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Das Laecheln der Chimaere

Das Laecheln der Chimaere

Titel: Das Laecheln der Chimaere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatjana Stepanowa
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nicht, aber dann sah er, dass es sich um den Mann mit dem seltsamen Spitznamen Aligarch handelte – Georgi Gasarow.
    Aligarch versuchte verzweifelt gestikulierend irgendetwas zu erklären. Aber niemand beachtete ihn. Alle Blicke waren auf den Getöteten gerichtet, auf die Pistole und auf die verzweifelt schluchzende blonde Frau im blauen, tief dekolletierten Abendkleid, die sich mit ausgebreiteten Armen auf dem Teppich geworfen hatte. Nikita erkannte auch sie zuerst nicht. Als er das verweinte, verzerrte Gesicht aufmerksamer betrachtete, begriff er, dass er Egle Taurage aus der Wohnung in der ungastlichen Mytnaja-Straße vor sich hatte.
    Inzwischen hatten die Wachleute auf Kitajews Anweisung hin fast alle Gaffer nach draußen in den Flur gedrängt. Nur zwei Frauen hatten sie in das Kaminzimmer hineingelassen – die bleiche, entsetzte Shanna Basmanjuk und eine große, schlanke Brünette in einem eleganten schwarzen, mit Pelz abgesetzten Hosenanzug und einem aparten schwarzen Hut.
    »Bitte treten Sie zurück!«, befahl Nikita noch von der Türschwelle aus und schob die Wachleute ohne viel Zeremonien beiseite. »Machen Sie Platz.«
    Er trat zu dem auf dem Teppich liegenden Mann, beugte sich hinunter und schaute dem Toten ins Gesicht. Es war Vitas Taurage. Nikita berührte die schluchzende Egle behutsam an der entblößten Schulter: »Bitte beruhigen Sie sich und stehen Sie auf, ich muss alles untersuchen.«
    Aber Egle, die vor Schluchzen kaum Luft bekam, hörte nicht auf seine Worte. Da schaute Kolossow sich um, als wolle er jemanden bitten, sich um das Mädchen zu kümmern. Und sofort stürzten zwei Männer herbei: Saljutow und Gasarow. Der Letztere hatte sich mit einem Ruck aus dem Griff der Wache losgerissen und wollte Egle vom Boden heben.
    »Rühr sie nicht an, du!«, sagte Saljutow in eiskaltem, zornigen Ton. »Die Hände weg!«
    Die Wache packte Gasarow und drückte ihn gegen die Wand. Saljutow bückte sich, hob das schluchzende Mädchen auf seine Arme und trug es zur Tür. Die Menge im Flur wich schweigend vor ihnen auseinander. In eben diesem Moment fing Nikita zufällig den Blick der hochgewachsenen Brünetten im schwarzen Hosenanzug auf, einen Blick, der ihn schockierte. Jetzt fiel ihm auch wieder ein, dass er sie hier im Kasino schon gesehen hatte und dass es Marina, die Witwe von Saljutows ältestem Sohn, war. Von ihr hatte ja auch der ehemalige Portier des »Roten Mohn«, Peskow, gesprochen, als er sich an gewisse »Sonderbarkeiten« am Abend des fünften Januar erinnert hatte.
    Wieder war Kolossow von der Schönheit dieser Frau frappiert und . . . von dem glühenden Hass, der aus ihrem Blick sprach. Dabei schien dieser vernichtende, wütende Blick gar nicht konkret einem der Anwesenden zu gelten (den an ihr vorbeischreitenden Schwiegervater mit dem Mädchen in den Armen schaute sie gar nicht an, wandte den Kopf nicht in seine Richtung). Marina Saljutowa blickte an den Menschen vorbei ins Kaminfeuer. Als gelte ihr Hass diesem Feuer, dem Kamin, dem luxuriösen Perserteppich und dem auf dem Teppich liegenden Toten.
    »Alle Außenstehenden verlassen umgehend den Raum!«, kommandierte Kolossow und fügte an Kitajew gewandt hinzu: »Sie bleiben bitte hier. Ich rufe jetzt ein Einsatzkommando vom Revier.« Er zog sein Handy aus der Jackentasche. »Inzwischen werden wir hier gemeinsam alles untersuchen. Ich habe einige Fragen an Sie.«
    »Was Gasarow betrifft. . .« Kitajew beugte sich dicht zu ihm und flüsterte: »Er war schon hier im Raum, als wir kamen . . .«
    Nikita warf einen Seitenblick auf den von Sicherheitsleuten umringten Aligarch, der in finsteres Schweigen verfallen war, nachdem Saljutow mit Egle den Raum verlassen hatte.
    »Den nehme ich mir später vor, soll er vorläufig irgendwo im Kasino unter Bewachung bleiben.«
    Als Kolossow endlich mit Kitajew allein war, drehte er die Leiche um und durchsuchte sie sorgfältig: Autoschlüssel, Brieftasche, Handy. Vorsichtig klopfte er das Jackett ab: Unter der Achsel trug Vitas Taurage eine leere Pistolentasche aus braunem Kalbsleder.
    »Aha.« Nikita zeigte Kitajew seine Entdeckung. Dann nahm er ein Taschentuch aus seiner Hosentasche und ergriff damit vorsichtig die auf dem Teppich liegende Pistole: eine TT, im Patronenrahmen steckten vier Patronen, aus der Mündung roch es deutlich und scharf nach Pulver.
    »Ist Ihnen diese Pistole bekannt, Gleb Arnoldowitsch?«
    »Ja.« Kitajew nickte mürrisch.
    »Wem gehört sie?«
    »Ihm, Vitas.«
    »So.

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