Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Labyrinth

Das Labyrinth

Titel: Das Labyrinth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Cruz Smith
Vom Netzwerk:
Pathologin«, erinnerte Rodionow ihn.
    »Ich dachte, es wäre eine gute Idee, jemand aus der Pathologie zu haben, der den Toten nicht unbedingt in die Tasche greift.« Arkadi sah auf seine Uhr. Er hatte angenommen, daß sie das Museum verlassen würden, um den üblichen Konferenzsaal mit grünbezogenem Tisch und in zweiter Reihe sitzenden, eifrig mitschreibenden Sekretärinnen aufzusuchen.
    »Es geht darum«, sagte Rodionow, »daß Renko darauf bestanden hat, unabhängig ermitteln zu können. Mit einem direkten Draht zu mir. Ich sehe ihn gewissermaßen als Kundschafter, der tätig wird, bevor die regulären Truppen eingreifen. Und je unabhängiger er operiert, desto wichtiger wird die Verbindung zwischen ihm und uns.« Er wandte sich wieder an Arkadi, und sein Ton wurde ernster. »Deswegen müssen wir den Fall Rosen besprechen.«
    »Ich habe noch keine Zeit gehabt, die Akte durchzusehen«, sagte Penjagin.
    Als Arkadi zögerte, sagte Rodionow: »Sie können völlig frei vor Albow reden. Dies ist ein offenes, demokratisches Gespräch.«
    »Rudik Abramowitsch Rosen.« Arkadi zitierte aus dem Gedächtnis. »1952 in Moskau geboren, die Eltern sind inzwischen verstorben. Die Abschlußprüfung in Mathematik an der Moskauer Universität mit Auszeichnung bestanden. Ein Onkel bei der jüdischen Mafia, die die Rennbahn kontrolliert. Während der Schulferien half der junge Rudi, die Quoten zu bestimmen. Militärdienst in Deutschland. Angeklagt, für die Amerikaner in Berlin Geld getauscht zu haben. Nicht überführt. Kehrte nach Moskau zurück. Kurier der Kommission für Kulturelle Belange der Arbeitenden Bevölkerung, wo er Haute-Couture-Kleider schwarz aus dem Wagen verkaufte. Transportleiter der Moskauer Treuhandgesellschaft der Mehl- und Schrotindustrie, wo er ganze Containerladungen verschob. Hatte bis gestern einen Souvenirladen in einem Hotel, von dem aus er eine Bar und Spielautomaten betrieb, die ihm harte Währung für seine Geldwechselei verschafften. Rudi profitierte sowohl von den Spielautomaten als auch von den Wechselgeschäften.«
    »Er hat Geld an die verschiedenen Mafia-Organisationen verliehen, stimmt’s?«
    »Sie haben zu viele Rubel«, sagte Arkadi. »Rudi hat ihnen gezeigt, wie sie ihr Geld investieren und in Dollar umtauschen können. Er war ihre Bank.«
    »Was ich nicht verstehe«, sagte Penjagin, »ist, was Sie und Ihre Leute jetzt machen, wo Rosen tot ist. Was war es, ein Molotow-Cocktail? Warum überlassen wir Rosens Mörder nicht einer Routine-Ermittlung?«
    Penjagins Vorgänger im Amt war einer der seltenen Vertreter seiner Art gewesen, die aus den Rängen der Kripo aufgestiegen waren. Er hätte den Sachverhalt gleich verstanden. Das einzige, was Arkadi von Penjagin wußte, war, daß er Politoffizier war und praktisch keine Einsatzerfahrung besaß. Er versuchte, ihn sanft zu belehren. »Seit Rudi eingewilligt hatte, meinen Sender und mein Aufnahmegerät in seiner Geldkassette unterzubringen, war ich für ihn verantwortlich. So ist es nun mal. Ich hab ihm gesagt, daß ich ihn schützen könnte, daß er einer meiner Leute sei. Statt dessen hab ich zugelassen, daß er getötet wurde.«
    »Warum hat er eingewilligt, den Sender bei sich zu tragen?«
    Albow sprach zum erstenmal.  Sein  Russisch war perfekt.
    »Rudi hatte eine Phobie. Er war Jude, hatte Übergewicht, und während seiner Armeezeit hatten sich einige Unteroffiziere zusammengetan, ihn in einen mit Abfall gefüllten Sarg gesteckt und eine Nacht darin liegen lassen. Seitdem hatte er Angst, in Kontakt mit Schmutz oder Bazillen zu kommen. Ich hatte genug gegen ihn in der Hand, um ihn für mehrere Jahre in ein Arbeitslager zu bringen, und er glaubte, das nicht überleben zu können. Ich habe ihm damit gedroht, und deshalb hat er meinen Sender übernommen.«
    »Was ist dann geschehen?« fragte Albow.
    »Das Milizgerät funktionierte nicht, wie immer. Ich bin also in Rudis Wagen gestiegen und hab an dem Sender herumgebastelt, bis er wieder arbeitete. Fünf Minuten später war alles verbrannt.«
    »Hat Sie da jemand zusammen mit Rudi gesehen?« fragte Rodionow.
    »Jeder hat mich zusammen mit Rudi gesehen. Ich habe allerdings angenommen, daß man mich nicht erkennen würde.«
    »Wußte Kim von Ihnen und Rosen?« fragte Albow.
    Arkadi revidierte seine Ansicht. Auch wenn Albow die Lässigkeit und natürliche Selbstsicherheit eines Amerikaners hatte, war er doch Russe. Etwa fünfunddreißig Jahre alt, mit dunkelbraunem Haar, seelenvollen schwarzen

Weitere Kostenlose Bücher