Das Leben ist ein Baumarkt
entrüstet. »Ich will einfach kein Kabel zu der Hütte hinziehen. Und dafür brauche ich eben die Funksteckdosen.«
Jetzt dämmert es mir. Er scheint tatsächlich zu glauben, dass er mit den Funksteckdosen Strom von A nach B schicken kann, ohne dafür ein Kabel zu benötigen. Ich verkneife mir mühsam ein Lachen und erkläre ihm dann, dass daraus leider nichts werden wird, da die Funksteckdosen nur deshalb so heißen, weil man sie mit einer Funkfernbedienung ein- und ausschalten kann.
»Per Funk den Strom von einer Steckdose zur nächsten schicken geht damit leider noch nicht. Aber vielleicht erfindet das ja mal jemand«, sage ich.
»Na, dann sind das wohl doch die falschen«, fasst er enttäuscht zusammen. »Dann gehe ich vielleicht besser noch mal zu Ihrem Kollegen und frage den, bevor ich wieder die falschen einpacke.«
Anscheinend hat er nicht verstanden, dass es so etwas einfach noch nicht gibt. Aber vielleicht kann ihm der Kollege von der Elektroabteilung das Ganze besser erklären. Schließlich ist der ja Elektriker. Bevor der Kunde sich auf den Weg macht, trage ich ihm noch auf: »Wenn Sie beim Kollegen sind, dann richten Sie ihm doch einen schönen Gruß von mir aus und sagen ihm, er soll mir auch zwei von den Funksteckdosen zur Stromübertragung weglegen, falls er welche hat, ja?«
»Klar. Mach ich«, antwortet er und verschwindet in Richtung Elektroabteilung.
Gut zehn Minuten später klingelt mein Telefon. An der Nummer im Display erkenne ich, dass es der Kollege aus der Elektroabteilung ist. Ich hebe also ab, doch bevor ich etwas sagen kann, schießt er schon los: »Hast du mir den Typen mit der Funksteckdose geschickt?«
»Nein«, antworte ich, »nicht wirklich. Der wollte unbedingt noch mal mit dir reden. Weißt du, ich kenn mich da ja auch nicht so gut aus.«
Anscheinend hat der Kollege heute einen schlechten Tag, denn er fährt mich an: »Mann, bist du ein Idiot.«
»Das ist Ansichtssache«, gebe ich zu, »aber weil du so ein netter Kerl bist, hast du mir bestimmt auch Funksteckdosen zurückgelegt, oder?«
»Ach, du kannst mich mal«, kann ich gerade noch hören, bevor es nur noch »tut, tut, tut« macht. Anscheinend ist die Leitung unterbrochen worden. Also rufe ich den Kollegen schnell zurück. Bereits nach dem zweiten Klingeln meldet er sich: »Was is?«
»Ich glaube, ich bin gerade in ein Funkloch gekommen, denn auf einmal war unser Gespräch weg«, erkläre ich.
»Das war nicht weg«, antwortet er. »Ich hab aufgelegt.« Und wieder höre ich nur dieses »tut, tut, tut«.
Da die Verbindung heute besonders schlecht zu sein scheint, bleibt mir nichts anderes übrig, als ihn erneut anzurufen. Diesmal dauert es aber schon entschieden länger, bis jemand rangeht. Es ist sein Kollege. Daher frage ich ihn: »Ist der Karsten in der Nähe?«
»Der will nicht mit dir reden«, sagt er.
»Frag ihn mal, warum.«
»Keine Ahnung.«
»Na, dann frag ihn doch mal, ob ich rüberkommen soll, damit wir in Ruhe über alles reden können.«
»Ich glaube nicht, dass das so eine gute Idee ist«, meint er. »Irgendwie ist der heute echt mies drauf.«
»Ach, da wäre ich jetzt aber nicht draufgekommen. Ich komm gleich mal vorbei«, sage ich und lege auf.
In dem Moment kommt mir der Kunde mit den Funksteckdosen entgegen und ruft: »Also Ihr Kollege da vorne. Der ist ja so was von unfreundlich und gereizt. Das gibt’s ja gar nicht.«
»Ja, ich weiß auch nicht genau, was da los ist«, stimme ich zu. »Ich glaube, er hat irgendwelche Probleme mit der Familie. Bestimmt was ganz Schlimmes, aber genau weiß ich es auch nicht. Man will da ja nicht so nachfragen.«
»Nein«, sagt er, »das ist manchmal auch besser so. Aber so was kann einen schon ganz schön mitnehmen.«
»Und? Wie sieht es jetzt mit dem Strom aus?«, wechsle ich das Thema.
»Ja, das mit den Funksteckdosen geht wohl wirklich nicht. Da hatten Sie recht. Muss ich halt doch eine Leitung rüberziehen«, stellt er abschließend fest und geht zum Ausgang.
Keine zwei Minuten später steht Karsten von der Elektroabteilung plötzlich vor mir und sagt: »Du, das von vorhin tut mir leid. Hast ja recht. War ja nur ein ganz normaler Kunde. Aber ich bin momentan irgendwie etwas gestresst. Ich weiß auch nicht, woran das liegt.«
»Das macht doch nichts. Jeder hat mal ’nen schlechten Tag. Und irgendwann hat man dann einfach die Schnauze voll und muss Dampf ablassen. Blöd ist halt nur, dass man sich vor den Kunden doch etwas zurücknehmen
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