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Das leichte Leben: Eine Geschichte aus der Vorstadt (German Edition)

Das leichte Leben: Eine Geschichte aus der Vorstadt (German Edition)

Titel: Das leichte Leben: Eine Geschichte aus der Vorstadt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schmitter
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„Du“ stand in Schreibschrift auf der einen, „Ich“ auf der anderen, „und“ auf der bauchigen Zuckerdose. Bernhard nahm sie zwischen Daumen und Zeigefinger und schob sie auf dem Tisch hin und her.
    „Die hat sie damals als Briefbeschwerer benutzt“, sagte er. „Als ich von der Arbeit nach Hause kam, waren ihre Klamotten, Bücher, CDs und selbstgemachten Keramikobjekte weg. Dafür lag der Umschlag da, mit ihren Schlüsseln und ein paar Marken für die Waschmaschine im Gemeinschaftskeller. Irgendwie glaube ich bis heute nicht, dass das ein fairer Deal war.“
    Bernhard beugte sich vor und goss den Kaffee ein. Frieders Blick fiel auf die Schlüsselbeine seines Bruders, die über den Rand des Unterhemds hervorragten wie zwei gebogene Brückenpfeiler. Er muss ein paar Kilo verloren haben, dachte Frieder.
    „Eine seltsame, irgendwie sprachlose Art zu gehen – nach so vielen Jahren.“
    „Ungefähr ein Jahr vorher wollte sie mit mir eine Paartherapie machen. Da brach wieder die Ärztin in ihr durch.“
    „Und?“
    Bernhard kippte auf seinem Stuhl leicht nach hinten, breitete die Arme waagerecht aus und gähnte. Für einen Moment schloss er die Augen.
    „Sorry, habe eine kurze Nacht gehabt und mich im Büro nur bis mittags ausruhen können. Nein, ich glaube nicht daran. Elfie hat eine mechanische Sicht: ein Spray bei einer verstopften Nase, Gips bei einem gebrochenen Bein und eine Gesprächstherapie bei einer zerbrochenen Liebe. Ich denke, die tiefsten Kräfte in einer Beziehung lassen sich nicht beeinflussen: Sie setzen sich frei, mit Plappern oder ohne.“
    „Daria und ich haben immer noch Schwierigkeiten, eure tiefsten Kräfte zu erkennen.“
    Bernhard klopfte mit den Zeigefingern einen bestimmten Rhythmus auf dem Tisch. Früher, in der Gymnasiumszeit, hatte er Schlagzeugunterricht genommen und die Familie genervt, indem er mit den Stöcken das Treppengeländer aus Eisen zum Singen brachte. Das Fingerklopfen war geblieben –  eine Marotte, wenn er sich bedrängt fühlte.
    „Ehrgeiz kann nur Ehrgeiz lieben. Elfie strampelte sich im Krankenhaus nach oben, Medizin ist Hochleistungssport: kein Tag unter vierzehn Stunden, dazu Fortbildungen, Gutachten, Vorträge. Zur Entspannung am Sonntag Golf in der Professorenrunde. Ich hatte meine 38,5 Stunden im Amt und wärmte ihr Essen wieder auf, wenn sie statt um sieben um halb elf nach Hause kam. Aber der springende Punkt ist: Sie fand das total prickelnd und mein Leben fad und grau. Deshalb wacht sie eben seit einem halben Jahr neben einem Kollegen aus der Chirurgie auf.“
    Die Katze erschien wieder in der Küche, schnupperte an der Futterschale und sprang dann direkt auf Bernhards Schoß. In den ersten Wochen, erzählte er, habe sie sich hinter den Möbeln verkrochen und sei nur zum Essen aus ihren Verstecken gekommen. Sie ließe sich auch nicht streicheln, aber seit einer Woche schlafe sie sogar am Fußende seines Bettes.
    Frieder fragte, ob er kurz duschen könne. In Wahrheit suchte er nur etwas Distanz; er hatte sich seinem Bruder in den letzten Minuten so nahe gefühlt wie noch nie, und damit konnte er einfach nicht umgehen. In den letzten Telefonaten hatte Bernhard auf eine sture und vertraute Art Überlegenheit signalisiert – eine seiner Drehtürfrauen seit Elfies Auszug kicherte stets im Hintergrund, er war der Mann, der die Fäden in der Hand hielt und die Welt tanzen ließ. Nun hatte er eine Tür zu seinem Inneren aufgemacht – und Frieder schloss, verunsichert und irritiert, die Badezimmertür hinter sich und ließ abwechselnd heißes und kaltes Wasser über seinen Körper laufen.
    „Hunger?“, fragte Bernhard, als sein Bruder eine Unterhose aus der Reisetasche fischte.
    Sie beschlossen, irgendwo in einer Kneipe etwas zu essen. Als sie nebeneinander die breitgeschwungene Holztreppe des Altbaus hinuntergingen, legte Bernhard für einen Moment den Arm um seinen Bruder. Auf dem Bürgersteig fiel er in seine alte Unart zurück: Er stapfte immer einen –  jedes Gespräch ausschließenden – Meter voraus, die Schultern nach außen gebogen, die Hände in den Hosentaschen vergraben.
    Sie gingen in Richtung Universität. Frieder erinnerte sich an einige Kneipen aus der Studentenzeit, oder vielmehr, er glaubte sich zu erinnern, denn entweder hatte der Name sich geändert, oder es gab keine Wirtschaft mehr an dieser Stelle. Er hatte in seiner Heimatstadt nur die ersten Semester studiert, bis er bei einer Fete in München Daria kennenlernte. Bernhard war

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