Das Laecheln der Menschen
den wertvollen Dingen am Wegesrand herumwühlen. Da sie ihm den Rücken zugekehrt hatten, konnte er sie eine Weile unbemerkt beobachten.
Einer der beiden war schwarzhaarig, die Haare des anderen waren hell wie getrocknetes Gras, aber sonst schienen sie einander sehr ähnlich zu sein. Ihre Kleidung bestand aus einem glänzenden, weißen Stoff, den Mike noch nie gesehen hatte. Hosen, Hemden und sogar die Stiefel der beiden schienen wie aus einem einzigen Stück zu sein.
Der Flachskopf zeigte dem anderen gerade eine dicke wollene Häkeldecke aus Neu-England, die dem kostbaren Stück glich, das Mikes Mutter im Wagen versteckt hielt, weil sie es nicht mit den anderen Sachen hatte wegwerfen wollen. Mike fragte sich, ob er die Fremden anreden sollte oder ob er besser in einer anderen Richtung weiterging.
In diesem Moment drehte sich der Dunkelhaarige um und entdeckte ihn. Er sagte etwas zu seinem Begleiter, dann starrten beide den Jungen an.
"Hallo," meinte der Dunkle, "Wir haben gar nicht damit gerechnet, hier einer Menschenseele zu begegnen. Wie heißt du denn, mein Junge?"
Mike trat jetzt näher und nannte seinen Namen.
"Nun, Mister Dearvener," sprach der Flachskopf, "Du kannst John zu mir sagen. Das hier ist mein Freund Charley. Darf ich fragen, was du hier draußen machst? Soviel ich weiß, ist der letzte Treck schon vor einer Woche hier durchgekommen, und der nächste Wagenzug dürfte erst in einigen Tagen kommen. Gehörst du zu keinem Treck?"
"Meine Mutter hat mir gesagt, dass ich etwas jagen solle," antwortete Mike, "Sie glaubt, dass eine kräftige Fleischbrühe Annies Schmerzen lindern könnte."
"Wer ist denn Annie?" fragte John.
"Meine kleine Schwester. Sie hat die Pocken und konnte die Fahrt nicht mehr aushalten, weil sie auf dem Wagen ziemlich durchgerüttelt wurde."
Charley blickte staunend von den Kisten hoch, in denen er weitergewühlt hatte.
"Die Pocken? Aber diese Krankheit haben wir doch schon vor einem Jahrhundert ausgerottet."
"In unserer Zeit," berichtigte ihn John.
" Ihrer Zeit?" fragte Mike verwirrt.
"Das ist 'ne lange Geschichte," winkte der Flachskopf ab, "Wo ist denn euer Wagen jetzt?"
"Dort unten," gab Mike Auskunft und zeigte zum Fluss hinunter, "Etwa zwei Meilen von hier. Wir wären besser in Fort Laramie geblieben, aber damals schien Annie noch nicht so krank zu sein. Die anderen Siedler sagten, sie würden am Independence Rock auf uns warten."
"Und deine Familie ist ganz allein hier zurückgeblieben?"
"Ja, es ging einfach nicht anders. Wenn der Wagen sich bewegt, schreit Annie vor Schmerzen. Meine Mutter glaubte, dass ein paar Tage Ruhe ihr helfen würden."
"Und was ist mit deinem Vater?" wollte John wissen.
"Die Cholera hat ihn erwischt," sagte der Junge leise, "Er ist kurz vor der Überquerung des Plate River gestorben."
"Dann bist du also mit deiner Mutter und deiner Schwester allein bis hierher gekommen?"
Mike nickte.
"Einige der Männer vom Treck haben uns geholfen. Aber die hatten ja auch für ihre eigenen Leute zu sorgen. Und manche hatte auch selbst schon die Cholera."
"Großer Gott," meinte Charley betroffen.
"Aber zu welchem Treck gehören Sie denn?" wollte Mike unvermittelt wissen, "Oder sind Sie auch allein unterwegs?"
"Du hast recht, wir sind allein unterwegs," antwortete Charley.
"Aber wo ist denn dann Ihr Wagen? Oder Ihre Pferde?" fragte Mike weiter, "Ich hab' doch schon seit Tagen die Gegend hier durchstreift und Sie nie hier gesehen. Außerdem hätte ich Sie schon von Weitem kommen sehen müssen."
Die beiden Männer schauten sich an, dann meinte John: "Verdammt, sag' es ihm einfach, dann hört er auf zu fragen."
Charley wollte protestieren, aber John winkte unwillig ab, während er sich dem Jungen wieder zuwandte.
"Mike," begann er langsam, "Kannst du ein Geheimnis für dich behalten?"
"Natürlich, wenn es nichts Unrechtes ist."
"Also gut," meinte John, "Charley und ich sind Reisende und kommen von sehr weit her. Aber wir sind keine gewöhnlichen Reisenden; wir kommen nicht aus dem Osten, sind nicht von England herübergekommen, haben auch nicht das Kap Horn umsegelt. Nein, Mike, wir kommen durch die Zeit - aus der Zukunft."
"Aus der Zukunft?" Mike schüttelte völlig verwirrt den Kopf, "Das versteh' ich nicht."
"Welches Jahr schreiben wir heute, Mike?"
"Das Jahr des Herrn 1850."
"Wir beide, Charley und ich, werden erst in mehr als zweihundert Jahren geboren," versuchte John zu erklären, "Wir gehören nicht in deine Zeit."
"Das verstehe
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