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Das Lächeln der toten Augen

Titel: Das Lächeln der toten Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Hefner
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deine Freundin wegnimmt.«
    »Ich würde sie mir nicht wegnehmen lassen«, antwortete Tommy selbstsicher.
    »Maria musste zurück nach Hause. Was hätte Sven machen sollen? Brasilien ist schließlich nicht Aurich!«
    »Wenn er bis zum Mittag noch nicht hier ist, schaue ich noch einmal bei ihm zu Hause vorbei«, erklärte Mike.
    Von draußen drang das Nebelhorn eines Kutters herein. Dunkle Wolken zogen vom Wasser auf das Festland zu. Bald würde es zu regnen beginnen.
    *
    Trevisan saß hinter seinem Schreibtisch. Der zweite Stock im Dienstgebäude war verwaist. Auch Dietmar Petermann war bereits gegangen, und Trevisan war sogar ein wenig froh darüber gewesen, denn dessen Kommentare trieben ihn in letzter Zeit immer öfter auf die Palme. Er spürte eine innere Unruhe und wusste nicht, ob dies an dem Selbstmord des Jungen lag oder ob Paulas Rendezvous die Ursache seines gestörten Seelenfriedens war. Noch immer hatte er keine Nachricht aus Neuengroden. Die Halbermanns waren noch nicht nach Hause zurückgekehrt.
    Trevisan schaute auf die Uhr. Es war kurz nach neun. Draußen wurde es dunkel. Es hatte zu regnen begonnen. Er stöberte in den wenigen Habseligkeiten, die er aus dem Haus in Horumersiel mitgebracht hatte. In der Geldbörse befanden sich neben ein paar Groschen und einem Geldschein lediglich eine Scheckkarte, eine Karte für die Stadtbücherei und ein Jahresausweis für das Strandbad am Fliegerdeich. Trevisan öffnete das Seitenfach, doch es war leer. Schon wollte er die Geldbörse zur Seite legen, als er bemerkte, dass an der Innenseite des Seitenfaches ein Foto steckte. Es war ein einfaches Passbild in Schwarzweiß aus einem Automaten. Zwei übermütig lachende Gesichter blickten Trevisan an. Wange an Wange. Sven Halbermann auf der rechten Seite und daneben ein Mädchen. Sie war nicht viel älter als Sven. Ihr Gesicht hatte einen dunklen Teint. Eine Südländerin, vermutete Trevisan. Nachdenklich fuhr er sich durch die Haare. War dieses Mädchen der Grund für Sven Halbermanns Selbstmord? Wollte er sterben, weil er sie nicht haben konnte? Lehnte sein Vater eine Beziehung seines Sohnes mit einer Ausländerin ab?
    Wieder kam ihm Paula in den Sinn. Er hatte einen Kloß im Hals. Schließlich erhob er sich, griff nach seiner Jacke und verließ das Büro.
    Er fühlte er sich müde und abgespannt und fuhr nach Hause. Sein Blick fiel auf die Tankuhr. Die rote Nadel bewegte sich knapp über Reserve. An der Bismarckstraße bog er in die Tankstelle ab. Er tankte den Wagen voll und kaufte sich eine Flasche Rotwein. Wie würden die Eltern des toten Jungen auf die Nachricht reagieren? Sollte er einen Pfarrer hinzuziehen?
    Vorsichtig fädelte er sich in den fließenden Verkehr ein. Doch er bog an der nächsten Kreuzung nicht links ab, sondern fuhr geradeaus weiter. Richtung Norden, nach Breddewarden. Er wusste nicht, warum er es tat, was er zu sehen hoffte. Er wusste nur, dass er jetzt gerne Paula in seiner Nähe hätte.
    Eine Stunde später parkte er seinen Ford vor seinem Reihenhaus in Sande. Kurz vor dem Haus der Stendals war er umgekehrt. Es war kurz vor halb zehn gewesen. Viel zu spät, um zu klingeln und mit Paula zu sprechen. Er hatte gewendet und war die ganze Strecke wieder zurückgefahren.
    Als er kurz vor Mitternacht zu Bett ging, beschäftigen ihn noch immer düstere Gedanken.

3
    Ein immer wiederkehrendes Geräusch riss ihn aus einem unruhigen Schlaf. Trevisan brauchte eine Weile, bevor er realisierte, dass die sich wiederholenden Tonintervalle von seinem Telefon stammten. Schlaftrunken raffte er sich auf. Die Digitalanzeige seines Weckers stand auf kurz nach sechs Uhr.
    Draußen graute der Morgen und der matte Schein des jungen Tages fiel durch die Ritzen der Jalousie. Er suchte nach seinen Hausschuhen. Das Telefon gab keine Ruhe. Mit unsicheren Schritten ging er die Treppe hinab.
    »Trevisan«, meldete er sich mit belegter Stimme.
    Die ersten Worte des Anrufers gingen in Trevisans Schläfrigkeit unter, deshalb verstand er den Namen nicht. Doch er konnte sich zusammenreimen, dass es seine Dienststelle war. »Moment, nicht so schnell«, beeilte er sich zu sagen.
    »Sie wollten informiert werden, sobald Herr und Frau Halbermann zurückgekehrt sind«, wiederholte die männliche Stimme am anderen Ende der Leitung.
    Das mulmige Gefühl kehrte zurück. »Hat schon jemand mit ihnen gesprochen?«, fragte Trevisan. Seine Müdigkeit war verflogen.
    »Nein, Sie wollten doch selbst … auf alle Fälle sind sie zurück«,

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