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Das Land des letzten Orakels

Titel: Das Land des letzten Orakels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Whitley
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hin. Sie zwang sich dazu, sich zu entspannen, sodass sie einschlafen konnte. Es dauerte zwar eine Weile, aber als sie einnickte, bat sie alle Sterne im Himmel darum, bis zum Morgen nicht gestört zu werden.
    Dieses Mal war das Schicksal auf ihrer Seite. Als die Sonne aufging, bestand ihr einziges Problem aus dem Tau, der sie am ganzen Körper bedeckte und ihre Kleidung durchnässte. Doch als sie sich blinzelnd erhob, wusste sie, dass sie Erfolg gehabt hatte. Sie hatte die ganze Nacht damit verbracht, ihre Träume zu kontrollieren; das war eine Technik, die sie bei ihrem letzten Mal in Giseth erlernt hatte, aus Angst, die Kontrolle zu verlieren, jedoch erst jetzt wieder verwendet hatte. Sie hatte sich vorgestellt, neben einem Leuchtturm zu stehen, und durch die dunkle Halbwelt des Alptraums eine Nachricht gesendet, indem sie sich auf den einen Menschen konzentriert hatte, von dem sie wusste, dass er zuschauen und nicht imstande sein würde, dieser Aufforderung zu widerstehen.
    Nun musste sie nur noch warten.
    Wenige Stunden später bekam sie ihre Antwort.
    Erst als der Neuankömmling sie schon fast erreicht hatte, bemerkte es Lily. Ein leises Rascheln in den Büschen jenseits der Lichtung verriet Lily die Ankunft; es blieb ihr gerade noch so viel Zeit, aufzustehen, sich ihr klammes Kleid glattzustreichen und sich zu wappnen.
    Das Gebüsch teilte sich und offenbarte eine Frau mittleren Alters. Sie war auf eine entrückte Art wunderschön, hatte langes dunkles Haar und trug grüne Kleider. Tatsächlich war das Einzige, was diesen überirdischen Anblick trübte, ihre überraschte Miene. Sie starrte Lily mit Stielaugen an.
    Kalt lächelnd und mit hoch gezogenen Augenbrauen musterte Lily den Ankömmling von Kopf bis Fuß.
    »Ich bin froh, dass du mich gefunden hast, Elespeth«, sagte sie. »Ich denke, du schuldest mir einen Gefallen.«

KAPITEL 19
    Die Sucht
    Tot war Theo nicht. Das war aber auch das Einzige.
    Manchmal ging es ihm so gut, dass er sogar sprechen konnte. Dann missachtete er jeden Versuch von Mark und Ben, ihn zu trösten. Stattdessen beharrte er darauf, ihnen Anweisungen zu geben, wie sie Arzneien zubereiten und neue Krankheiten diagnostizieren konnten, die möglicherweise im Tempel eingeschleppt worden waren. Gestützt auf eine zusammengeraffte alte Decke setzte er sich im Bett auf und beäugte matt die neuerliche Schlange Patienten. Sehr schnell verließen ihn die Kräfte dann wieder, und er verlor das Bewusstsein. Sie hatten versucht herauszufinden, wer Theos Wasser vergiftet haben könnte, doch es war hoffnungslos. Es gingen zu viele Menschen hier ein und aus, und sie konnten das Verbrechen ja schlecht den Eintreibern melden.
    Die meiste Zeit kümmerte sich Verity um Theo. Sie sorgte auch dafür, dass die Vorhänge, die sie um sein Bett gehängt hatten, geschlossen waren, da sie nicht wollte, dass andere mitbekamen, wie krank der Doktor war. Damit aber überließ sie Mark und Ben die Verantwortung über den immer voller werdenden Tempel. Seit Marks Rede vor dem Gefängnis war der Tempel das Zentrum der Revolution geworden und wurde belagert von den Hungrigen und Verzweifelten. Wenn Nick gerade nicht damit beschäftigt war, für Ordnung auf den Straßen zu sorgen, baute offenbar sogar er auf ihre Ideen. Mark, der auch die Verteilung der Lebensmittelrationen organisierte und die Barrikaden überwachte, kam kaum zum Schlafen. So blieb es an Ben hängen, das provisorische Krankenhaus am Laufen zu halten.
    Nie wurde sie ihren Pflichten untreu, doch es forderte seinen Tribut. Wenn sie abends ihr Tagewerk beendete, legte sie mit ihrem Kopftuch auch ihr Lächeln ab. Ben sah allmählich fast wie ihr Bruder aus, auch wenn sie sich eher der Sorge hingab als dem Sarkasmus.
    Doch Mark erlaubte es sich nicht, über Laud oder Lily nachzugrübeln. Dafür hatte er jetzt keine Zeit.
    Am heißesten Tag des Sommers bekam seine Fassade Risse. Auslöser dafür war ein Kochtopf.
    Am Morgen hatte Mark bereits dabei geholfen, mit Eimern Wasser vom Ufer der Ora herbeizuschleppen. Daher war er nicht in bester Stimmung. Mark wusste, dass es das Todesurteil für die Patienten gewesen wäre, wenn er ihnen Flusswasser zu trinken gegeben hätte, ohne es zuvor abzukochen. Doch in dem großen Kessel war noch immer die Suppe des Tages, und der kleinere, den sie sonst für Wasser benutzten, war nirgends zu sehen.
    Mürrisch begann Mark nach ihm zu suchen. Bemüht, seinen Ärger im Zaum zu halten, steckte er den Kopf durch den Vorhang, der

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