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Das Leben meiner Mutter (German Edition)

Das Leben meiner Mutter (German Edition)

Titel: Das Leben meiner Mutter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oskar Maria Graf
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Unterschied zwischen Tag und Nacht. Er ärgerte sich, wenn er, schreibend am Tisch sitzend, plötzlich von der Dunkelheit überfallen wurde und die Kerze anzünden mußte. Bei einer solchen Gelegenheit – der Kastenjakl hatte vergessen, sein Fenster zu schließen – hörten einige Nachbarn den wütend herausgestoßenen, lästerlichen Schrei: »Verfluchter Herrgott! Mußt du dich denn ewig in meine Sachen mischen? Pfui Teufel!«
    Ganz genau wußten sie allerdings nicht, ob der Fluch von der Blasl-Vev oder vom Alten in der Dachkammer herrührte, sie erschraken nur und bekreuzigten sich …
    Der Hochzeitstag der Bäcker-Stasl rückte näher. Die Herrschaften hatten für das zukünftige Brautpaar recht ansehnliche Geschenke besorgt. Der Maxl, der inzwischen wieder gesund geworden war, erfuhr davon beim Strauch in Leoni. Die Strauchs waren großzügige, feine Leute, die es nicht gern sahen, wenn Bauern und sonstige Einheimische ihr Hotel besuchten. Insbesondere im Sommer war ihnen das unangenehm. Im Winter, wenn die meisten Herrschaften in der Stadt waren, gaben sie ein einziges Mal einen großen Ball, an dem die königlichen Bedienten und Hofbeamten vollzählig teilnahmen. Da waren ihnen auch die wohlhäbigen Landleute erwünscht. Sonst aber reflektierten sie nur auf noble, städtische Gäste, und da ihr Hotel den höchsten Anforderungen entsprach und die Preise entsprechend waren, ergab sich von selbst eine solche Auslese. Nur der Bäcker-Maxl war beim Strauch beliebt. Ihm schmeichelte, daß sich die beiden Hotel-Eheleute zu ihm herabließen. Durch den Verkehr mit ihnen – so wenigstens erschien es ihm – kam er gewissermaßen ganz nahe mit der feinen, großen Welt in Berührung. Deswegen machte er in Leoni am liebsten seine pflichtmäßigen Geschäftszechen, abgesehen davon, daß die Strauchs auch seine beste Brotkundschaft waren.
    »Jaja, Maxl, prachtvoll wird sie beschenkt, die Stasl«. erzählte die kleine, stets elegant gekleidete, vielberingte Strauchin leger, »vom Himsel bekommt sie ein wunderschönes, echtes prozellanenes Kaffee-Service, der Hornig schenkt ihr eine goldene Uhr, und der Graf Rambaldi gibt ihr ein eingelegtes, silbernes Brustkreuz. Was man beim Professor Walkoff spenden will, weiß ich noch nicht. Die Emmerichs wollen ihr ein saffianledernes Portefeuille mit Geld geben, und von uns will ich noch nichts verraten.« Sie lächelte, und als sie sich jetzt bewegte, rauschte ihr schwarzseidenes, anliegendes Taftkleid.
    »Es ist recht schade um die Stasl, Bäcker-Maxl«, sagte sie und fragte: »Und wer wird denn jetzt das Brot ausfahren?«
    »Ja, hm«, drückte der Maxl herum, »hm, vielleicht die Kathl, wenigstens vorläufig. Aber hm … vielleicht auch ich selber.«
    »Aber das ist doch höchst ungeschickt, Maxl, das sieht doch arg bettelmännisch aus, wenn der Geschäftsmann selber sein Brot hausieren fährt«, meinte die Strauchin und wandte ihr ovales, faltenloses, gepflegtes Gesicht dem Maxl zu. Der nickte verlegen und erwiderte besorgt: »Was will ich machen! Unter uns gesagt, Frau Strauch, ich kann übers Geschäft nicht klagen, aber –«
    »Heiraten mußt du, Bäcker-Maxl! So ein Mann wie du ist heutigentags begehrt«, fiel ihm die Strauchin ins Wort, entschuldigte sich geschwind, da sie in die Küche gerufen wurde, und ging mit kleinen, etwas wippenden Schritten aus der Bierstube. Der Maxl sah der kapriziösen Person mit sichtlichem Wohlgefallen nach. Bei der geringsten Bewegung rauschte ihr taftseidenes Kleid. Ihre Taille war sehr stark zusammengeschnürt, so daß die Hüften und der Oberkörper wohlgeformt in Erscheinung traten. Auf ihrem weißen Nacken blitzte der Verschluß einer goldenen Halskette. Das volle schwarze Haar war sorgfältig frisiert. Streng nach der damaligen Mode türmte sich die kunstvoll lockere Frisur über dem Kopf, verlieh diesem gerade getragenen Kopf etwas Pompöses und machte die kleine Figur etwas größer. Die zarten, aber keineswegs mageren Arme in den keulenförmig ausladenden Puffärmeln schlenkerten sanft hin und her, und dabei wurden die funkelnden Ringe an den kleinen weißen Händen sehr sichtbar. Ungewöhnlich hohe, spitzzulaufende Stöckelschuhe aus glänzendem Lackleder trug die Strauchin stets, wodurch ihre Schritte zuweilen etwas leicht Stelziges bekamen. Und sie verbreitete immer einen diskreten Duft um sich. Jung und zugleich erfahren, äußerst reizvoll und doch wieder unnahbar vornehm sah die Strauchin aus. Ihre Eleganz wurde unter den

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