Das Leben dahinter (German Edition)
geht es Ihnen, Doktor?“, fragte Johannson, der einmal mehr einen Krankenbesuch bei Korhonen machte, doch eigentlich konnte er sich die Frage sparen. Der gute Doktor sah wie das blühende Leben aus, wenn Johannson an seinen Zustand noch vor ein paar Tagen zurückdachte.
Klinisch tot hatten sie ihn aus L12 gezogen. Blubbernder rosa Schaum war zwischen seinen Lippen hervorgequollen und seine Haut wie eine alte Hose an mehreren Stellen aufgerissen, nachdem sein Blut zu kochen begonnen hatte und er durch die wirkenden Kräfte beinahe zerrissen worden wäre. Sein Blick war trübe und starr gewesen und Johannson hatte nur gedacht:
Diesmal ist es Mord! Dies es Mal hast du jemandem wirklich das Messer ins Herz gerammt.
Doch Korhonens junges Team reagierte so beherzt, wie Johannson es sich nicht hätte träumen lassen, und die Reanimation war nach Minuten erfolgreich. Trotzdem war es erstaunlich, dass der Doktor überhaupt noch in einem Stück geblieben war.
Aber d er Plan war vollkommen aufgegangen und Korhonens Insekten nun endgültig fort. Sie waren wieder einmal auf die Simulation des Doktors hereingefallen und genau darauf hatte Johannson spekuliert. Diesmal konnten sie sich nur nirgendwo verstecken, deshalb waren sie wie vorher einfach kollektiv im Phasenübergang verpufft.
Nun, jedenfalls bis auf zwei einsame Freunde, die sich irgendwie noch unter Korhonens Fingernägel statt bei der Projektion befunden hatten und dort vor dem brutalen Sog des Vakuums geschützt waren. Die Zwei fraßen nicht mehr, dazu fehlte ihnen ihr Kollektiv, doch aus irgendeinem Grund blieben sie trotzdem beim Doktor. Sicher aus einem eigentümlichen Instinkt heraus. Und es war erstaunlich, dass sie nach einer Woche noch immer am Leben waren. Johannson hatte nur mit ein paar Tagen gerechnet, maximal drei, bis ihre internen Sauerstoffvorräte verbraucht gewesen wären, doch noch lebten sie.
Korhonen versuchte nicht, sie zu erschlagen. Er betrachtete sie stattdessen sogar als seine Begleiter, als seine Haustiere und vielleicht irgendwie fast freundschaftlich. Er hatte ihnen Namen gegeben, auch wenn er sie nicht sehen und erst recht nicht voneinander unterscheiden konnte. Er nannte sie Ilmatar und Kuu , nach zwei Gottheiten aus der finnischen Mythologie…
Johannson hatte sich inzwischen gefragt, ob sie die Tiere auch anders hätten absaugen können, doch vermutlich wären Kraft und Beschleunigung niemals groß genug gewesen.
So einfach hätten sie es uns sicher nicht gemacht.
Schließlich war das Universum in seiner Vielschichtigkeit stets darum bemüht, nicht nur einen Druck-, sondern auch eine Art Realitätsausgleich herzustellen, wodurch sich diese extremen Kräfte entwickelt hatten, die den Doktor beinahe zerrissen hatten.
Inzwischen waren solche Überlegungen jedoch glücklicherweise mehr als müßig.
„Hervorragend geht’s mir“, antwortete Korhonen fröhlich. „Und wie geht es mit unserer Streitkraft voran?“
Noch immer war er an sein Krankenbett gefesselt – die Knochenbrüche durch die Behandlung waren multipel gewesen – obgleich er geradezu darum gebettelt hatte, den Fortschritt der Experimente persönlich überwachen zu können. Es war ein Treppenwitz des Schicksals, wie er selbst sagte; normalerweise war er als Chefarzt derjenige, der Patienten zur Untätigkeit verdammte, doch nun waren es seine jungen Hilfsärzte, die ihm einfach Ruhe und Frieden aufzwangen. Darum war er über jede Information dankbar.
Doch heute hatte Joh annson tatsächlich gute Nachrichten für ihn:
„Ich glaube, wir haben es“, sagte er mit einem breiten Grinsen.
„Wie bitte?“ Korhonen hatte wohl kaum damit gerechnet.
„Ich will nicht zu viel prophezeien, aber die ersten Tests zeigen, dass die neue Konfiguration sie dazu bringt, die Signatur ihrer eigenen Art als Futterquelle anzusehen , und das schon ab einem Kollektiv von nur 120.000 Tieren. Das einzige Problem… also nach den ersten hundert anderen Problemen… war nur, dass sie sich dadurch gegenseitig angegriffen haben. Aber auch das haben wir durch eine leichte Veränderung in ihrer Zellarchitektur beseitigen können. Ein großes Lob an Ihr Team, Doktor!“
„Das klingt nach einem ultimativen Schutz, was?“ Korhonens Augen leuchteten.
„Wie gesagt“, antwortete Johannson. „noch ist es zu früh für Jubel. Der finale Test steht noch aus.“
Er legte Korhonen eine Hand auf die Schulter.
„Wir werden Ihr Experiment noch einmal wiederholen. Diesmal aber mit mir.
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