ist.«
    »Ich bin in einen Trancezustand verfallen.«
    »Und jetzt gerade zu sich gekommen?«
    Lars nickte.
    »Lilo ist bei ...«
    »Was?« sagte Lars.
    »Lilo ist in der Bethesda-Klinik. Bei Ricardo

Weitere Kostenlose Bücher