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Das Leben ist ein Baumarkt

Das Leben ist ein Baumarkt

Titel: Das Leben ist ein Baumarkt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mirko Trompetter
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der Scheibe zu bezahlen. Mein Kollege vom Verleih beharrt aber auf seiner Forderung, da die Abnutzungsgebühren im Mietvertrag klar geregelt sind und die Scheibe bei Mietbeginn nigelnagelneu war.
    Da ich das Ganze auch eher übertrieben finde, mische ich mich kurz in den Streit ein und schlage den beiden vor, dass der Kunde in der Werkzeugabteilung die gleiche Scheibe für 129 Euro kauft und sie auf die Maschine montiert. Dann kann mein Kollege keine Abnutzungsgebühren verlangen, weil die Scheibe ja immer noch neu ist, und der Kunde braucht nur den Mietpreis des Gerätes zu zahlen. Großes Schweigen. Beide schauen mich für einige Sekunden nur dumm an. Plötzlich hat der Kunde seine Sprache wiedergefunden: »Ja, das ist ja super. Genau so machen wir das, wenn das geht?«
    »Ja sicher geht das«, antworte ich. »Wenn Sie die Scheibe zu Hause getauscht hätten, dann hätte auch keiner was davon bemerkt und sie wäre immer noch neu gewesen.«
    Der Kunde ist sichtlich erleichtert darüber, dass es jetzt doch nicht so teuer für ihn wird, und macht sich auf den Weg in die Werkzeugabteilung, um eine neue Scheibe zu kaufen. Mein Kollege ist auch zufrieden und meint bloß: »War ’ne gute Idee. Ich dachte schon, der zerlegt mir gleich den Tresen.«
    »Hast du mal Klebeband und etwas Folie?«, frage ich ihn.
    »Warum? Willst du ’ne Leiche eingraben?«
    »Nee, der Erwin hat mit seinem Spanngurt die Heckscheibe von ’nem Kombi eingeworfen«, erkläre ich.
    »Absichtlich?«
    »Nee, aus Versehen.«
    »Klebeband hab ich, aber mit Folie sieht’s schlecht aus. Da hab ich nichts. Aber bei euch im Müllwagen liegt doch bestimmt noch was von den Fliesenpaletten«, schlägt er vor.
    »Na prima, wieder mal im Müll suchen«, denke ich. Aber ich habe Glück und gleich obenauf liegt ein großes Stück, mit dem eine Palette eingeschweißt war. Das schnappe ich mir und will gerade mit der Beute unter dem Arm das Haus verlassen, als mich die Kassiererin anspricht: »Was hast du denn da?«
    »Du bist neu hier, oder? Folie«, antworte ich nur kurz und will einfach weitergehen.
    »Halt, bleib stehen«, ruft sie mir hinterher. »Ich muss doch da erst reinschauen, ob du auch nichts klaust. Sonst muss ich den Chef rufen.«
    Ich bleibe also stehen, drehe mich um und sehe in die Gesichter von wartenden Kunden, die aber dem Ausdruck nach eher auf das Vergnügen einer Hinrichtung warten. Ich weiß ja, dass die Kassiererinnen angewiesen sind, jeden Mitarbeiter zu kontrollieren, wenn er irgendetwas mit nach draußen nimmt. Aber angesichts dessen, dass ich hier pro Tag locker 40 bis 50 Mal mit einem beladenen Stapler rein- und rausfahre und dabei kein Schwein etwas sagt, finde ich die Nummer mit der Folie aus dem Abfall doch ein wenig übertrieben. Ganz besonders dieses »Ich muss doch da erst reinschauen, ob du auch nichts klaust«. Also überlege ich kurz und sage dann: »Bitte, ruf ihn doch an. Das möchte ich mir jetzt schon ansehen. Bin gespannt, was passiert.«
    In dem Moment kommt Erwin zur Tür herein: »Da bist du ja. Ich hab schon gedacht, du kommst nicht mehr.«
    Ich drücke ihm die Folie und das Klebeband in die Hand und sage: »Hier, für die Heckscheibe. Aber du musst es erst der neuen Kassiererin zeigen, nicht dass du klaust.«
    »Was soll ich? Das ist doch bloß ein Stück Folie.« Dann wendet er sich zur Kassiererin und meint: »Mensch Mädchen, jetzt stell dich doch nicht so an. Ich muss doch bloß die kaputte Heckscheibe zukleben.«
    Die Kassiererin weiß jetzt gar nicht mehr, was sie tun soll, also dreht sich Erwin einfach um und geht mit der Folie, ohne dass die Kassiererin noch einmal protestieren würde. Ich wende mich zu ihr und meine: »So falsch hast du gar nicht gelegen mit dem Klauen. Das war nämlich ein Test und in die Folie war ein Akkuschrauber eingewickelt. Leider sieht es nun schlecht aus für dich.«
    Jetzt wird sie echt blass, fängt zu zittern an und fragt: »Werde ich jetzt gefeuert?«
    »Na, frag doch am besten mal den Chef, wolltest du doch eh gerade anrufen«, erwidere ich, drehe mich um und gehe raus zu Erwin.
    Der ist sich inzwischen mit dem Besitzer des Kombis einig geworden, dass sie das Ganze ohne die Versicherung klären wollen. Ich helfe ihnen noch beim Zukleben der kaputten Heckscheibe und mache mich kurz darauf wieder an die Arbeit.
    Und nein, ich bin echt kein Unmensch. Natürlich habe ich der Kassiererin hinterher noch erklärt, dass die Sache mit dem Akkuschrauber nur ein Spaß war. Sie fand es

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