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Das Leben nach dem Happy End

Das Leben nach dem Happy End

Titel: Das Leben nach dem Happy End Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pia Juul
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hatte.
    »Ich hüte ihn für meine Schwester«, sagte er im Schatten der Bäume.
    »Und du hast Gäste«, ich wandte mich um und sah wieder auf den Fjord, voller Ekel über mein nasses Handgelenk, doch er sollte nicht sehen, dass ich es abwischte.
    »Bess«, sagte er hinter mir. »Das mit Halland ist ja furchtbar!«
    »Ja.«
    »Ich habe ihn gesehen.«
    »Warst du draußen? Auf dem Platz?«
    »Dich habe ich auch gesehen, aber ich bin nicht bis zu dir vorgedrungen.«
    Ich fror an den Füßen. »Ich habe niemanden gesehen.«
    »Gibt es schon Neuigkeiten?«
    »Nein.«
    »Ich habe einen alten Freund zu Besuch, er sucht im Museumsarchiv nach einigen Bildern und wohnt so lange hier. Hast du ihn schon kennengelernt?«
    »Ja, wir sind uns kurz begegnet. Dafür, dass er arbeitet, schleicht er ganz schön viel in der Stadt herum.«
    »Ich hatte eigentlich vor, euch einzuladen, aber mittlerweile finde ich das nicht … wie geht es dir?«
    Jetzt war der Fjord grün.
    »Wann wird Halland beerdigt?«
    »Beerdigt?« Ich verstand das Wort erst gar nicht.
    »Wird er denn nicht beerdigt?«
    Keine Ahnung, wollte ich sagen, idiotische Replik, wahrheitsgemäße Antwort, doch, das wird er wohl, was sollte ich dafür tun, wie sorgte man dafür, dass jemand beerdigt wird?
    »Und du hattest Besuch von Funder?«, fragte er.
    »Nennt man das etwa Besuch? Kennst du Funder?«
    »Vom Sehen schon.«
    »Was ist das für ein Freund, der bei dir wohnt, ist er Spion?«
    »Entschuldige«, sagte er. »Er hat lediglich erzählt, dass er Funder gesehen hat. Ich finde das Ganze einfach nur so unheimlich, dir muss es doch genauso gehen.« Er warf mir mit seinen blauen Augen einen Seitenblick zu.
    »Du solltest einen Strohhut tragen«, sagte ich. »Wo du sowieso schon so schick bist.« Er schüttelte den Kopf. »Erinnerst du dich noch daran, wie wir uns gestritten haben?«
    »Wir haben uns doch nie gestritten!«, protestierte er.
    »Du hast mich angeschrien, dass ich Bücher schreiben sollte, die eine Handlung haben!«
    »Ach so, naja, wir waren betrunken!«
    »Ich war nicht betrunken.«
    »Nein, nein, aber ich .«
    »Wir waren uneins darüber, welche Kämpfe etwas bedeuteten! Ich kämpfe meine eigenen Kämpfe, aber ihr anderen wollt immer, dass ich einen bestimmten Kampf kämpfe – das ist dermaßen ermüdend!«
    »Ihr anderen!«, wiederholte er.
    »Ja. Du und Halland. Und noch einige mehr.«
    »Wir wandeln in der Dämmerung umher und schlafen!«, sagte er. Er stand dicht bei mir. Er war real, duftete leicht süßlich und leicht säuerlich zugleich.
    »Jetzt schlafe ich nicht mehr«, sagte ich.
    »Das glaube ich aber doch.« Der Hund winselte, er ließ ihn von der Leine und zum Wasser hinablaufen. Es war noch immer grün.

13
    »Dort isses Grabmal von Hartvig Mathisen,
Achtzehnhundertachtundneunzig geborn.
Am fünften November Neunzehnhundertzwölf gestorben,
geschrieben steht da, dasser vergraben is – aber nich vergessen.
Vierzehn Jahr hatte der lütte Hartvig,
bisser vergraben, aber nich vergessen wurd.
Sicher hatter große Pläne mit seim Leben gehabt.
Keiner weiß, wasser so geträumt hat.«
    Die Realschule nahm er noch mit,
Lied von Niels Hausgaard
    Über eine Woche war vergangen. Ich hatte mit Funder über Hallands toten Körper gesprochen, als sei er ein Stapel Bücher, und mit dem Pfarrer hatte ich über Hallands toten Körper gesprochen, als sei er ein lebendiger Mann. Ich hatte auch mit dem Bestatter gesprochen, an dem offenbar kein Weg vorbeiführte. Halland sollte am Freitag um vierzehn Uhr beerdigt werden. Inger und Brandt würden den Sarg tragen, bei der Beschaffung der restlichen Träger wollte der Pfarrer behilflich sein. Pernille war ich entkommen, indem ich ihr lediglich auf den Anrufbeantworter ihres Handys gesprochen hatte, wann die Beerdigung stattfand, also hatte ich meine Pflicht getan, sofern es überhaupt meine Pflicht gewesen war. Nach alledem war ich todmüde gewesen und früh ins Bett gegangen, hatte aber nicht schlafen können. Ich war wieder aufgestanden und hatte noch einmal in Hallands Schubladen geblickt, was jedoch nicht interessanter geworden war, es lag ja noch immer nichts Wichtiges darin. Waren sie schon immer so leer gewesen, oder hatte er alles entfernt? Und wo befand sich der Laptop? Ich war nach unten gegangen, zu meinem eigenen Schreibtisch, und hatte in meinen eigenen alten Papieren gelesen, davon gab es genug, ich versuchte auszuräumen oder aufzuräumen, verlor mich in unwichtigen Dingen. Notizen, Quittungen,

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