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Das Lächeln der toten Augen

Titel: Das Lächeln der toten Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Hefner
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sofort das Zimmer!«, schimpfte die Schwester. »Wissen Sie eigentlich, wie spät es ist?«
    Trevisans Blick haftete weiterhin auf dem Jungen.
    »Er war groß«, sagte Nikolas.
    »So groß wie ich?«, fragte Trevisan.
    »Raus jetzt oder ich hole die Polizei!«, rief die Schwester hinter ihm.
    »Größer und schlank«, antwortete Nikolas. Jedes Wort schien ihn anzustrengen.
    »So geht das nicht …!« Die Schwester stürmte aus dem Raum.
    »Kannst du dich noch an sein Gesicht erinnern, seine Haare?«, schob Trevisan nach.
    »Sie blöder Hund, lassen Sie den Jungen doch in Ruhe!«, rief der Patient aus dem Bett nebenan.
    »Ich glaube, seine Haare waren schwarz. Schwarz und sehr kurz … fast … fast wie …«
    »Ja«, ermunterte Trevisan den Jungen.
    Die Tür wurde aufgestoßen, die Schwester kehrte zurück. Zwei kräftige Pfleger folgten ihr. »So, mein Herr, wenn Sie jetzt nicht sofort verschwinden, dann werden meine Begleiter dafür sorgen, dass Sie gehen.«
    »Schwarz, sehr kurz, und wie …?«, fragte Trevisan unbeirrt weiter.
    Die beiden Pfleger packten ihn am Arm. Er stemmte sich gegen ihren Druck, doch sie waren zu stark. Langsam schoben sie ihn zur Tür.
    »In seinen Haaren war Gel. Es roch … es roch nach … Veilchen.«
    Sie hatten ihn an der Tür. Mit unbändiger Kraft riss Trevisan seine Arme hoch. Die beiden Pfleger waren von der plötzlichen Bewegung derart überrascht, dass sie den Halt verloren.
    »Kann es Frisiercreme gewesen sein?«, fragte Trevisan.
    Erneut packten die Pfleger zu. Die Schwester hatte bereits die Tür geöffnet.
    »Ich weiß es nicht …«, hörte er noch, dann zerrten ihn die beiden Krankenpfleger aus dem Zimmer. Die Schwester schloss die Tür.
    Eine weitere Schwester, ein junges Mädchen, wohl eine Schülerin, kam angelaufen. »Die Polizei ist auf dem Weg!«
    »So, Sie kommen jetzt schön mit uns, dann passiert Ihnen auch nichts«, sagte einer der Pfleger.
    »Ich bin von der Polizei«, sagte Trevisan trocken. »Greifen Sie in meine Jackentasche, dort habe ich meinen Dienstausweis.«
    Die Schwester warf Trevisan einen ungläubigen Blick zu. Ein paar Sekunden musterte sie den widerspenstigen Störer. Schließlich gab sie sich einen Ruck und fasste ihm vorsichtig in die Tasche. Sie förderte ein kleines, schwarzes Mäppchen zutage und schlug es auf. »Martin Trevisan, Kriminalpolizei, Wilhelmshaven«, las sie laut. »Verdammt, warum veranstalten Sie dann so ein Theater hier?«
    Die Pfleger lockerten ihren Griff. Trevisan blieb regungslos stehen. »Man hat meine Tochter entführt«, sagte er.
    »Der Junge?«
    »Nein, der war nur im Weg.«
    Die Pfleger waren einen Schritt zur Seite getreten. Die Schwester schaute Trevisan forschend an. Trevisan ordnete seine Kleidung.
    Schließlich streckte die Schwester Trevisan sein Mäppchen entgegen. »Das nächste Mal fragen Sie bitte vorher«, sagte sie streng. »Und jetzt gehen Sie, bevor Ihre Kollegen Sie auch noch verhaften.«
    Trevisan nickte und wandte sich zur Treppe.
    Als er vor dem Haupteingang in den Wagen stieg, schaute ihn Dietmar fragend an. »Fahr los!«, sagte Trevisan und gurtete sich an.
    Als sie gerade wieder auf der Hauptstraße waren, sah Trevisan von der anderen Seite her einen Streifenwagen mit Blaulicht zur Einfahrt aufs Krankenhausgelände abbiegen. Er atmete auf.
    »Hast du eine Waffe bei dir?«, fragte Trevisan.
    »Ja, aber …«
    »Gib sie mir und halt mal an, ich fahre weiter.«
    »Aber ich soll dich doch zur Dienststelle bringen!«
    Trevisan beugte sich verschwörerisch zu Dietmar hinüber. »Wir kennen uns nun lang genug. Und ich würde sogar behaupten, dass wir mehr als nur Kollegen sind. Wenn dir etwas an unserer Freundschaft liegt, dann tust du jetzt genau das, was ich dir sage.« Seine Stimme klang wie ein Flehen.
    Dietmar schaute in den Rückspiegel, doch der Streifenwagen folgte ihnen nicht. »Beck hat mich gewarnt. Er wusste, dass du einen Alleingang unternehmen wirst. Er sagte, wenn ich nicht mir dir zurückkomme, dann kann ich mich bald wieder um Falschparker kümmern.«
    »Dietmar, sie haben meine Tochter. Ich glaube, du würdest für deinen Johannes genau das Gleiche tun. Du kannst mir glauben, ich würde dir dabei nicht im Weg stehen. Ganz im Gegenteil.«
    Dietmar überlegte. Schließlich entspannten sich seine Züge. »Wohin fahren wir?« Seine Stimme klang entschlossen. Er hatte seine Entscheidung getroffen.
    »Nach Neuengroden«, erwiderte Trevisan.
     
    Dietmar stoppte den Wagen in sicherer

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