Das Leben ist ein Baumarkt
Tresen und rufe: »Das ist ja wohl der letzte Mist. Schon bei der ersten Schraube ist einer abgebrochen und der andere ausgelutscht.«
»War das ein und dieselbe Schraube?«, fragt er mich.
»Ja, klar«, antworte ich. »Und die ist immer noch fest.«
»Ja, aber es können ja nicht auf eine Schraube zwei verschiedene Größen draufpassen«, stellt er fest. »Da ist doch klar, dass der rund wird.«
»Pass auf«, sage ich. »Der Erste hat gepasst und ist abgebrochen. Danach hab ich den anderen als Notlösung ausprobiert, und den hat es dann rundgefressen. Tausch mir den Scheiß einfach um und ich such mir einen besseren Satz aus.«
»Nö«, erwidert mein Kollege daraufhin und ich frage: »Wie, nö? Was ist da dran denn schon wieder so schwierig?«
»Das ist übermäßige Beanspruchung.«
Ich merke, dass mein Blutdruck rapide ansteigt, und fahre ihn in einem etwas forscheren Ton an: »Was ist das? Übermäßige Beanspruchung? Was ist denn bitte daran übermäßig, wenn ich mit einem Schraubenzieher eine Schraube aufmachen will?«
Anscheinend habe ich jetzt den Klugscheißer in ihm geweckt, denn er belehrt mich: »Übermäßige Beanspruchung liegt dann vor, wenn etwas über seine Belastungsgrenze hinweg in Anspruch genommen wird und es dadurch kaputtgeht. So was ist kein Garantiefall. Da kannst du den Chef fragen. Der erklärt es den Kunden auch immer so. Sonst hätte ich sicher schon ’ne ganze Kiste voll von den Dingern hier liegen.«
Da ich mich kenne und hier auch mein Arbeitsplatz ist, schnappe ich mir einfach den kaputten Schraubendrehersatz und mache mich wortlos auf den Weg zur Konkurrenz. Denn schließlich macht es keinen Sinn, wegen 15 Euro den ganzen Laden rebellisch zu machen und Äußerungen zu treffen, die man später vielleicht bereut.
Beim Konkurrenten schaue ich mich erst einmal in Ruhe um, finde aber irgendwie nicht das Richtige. Also frage ich einen Mitarbeiter, der übrigens gar nicht so leicht zu finden war, nach einem Schraubendreherset. Daraufhin zeigt er mir prompt das gleiche Set, das ich heute Morgen schon aufgearbeitet habe. Ich erkläre ihm: »Nee, das hab ich gestern schon gekauft. Und kaputt ist es auch bereits. Ich brauche also was Gescheites.«
»Ach, das haben Sie schon umgetauscht, oder?«, fragt er mich.
»Nein, ich habe da auch leider keinen Kassenzettel mehr dafür.«
»Das ist natürlich ärgerlich«, meint er, fügt dann aber hinzu: »Aber in Ausnahmefällen können wir das auch ohne Kassenzettel zurücknehmen. Dann allerdings zur Verrechnung.«
»Das klingt doch mal richtig gut«, denke ich erleichtert.
Kurze Zeit später habe ich dann auch das Richtige gefunden. Das Set kostet zwar fast das Dreifache, scheint aber dafür auch wesentlich stabiler zu sein. Und dadurch, dass mir mein kaputter Satz angerechnet wird, ist es nicht ganz so teuer.
Das Tollste allerdings kommt erst noch. Ich habe damit tatsächlich die Schraube aufbekommen, weil die Schraubendreher am Griff ein Sechskantprofil haben, an dem man einen Schraubenschlüssel als Hebel ansetzen kann. Und das, ohne dass etwas abbricht. Fantastisch!
Eindeutig zweideutig
Dass im Baumarkt Produkte oft merkwürdige Namen haben, die sich kein Mensch merken kann, ist ja nichts Neues. Aber es gibt auch Produkte, bei denen allein die Namensgebung schon einige Zweifel an der Verwendung aufkommen lässt. Das wurde mir allerdings erst richtig bewusst, als ich eine Kollegin der Sanitärabteilung von draußen hereinkommen sah. Ein kurzer Blick auf ihr ziemlich enges T-Shirt ließ mich vermuten, dass es draußen echt verdammt kalt sein musste. Ausgerechnet in dem Moment spricht sie ein Kunde an: »Entschuldigung? Sie haben doch bestimmt Gumminippel, oder?«
»Oh Mist«, denke ich, »jetzt gibt’s Ärger.«
Doch zu meiner Überraschung antwortet sie ganz locker: »Ja, hab ich.«
Irgendwie verstehe ich gerade die Welt nicht mehr und überlege, dass das doch wohl die allerbilligste Anmache überhaupt ist, die allerdings zu funktionieren scheint. Als sie dann aber fortfährt: »Gleich hier den Gang runter im letzten Regal auf der rechten Seite«, dämmert es mir, das die beiden bei Gumminippeln an etwas ganz anderes gedacht haben könnten als ich.
Damit ist natürlich meine Neugierde geweckt und ich folge dem Kunden unauffällig zu dem besagten Regal. Als er nach kurzer Suche mit einer Gummidichtung für ein HT-Rohr in der Hand verschwindet, schaue ich mir das Ganze mal aus der Nähe an. Tatsächlich! Unter dem Fach mit
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