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Das Leben kommt immer dazwischen: Stationen einer Reise

Das Leben kommt immer dazwischen: Stationen einer Reise

Titel: Das Leben kommt immer dazwischen: Stationen einer Reise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Auma Obama
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dennoch fragen. Daran war sicher nur mein unruhiges Wesen schuld. Sobald ich mich in England eingelebt hätte, wäre es damit vorbei. Gerade Ians ruhige Ausstrahlung hatte ich damals doch anziehend gefunden.
    Aber so problemlos, wie ich mir den Schritt nach England vorgestellt hatte, war er nicht. Kenianer bekamen mittlerweile nicht mehr ohne Weiteres ein Visum wie zu den Zeiten, als ihr Land noch zum Commonwealth gehörte und sie gegenüber anderen Afrikanern bevorzugt wurden. Ich musste nun Formulare ausfüllen und stundenlang auf dem britischen Konsulat in Düsseldorf warten, um mich dort detailliertesten Befragungen zu unterziehen. Ein Visum war dadurch jedoch keineswegs gewährleistet.
    Um die bürokratische Prozedur etwas abzukürzen, beantragte ich gleich ein Verlobtenvisum, denn Ian hatte mich bei einem meiner Besuche in England gefragt, ob ich ihn heiraten wolle. Ich hatte ja gesagt.
    Wir saßen damals in einem kleinen französischen Restaurant in einem Dorf nahe London. Ian hatte mich am Vortag vom Flughafen abgeholt, und trotz des regnerischen Wetters freute ich mich, wieder in England zu sein: bei ihm.
    »Mach die Augen zu«, sagte er, nachdem wir bestellt hatten und der Kellner gegangen war.
    »Wieso denn?«, fragte ich neugierig. Eine Bitte zu erfüllen, ohne nach dem Warum zu fragen, war nun einmal nicht meine Art.
    »Mach es einfach!«, sagte Ian in genervtem Ton. Zugleich aber lag ein Lächeln in seiner Stimme. »Nur dieses eine Mal«, fügte er sanft hinzu.
    Widerspenstig und neugierig gehorchte ich. Da spürte ich, wie er zärtlich meine Hand nahm und eine kleine Schachtel hineinlegte. Ich ahnte, was dieser Akt bedeutete, aber ich hielt die Augen weiter geschlossen. Ich wollte mir Zeit lassen, um die Gewichtigkeit des Moments zu verdauen.
    »Willst du die Augen nicht wieder aufmachen?«, hörte ich Ian fragen. Ich schlug sie auf und schaute ihn an, die Schachtel noch immer in der Hand haltend. Er blickte mich so liebevoll an, dass ich ihn auf den Mund küsste.
    »Soll dass ein Ja sein?«
    Ich hatte noch immer nichts gesagt. »Das muss ich mir noch überlegen«, antwortete ich schließlich augenzwinkernd. »Ein Ja würde nämlich bedeuten, dass ich zum Feind überlaufe.«
    Ian blickt mich so verblüfft an, dass ich laut lachen musste. »Du hast wohl die Geschichte vergessen«, fügte ich hinzu. »England. Kenia. Die Kolonialzeit!«
    Endlich verstand er. Er lachte laut auf und streckte mit geballter Faust den Arm in die Höhe. Ihn wieder senkend, rief er: » YES !«
    »Genau das meine ich«, sagte ich lachend.
    »Yes! Yes! Yes!« , fuhr Ian fort und vollführte bei jedem Yes die gleiche Siegergeste. Völlig unromantisch, aber passend. Als ich ihn kennenlernte, hatte ich großspurig behauptet, dass ich mir nie vorstellen könne, in England zu leben – geschweige denn einen Engländer zu heiraten, weil England meinen Landsleuten durch den Kolonialismus so viel Schaden zugefügt hätte.
    Der Kellner, der gerade mit unseren Getränken nahte, blieb einige Schritte entfernt verunsichert stehen. »Alles in Ordnung, die Herrschaften?«, fragte er besorgt.
    »Alles in bester Ordnung!«, erwiderte Ian glücklich und schaute mit hochgezogenen Augenbrauen zu mir herüber. »Oder?«
    Ich nickte grinsend. »Alles bestens!«
    »Wird es nun Champagner geben oder nicht?«
    »Ja!«
    »Ja! Ja! Ja«, rief Ian ein zweites Mal aus, bevor er sich an den Ober wandte. »Sie haben es gehört, Sir. Champagner! Hier wird nämlich geheiratet!« Mit diesen Worten lehnte er sich zu mir herüber, nahm mir die Schachtel aus der Hand, öffnete sie, holte einen Ring aus ihr hervor und steckte ihn mir behutsam auf den Finger.
    »Und du dachtest, du könntest den Engländern entgehen«, flüsterte er mir ins Ohr und küsste mich in den Nacken.
     
    Ian und ich heirateten im August 1996 . Es wurde ein wunderschöner, sehr glücklicher Tag. Es herrschte nicht nur traumhaftes Wetter, sondern die engsten Familienmitglieder und viele Freunde reisten aus Kenia, Deutschland und den USA an. Sogar Toot, Baracks Großmutter mütterlicherseits, machte die lange Reise von Hawaii nach England. Uns fehlte nur Ann, Baracks Mutter, die einige Jahre zuvor an Krebs gestorben war.
     
    Meinen Abschlussfilm an der DFFB hatte ich vor der Hochzeit nicht mehr fertig bekommen. Es fehlte noch der Schnitt, für den ich mehrmals nach Berlin reisen musste. Wohnen konnte ich bei Elke, die nach sechzehn Jahren in Amerika mit ihrem polnischen Mann und zwei Kindern

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