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Das Lächeln der toten Augen

Titel: Das Lächeln der toten Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Hefner
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armen Schlucker. Ich weiß nicht, aber mir kommt das auch nicht ganz geheuer vor.«
    »Sie meinen so eine Art Prostituiertenservice?«, fragte Monika Sander.
    »Junge Mädchen aus dem Ausland. Meistens aus den armen Ländern. Das ist doch nicht normal. Die haben doch auch Vater und Mutter. Ich weiß nicht, aber würden Sie ganz alleine in ein fremdes Land gehen, zu wildfremden Menschen, und dort leben wollen?«
    Monika Sander lächelte verständnisvoll. Offenbar stammten die Weisheiten der Frau weniger von eigenen Beobachtungen als von Erzählungen und Gerüchten. »Haben Sie denn schon selbst einmal so etwas mitbekommen?«
    »Was meinen Sie?«
    »Sie erzählten mir doch von Prostitution und dergleichen.«
    »Gott behüte, ich will nichts gesagt haben«, erklärte die Frau noch einmal, dann wandte sie sich um und ging zurück zu ihrer Gießkanne.
    »Na, was halten wir jetzt davon?«, sagte Monika Sander zu Till.
    »Ich weiß nicht, ob uns die Gerüchteküche besonders viel weiterhelfen kann«, erwiderte er.
    »Auf der anderen Seite erfährt man manchmal auf diese Art mehr Wissenswertes, als wenn man offizielle Stellen fragt«, entgegnete Monika. »Wir sollten auch die Nachbarschaft auf der anderen Seite anhören.«
    Sie ging den Fußweg entlang und steuerte auf das Nachbarhaus zur Rechten zu. Die grauen Fensterläden waren geschlossen. Das Grundstück war ungepflegt und wirkte leblos. Monika öffnete die kleine Gartentür. Ein ohrenbetäubendes Quietschen erklang.
    »Da wohnt schon lange niemand mehr«, rief die alte Frau aus dem anderen Garten herüber. »Der alte Mann und seine junge Frau sind vor etwa zwei Jahren weggezogen. Das waren ganz sonderbare Leute. Sie haben jeden Kontakt vermieden.«
    »Und was machen wir jetzt?«, fragte Till.
    »Jetzt gehen wir zum Rathaus«, entschied Monika. »Und fragen dort, was die uns über die Glasic und ihren Lebensgefährten sagen können.«

24
    Tina und Alex hatten sich am Getränkeautomaten einen Kaffee geholt und sich im langen Gang auf einen der Stühle gesetzt. Doktor Mühlbauer hatte die Obduktion vor wenigen Minuten beendet. Die tote Frau aus dem Flugzeug war bei dem Absturz grausam entstellt worden. Neben tiefen Schnittwunden im Gesicht hatte Doktor Mühlbauer mehrere Knochenbrüche und Quetschungen festgestellt. Typische Verletzungen eines Absturzopfers. Schwer, aber nicht unbedingt tödlich. Doch das alleine war es nicht gewesen, das die beiden Fahnder beunruhigt hatte. Viel wichtiger war die Erkenntnis, dass sich in den Lungen der Frau kein Wasser befunden hatte. Sie war definitiv nicht ertrunken. Sicher gab es noch andere Möglichkeiten für ihren Tod, ein multiples Organversagen aufgrund des Absturzes, doch für all dies hatte Doktor Mühlbauer keine Anhaltspunkte gefunden. Die Gewebsanalyse und die Blutuntersuchungen im Labor dauerten noch an und Doktor Mühlbauer ließ auf sich warten.
    »Wir hätten die Suche nach dem Piloten nicht so schnell abbrechen dürfen«, sagte Alex Uhlenbruch in die Stille des langen und aseptischen Ganges. Er nahm einen Schluck aus dem Pappbecher und verzog das Gesicht. Der Kaffee schmeckte genauso schlecht, wie er sich gerade fühlte.
    »Du hast den Marineoffizier doch gehört«, beschwichtigte Tina. »Wir hätten keine Chancen, ihn zu finden. Die Strömung ist dort zu stark.«
    »Oder der sitzt in einem warmen Zimmer und feiert seine Wiedergeburt«, murmelte Alex Uhlenbruch.
    »Du meinst, er ist vorher ausgestiegen?«
    »Ach, ich weiß nicht, was ich denken soll.«
    Tina strich sich über die Haare. »Der Marineoffizier meinte, es ist unmöglich, dass jemand aus dem Flugzeug entkommen konnte. Und hätte er dann den Schatz im Flugzeug zurückgelassen?«
    »Das Trinkhorn?«
    »Also, ich wäre nicht abgesprungen und hätte das Ding zurückgelassen«, sagte Tina. »Das ist unter Freunden bestimmt weit mehr als hunderttausend Euro wert.«
    Alex nickte. Vielleicht hatte Tina recht. Schließlich konnte man alles und jeden in Frage stellen, wenn man keine Fakten vorzuweisen hatte. Die Frau wäre bestimmt auch von der Strömung aus dem Flugzeug gezogen worden, wenn sich ihre Beine nicht in einem Knäuel von Blech und Kunststoff verhakt hätten. »Also gut, was haben wir bis jetzt? Ein abgestürztes Flugzeug, von dem wir noch nicht genau wissen, wem es gehört und wer darin saß, die unansehnliche und bislang noch unbekannte Leiche einer etwa vierzigjährigen Mitteleuropäerin, ein nach wie vor vermisster Pilot und dazu noch ein teures

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