Das Labyrinth
Grunde ja passieren.«
»Ein Typ wie Rosen hat wahrscheinlich irgendwen übers Ohr gehauen«, meine Minin.
»Ich mochte Rudi«, sagte Arkadi. »Ich habe ihn zu dieser Operation gezwungen, und damit bin ich schuld, daß er getötet wurde.« Die Wahrheit sorgt immer für Verlegenheit. Jaak fühlte sich peinlich berührt durch Arkadis Ausfall, wie ein guter Hund, der seinen Herrn straucheln sieht. Minin seinerseits schien auf seltsame Weise befriedigt. »Die Frage ist doch,« fuhr Arkadi fort, »warum zwei Bomben? Es gab so viele Schußwaffen in der näheren Umgebung - warum ist Rudi nicht erschossen worden? Unser Zeuge …«
»Unser Zeuge ist Gari Oberljan …«, erinnerte Jaak ihn.
». der Kim als Täter identifiziert hat. Wir haben Kim mit einer Malysch gesehen. Er hätte Rudi spielend leicht durchlöchern können, was weitaus leichter gewesen wäre, als eine Bombe zu werfen. Er hätte nur abzudrücken brauchen.«
Polina fragte: »Warum zwei Bomben und nicht eine? Die erste hätte genügt, um Rudi zu töten.«
»Vielleicht ging es gar nicht darum, Rudi zu töten«, sagte Arkadi. »Vielleicht ging es darum, den Wagen zu verbrennen. Seine Unterlagen und Informationen, Darlehen, Geschäftsabkommen, Akten, Disketten, das alles lag auf dem Rücksitz.«
Jaak sagte: »Wenn du jemanden tötest, willst du so schnell wie möglich weg aus der Gegend und nicht erst noch lange in irgendwelchen Unterlagen herumsuchen.«
»Die sind jetzt alle in Rauch aufgegangen«, sagte Arkadi.
Polina wechselte das Thema. »Wenn Kim sich in der Nähe des Wagens aufhielt, als die Vorrichtung zündete, wurde er womöglich verletzt. Vielleicht war es sein Blut.«
»Ich habe Krankenhäuser und Kliniken aufgefordert, jeden zu melden, der mit Verbrennungen auftaucht«, sagte Jaak.
»Ich werde das auf offene Wunden ausweiten. Es fällt mir so ungeheuer schwer zu glauben, daß Kim sich gegen Rudi gewendet haben soll. Wenn irgendwas, dann war Kim loyal.«
»Wie sieht’s mit Rudis Wohnung aus?« fragte Arkadi, während er dem zugleich verlockenden und abstoßenden Geruch vertrockneten Tabaks bis zur untersten Schublade folgte.
Polina sagte: »Die Techniker haben die Fingerabdrücke untersucht. Aber bisher haben sie nur die von Rudi gefunden.«
Ganz hinten in der Schublade fand Arkadi eine vergessene Packung Belomor, das echte Maß seiner Verzweiflung. Er fragte: »Die Autopsie ist noch nicht beendet?«
»Die Pathologie ist überlastet. Es dauert seine Zeit.«
»Wartezeit im Leichenschauhaus? Das ist doch wohl das Letzte.« Die Belomor qualmte wie ein Diesel, als er sie anzündete. Schwer, sie zu rauchen und gleichzeitig den nötigen Abstand von ihr zu halten. Arkadi versuchte es.
»Wenn man Ihnen so zuschaut, könnte man glauben, Sie wollten sich umbringen. Niemand braucht dieses Land anzugreifen, es genügt, es mit Zigaretten zu überschütten.«
Arkadi wechselte das Thema. »Wie ist es mit Kims Wohnung?«
Jaak berichtete, daß bei einer gründlicheren Untersuchung des Speichers weitere leere Kartons deutscher Autoradios und italienischer Joggingschuhe, leere Cognacflaschen, Vogelfutter und Tigerbalsam gefunden worden waren.
»Sämtliche Fingerabdrücke auf dem Speicher stimmten mit denen in der von der Miliz angelegten Akte Kims überein«, sagte Polina. »Die Abdrücke auf der Feuerleiter waren verwischt.«
»Der Zeuge hat Kim als denjenigen identifiziert, der eine Bombe in Rudis Wagen geworfen hat, dazu finden Sie eine Tretmine in seinem Zimmer. Was kann da noch für ein Zweifel bestehen?« fragte Minin.
»Wir haben Kim nicht wirklich gesehen«, sagte Arkadi. »Wir wissen nicht, wer in dem Zimmer war.«
»Erinnert ihr euch an eure Kinderzeit?« fragte Jaak. »Habt ihr nicht auch manchmal Hundescheiße in eine Tüte getan und die Tüte angezündet, damit die Leute das Feuer austreten?«
Nein. Minin schüttelte den Kopf. Er hatte nie dergleichen getan.
Jaak sagte: »Wir haben es dauernd gemacht. Jedenfalls war diesmal statt der Hundescheiße eine Tretmine im Karton. Ich kann es nicht glauben, daß ich drauf reingefallen bin. Beinahe.« Ein vor Jaak liegendes Foto zeigte das rechteckige Gehäuse der Mine und die beiden herausragenden Kontaktstifte. Es war eine kleine Tretmine der Armee mit einer Trinitrotoluol-Ladung, der Version mit dem Spitznamen »Souvenir für .«. Der Inspektor hob die Augen und entspannte sich.
»Vielleicht ist es ja ein Bandenkrieg. Wenn Kim zu den Tschetschenen übergelaufen ist, wird Borja sich um ihn
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