Das Leben dahinter (German Edition)
ihre Stimmung umzuschlagen, sie eine völlig andere Person zu werden.
Eine solch unberechenbare Person hätte er sich niemals in seine Crew geholt, selbst wenn sich die Hölle aufgetan hätte. Deshalb fragte Johannson sich langsam, was für eine Art von Mensch hinter Käpt‘n Jason steckte, sich mit jemandem wie beispielsweise Stein zu umgeben.
Sie hatte vielleicht eine unbedeutende Funktion an Bord, sodass er nie etwas mit ihr zu tun hatte. Doch es konnte natürlich auch etwas anderes, etwas ganz Einfaches dahinterstecken. Sie war schließlich eine attraktive Frau; trainiert, jedoch nicht mager, das Gesicht mit hohen Wangenknochen, großen Augen, vollen Lippen und glänzendem schwarzen Haar. Attribute, die einem Mann gefallen mussten. Selbst an Johannson ging sie nicht ganz spurlos vorbei.
Möglicherweise schlief sie mit dem Käpt‘n oder zumindest mit einem höherrangigen Offizier.
„Wir sind auf einem Deck, auf dem es nicht allzu viel zu sehen gibt“, sagte sie, während sie gemächlich den Korridor herunterschritten. „Hauptsächlich Besatzungsquartiere wie Ihres. Zwei Decks unter uns befindet sich aber ein kleines Zuckerstück, das ich Ihnen gerne zeigen würde. Wir nehmen die Tunnel.“
„Darf ich fragen, welche Position sie auf der Argo einnehmen?“, fragte er unvermittelt.
Die Frage war zwar ziemlich süffisant gestellt, da aber Rangabzeichen oder Uniformen auf Schiffen der PRO kein Usus waren – schließlich wollte man nicht als militärische Organisation verstanden werden – war sie trotzdem legitim.
„Natürlich“, kicherte sie und schüttelte den Kopf. „Was für eine Frage … Ich bin Erster Offizier.“
Sie schlief also mit dem Käpt’n .
Johannson nickte gelassen. „Dann zeigen Sie mir doch mal, was die Argo so zur Perle der PRO macht!“
„Folgen Sie mir!“, herrschte sie i hn plötzlich an. Ihr Blick war wieder aggressiv geworden.
Die Frau ist doch nicht ganz richtig im Kopf!
Sie trat in einen der sogenannten Tunnel . Früher hatte man noch Aufzüge genutzt, doch separate Transportzellen waren eigentlich auf einem Raumschiff mit Gravitationsfeldgeneratoren unnötig, darum waren die Tunnel für den Transport eingeführt worden. Hatte man sich daran gewöhnt, machte es vermutlich Spaß in einen Raum ohne Boden zu treten, in dem man über dem Nichts schwebte, um dann durch sich verlagernde Schwerkraftfelder zum einen oder anderen Ort geschossen zu werden.
Johannson hatte damit gewisse Schwierigkeiten. Schließlich war er schon lange nicht mehr auf einem Schiff gewesen. Ungewohnt zögerlich stand er vor der Tür, hinter der sich die künstliche Schwerkraft auflöste wie Farbtropfen im Ozean. Lisa Stein packte seine Hand und zog ihn grinsend hinein. Um zu vermeiden, dass sie begannen, haltlos im Tunnel umher zu wirbeln und sich um die eigene Achse zu drehen, hielt sie das Feld in der Mitte der Röhre, die etwa einen Durchmesser von vier Metern besaß, aufrecht an ihrem Platz. Wie es der Gravitation eigen war, war das Feld nicht sonderlich stark und ließ seitliche Bewegungen zu, sodass sie nahezu frei agieren konnten, ohne dass ihnen Newton einen Strich durch die Rechnung machte.
„ F-Deck – LNQ!“, befahl Stein und Johannson bemerkte wie sein Magen einen angstvollen Sprung vollführte.
Doch die Feldverlagerungen waren besser eingestellt , als seine Erinnerungen ihn glauben machen wollten. Ganz langsam wuchs ihre Geschwindigkeit an, als sie scheinbar frei zu fallen begannen. Es begann wirklich Spaß zu machen!
Propheten
„Eine Untergangsprophezeiung !“, tönte Miles Finley aus seinem Zelt.
Es war später Nachmittag. Drei seiner vier Begleiter hatten sich um ein erloschenes Lagerfeuer versammelt, Clara hatte sich mit einem Buch in ihr eigenes Zelt zurückgezogen. Sie war beinahe über Dostojewskis Schuld und Sühne eingeschlafen, auch wenn es recht spannend geschrieben war.
„Hä?“, streckte sie jetzt den Kopf durch die Öffnung.
„Das Netz ist scheinbar durch “, sagte Nick im Vorbeigehen, der einmal mehr genervt von ihr zu sein schien. Sie ignorierte das, warf den Reader neben sich und sprang aus ihrem Zelt.
„Bi n gleich da“, rief sie ihm nach – eher rhetorisch, denn weder erwartete sie eine Reaktion noch bekam sie eine von ihm.
Ihre hastigen Schritte verlangsamten sich schnell. Die Hitze machte ihr wieder zu schaffen und sie wollte nicht schon wieder schweißgebadet ankommen. Das Zeltlager befand sich auf einer Lichtung, die Sonne prallte also
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