Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Leben nach dem Happy End

Das Leben nach dem Happy End

Titel: Das Leben nach dem Happy End Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pia Juul
Vom Netzwerk:
Hause fahren?« Irgendwo stand ja mein Fahrrad, ich merkte schon, dass meine Zunge mir nicht mehr so recht gehorchte, sie sah mich nur wortlos an. »Mein Mann ist gerade gestorben!«, sagte ich und ärgerte mich im selben Moment über mich selbst. Ich mochte sie einfach so gern, und sie war wütend, weil ich betrunken war, das war deutlich zu spüren, ich versuchte, einen nüchternen Eindruck zu machen, und richtete mich auf. »Das weiß ich nur zu gut, die ganze Stadt weiß es!« »Wirklich?« »Sollten sie es vorher nicht gewusst haben, dann spätestens heute, Sie waren in den Schlagzeilen!« »War ich das? Warum?« »Ich finde, Sie sollten nach Hause.« Ich heulte. »Aber ich will nicht nach Hause!«, rief ich. »Nein, na dann«, sagte sie. Sie ging hinein. Eine Gruppe Jugendlicher stand etwas weiter weg und rauchte und grölte. Oh, breiter Unterkiefer! Ich kicherte, strauchelte auf dem Waldboden, wie konnte es nur einen Meter entfernt plötzlich so dunkel sein, oder vier, oder wo war ich, der Waldpavillon lag hinter mir, aber es war keine Musik aus der Ferne zu hören, ich stand vollkommen still, die Dunkelheit war tief, die Stille war tief, die Luft war dick, vielleicht war da etwas direkt vor mir, ich wusste es nicht, es war dunkler als die Nacht, war ich blind geworden, ich schloss und öffnete die Augen, doch es machte keinen Unterschied, und deshalb begann ich zu horchen, ich hob meine Hand, um mich vorzutasten, war ich in der Nähe des Weges, lief ich jetzt gegen einen Baum? Ein Hauch, ein Atemgeräusch, etwas holte direkt neben mir Luft, erst erstarrte ich, dann schwankte ich und stieß einen Laut aus, ich machte einen Schritt nach vorn und noch einen. »Kein Laut von dem, der flüchtet«, skandierte ich nuschelnd, »Finsternis, Finsternis! Der Kopf des Pöbels auf einem Tablett lässt mich warm und quietschvergnügt werden«, jetzt sang ich, ich bemerkte, dass ich das Lied sang, das ich sonst nur sang, wenn ich betrunken war, ich sang nicht schön, sondern holperte im Takt meiner unsicheren Schritte, ich tastete mich mit den Füßen voran, das musste jetzt der Weg sein, Unterkiefer, gut, dass ich ihm entkam, und mir selbst, das Fahrrad, wo hatte ich es abgestellt? Waren die hellen Nächte noch nicht angebrochen? Wann geht die Sonne auf, es ist kalt, ich fasste an meine Ohrläppchen, die Ohrringe waren weg, so war es immer, jetzt musste ich mal, ich versuchte, in die Hocke zu gehen, ohne umzufallen, ich konnte nicht sehen, wo ich saß, die Wärme stieg unter mir auf. Dann wurde ich plötzlich in Licht getaucht, ein gleißendes Licht, das mich blendete, und ich war kurz davor, das Gleichgewicht zu verlieren. »Bitte nicht schießen!«, hallte meine Stimme, und dann wurde es dunkel. Eine Autotür wurde geöffnet, und aus dem Auto drang ein schwaches Licht. Jemand kam auf mich zu, ich kämpfte, um aufzustehen und gleichzeitig die Unterhose hochzuziehen, purzelte zur Seite und wurde nass. »Und noch dazu ist mir ein Zahn abgebrochen!«, rief ich.

23
    »Zuletzt konnte sie es nicht länger aushalten,
sie erzählte es einer ihrer Schwestern, und
so erfuhren es gleich alle die andern, aber
auch niemand weiter als die und ein paar andere
Meerjungfrauen, die es nicht weitersagten
außer ihren nächsten Freundinnen.«
    Die kleine Meerjungfrau , Hans Christian Andersen
    »Er kam hierher. Hin und wieder kam er hierher, nicht besonders häufig. Weil bei uns hier draußen die Seeadler brüten. Dann fiel er der Länge nach in die Binsen, und ich half ihm auf und holte ihn ins Haus, gab ihm einen Grog und einen warmen Pullover, er war krank gewesen und noch ziemlich schwächlich, aber was war er doch schön. Und so kam es einfach, dass er hin und wieder hier war. Er war ja ein schöner Mann, aber zwischen uns lief nichts, Sie wissen schon, ja, natürlich wissen Sie das, Sie waren ja mit ihm verheiratet, was fällt mir eigentlich ein, das wissen Sie natürlich, natürlich wissen Sie es.« Lachen. Lautes Lachen. »Aaaber, was war er doch schön, aber dass ich das fand, sagte ich ihm natürlich nicht einfach, aber vielleicht merkte er es mir auch an, aber es kann auch sein, dass er es hier einfach nett fand, ich bin ja immer da und spendiere eine Tasse Kaffee, ja, ich konnte mir bei alledem irgendwie denken, dass er sonst nicht sonderlich viel trank, vielleicht ganz selten mal ein Bier, aber diese Zeit war nun vorüber, wie auch das andere, aber wir konnten uns ja auch einfach nur unterhalten, und ich war nie verheiratet

Weitere Kostenlose Bücher