Das Land am Feuerfluss - Roman
Welt gekommen.«
Hugh gab sich nicht die Mühe, mit ihr zu streiten. Sie würde niemals eingestehen, dass Bert sie schlug. Er prüfte ihr Sehvermögen, so gut es ihm trotz des geschwollenen Augenlids möglich war, und desinfizierte die Wunde mit Jod. »Ich muss die Wunde nähen, Sal, sonst bekommst du am Ende eine Narbe.«
Sie zuckte zusammen, als er ein Narkotikum spritzte. »Das wäre egal. Ich war noch nie eine Schönheitskönigin. Außerdem würde das keinem mehr auffallen – bei meinem Alter.«
Er zog den Schemel näher heran und begann, den Riss vorsichtig zu nähen. »Du bist immer noch eine attraktive Frau, Sal. Und jung genug, um von vorn anzufangen.«
»Hm. Und wohin soll ich dann gehen? Meine Eltern haben mir die Kneipe hinterlassen, und ich habe zu viel Zeit und Mühe reingesteckt, um einfach davonzulaufen.«
»Du könntest sie verkaufen.«
»Niemand will so weit draußen was kaufen.« Ihre braunen Augen betrachteten ihn ruhig, als er die letzten Stiche setzte. »Bert und ich kommen gut miteinander klar. Er hat seine Macken – genau wie ich. Wenn mich was fertigmacht, gönn ich mir eine Verschnaufpause. Er ist nicht so schlecht, weißt du.«
Bert hatte absolut nichts Gewinnendes an sich, doch Hugh sagte nichts. Er legte ein Stück Mull über die Wunde, befestigte es mit einem Pflaster und schob den Schemel zurück.
Sal kam ziemlich wackelig auf die Beine und zupfte an ihren Haaren, bis sie über ihr übel zugerichtetes Auge fielen. Sie zog den breitkrempigen Hut darüber, erwischte Hugh, wie er sie dabei beobachtete, und schenkte ihm ein mattes Lächeln. »Er verbirgt mein Gesicht. Das erspart mir die Fragen der Wichtigtuer«, erklärte sie leichthin.
»Er steht dir gut«, murmelte Hugh.
Sie überhörte seine Schmeichelei und legte die abgezählten Münzen für die Behandlung auf den Tisch. »Bis dann, Hugh – und sieh zu, dass du ordentlich Schlaf kriegst, mein Freund. Ich seh vielleicht aus wie eine Krücke, aber du siehst aus wie eine wandelnde Leiche.«
Hugh lächelte noch immer, als sie aus dem Behandlungszimmer eilte. Ihr roter Rock flatterte, die Armbänder klirrten, und die Haare tanzten auf ihrem Rücken. Sie sah aus wie eine Zigeunerin. Vielleicht waren ihre Ahnen tatsächlich Roma – verschwand sie doch oft tagelang mit ihrem alten, zerbeulten Pick-up.
In einem kleinen Ort wie Morgan’s Reach wusste einer über den anderen Bescheid, aber trotz der Gerüchte und Klatschgeschichten hatte noch niemand entdeckt, wohin Sal dann fuhr – oder was sie in den Zeiten ihrer rätselhaften Abwesenheit trieb.
»Alles Gute, Sal«, flüsterte Hugh, als sie in einer Staubwolke vom Krankenhaus abfuhr. »Wohin du auch gehst, ich hoffe, du findest den Frieden, den du auf jeden Fall verdient hast.«
Er beendete die Aufräumarbeiten und nahm eine Tablette ein, bevor er das Fenster zumachte und die Tür abschloss. Rebecca schaute nach den Patienten im Krankensaal, und Jane würde sie über Nacht ablösen. Daher hatte er für heute seine Pflicht erfüllt – solange kein weiterer Notfall einträte. Gähnend steckte er die Schlüssel in die Tasche und machte sich auf den Weg zur Krankenhausküche, um sich zu vergewissern, dass dort alles glattlief.
Das Krankenhaus in Morgan’s Reach war gesegnet mit der zusätzlichen Hilfe von zwei ortsansässigen unverheirateten Schwestern, Louise und Enid Harper. Sie hatten dort bis zu ihrer Pensionierung als Krankenschwestern gearbeitet, hatten aber schon bald festgestellt, dass sie nicht gern untätig waren. Deshalb gehörten sie inzwischen sozusagen zum festen Inventar, auf das man sich in Notfällen verlassen konnte.
Enid war die Bestimmende, aber Louise behauptete sich und ließ sich trotz strengster Blicke nicht herumkommandieren. Wenn die beiden nicht im Hospital beschäftigt waren, pflegten sie ihren kleinen Hausgarten und nahmen ihren flauschigen Schoßhund Sweety zu langen Spaziergängen mit in den Busch. Abends saßen sie meistens auf der Veranda und ließen die Welt an sich vorüberziehen, wobei sie Charley Swayers anrüchige Promenadenmischung nicht aus den Augen ließen, da der alte Hund die hässliche Angewohnheit hatte, sich mit ihrer kostbaren Sweety zu paaren.
An diesem Abend jedoch waren die Schwestern geblieben, um die Zubereitung des Abendessens für die Patienten zu überwachen, damit Jane einige Stunden Pause hatte. Ihrer Meinung nach schluderten die Aborigine-Frauen, die in der Krankenhausküche arbeiteten, mitunter ein wenig, und
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