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Das letzte Kind

Das letzte Kind

Titel: Das letzte Kind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Hart
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Nase. Er nickte einmal, wobei sich die Haut an seinem Hals in Falten legte. »Ich glaube ja.«
    Hunt sah Yoakum an. »Wie lange hatte Jarvis dieses Grundstück?« Yoakum machte ein verzweifeltes Gesicht. »Vierundzwanzig Jahre.«
    »O mein Gott.«
    »Was soll ich jetzt machen?«, fragte Yoakum.
    Hunt schaute in die Höhe. Er sah Äste, die sich bewegten, und dazwischen zackenförmige blaue Risse. »Rufen Sie das Revier an. Lassen Sie alle hier antreten.«
    Yoakum ging zur Seite und zog sein Handy heraus. Mike prustete noch einmal in sein Taschentuch und stopfte es wieder in die Tasche. »Und ich?«, fragte er.
    »Lassen Sie den Hund arbeiten. Die Fähnchen improvisieren wir.«
    »Ja, Sir.« Mike winkte dem Hund, der sich sofort in Bewegung setzte. Er senkte die Nase auf den Boden und lief mit hocherhobenem Schwanz entschlossen und zielstrebig geradeaus los.
    Hunt spürte den Wind im Nacken.
    Der Müllgestank wurde stärker.

VIERUNDDREISSIG
    D ie Sonne war kaum mehr als ein Schimmer hinter den Bäumen, als Johnny seinen Freund mit dem Fuß anstieß. Das Feuer war erloschen, die Asche war grau, die Wolldecke schwer vom Tau. »Es wird Zeit«, sagte Johnny.
    Jack schaute blinzelnd zu ihm auf. Johnny war angezogen und bereit. Jack kratzte sich am Hals. »Die haben mich lebendig aufgefressen.«
    »Mich auch.« Johnny streckte die Hand aus und zog Jack auf die Beine. »Willst du Frühstück?«
    »Was haben wir denn?«
    »Dosenwürstchen oder Erdnussbutter. Brot ist alle.«
    »Limo?«
    »Nein.«
    Jack schüttelte den Kopf. »Dann nicht.«
    Johnny schüttelte den Dreck von der Decke. Seine Hände waren rußig vom Feuer. Er dachte an heilige Dinge, die dann doch nicht heilig waren, und an den Revolver unter seiner Jacke. Er hatte noch lange dagesessen, die Trommel kreisen lassen und den Lauf ins Licht gehalten. Mit dem feuchten Daumen hatte er über das Visier gerieben, auf das Feuer gezielt und versucht, die Arme trotz des Gewichts ruhig zu halten. Er dachte an Levi Freemantle und sagte sich, er wisse, was er tue, und dann begriff er, dass es egal war. Am Ende hatte nur Jack eine Wahl.
    »Du brauchst nicht mitzukommen.«
    Jack streifte die Jacke über. »Du bist mein bester Freund.«
    «Ich mein's ernst«, sagte Johnny.
    «Ich auch.« 
    Johnny stopfte die Wolldecke in den Rucksack und schnallte zu. »Danke, Mann.«
    »Fang bloß nicht an zu wimmern.«
    »Tu ich nicht. Ich sag nur —«
    »Ich weiß, was du sagst.«
    Johnny ging zum Truck und öffnete die Tür. »Fertig?«
    »Rock and Roll.«
    Johnny fuhr über das Stoppelfeld und unter den Bäumen hindurch. Als sie den Wald hinter sich hatten, fuhren sie durch das Gatter hinaus und auf der zweispurigen Landstraße nach Norden, auf die County-Grenze zu. Johnny blieb auf Straßen, die er kannte, dann fuhr er quer nach Osten hinüber, durch einen Trailerpark und zu einer unbekannten Straße, die sich in einer lang gezogenen Kurve von der Stadt und den planlosen Ansammlungen von Häusern ihrer Umgebung entfernte. Sie kamen an kleinen, von Steinmauern umgebenen Weingärten vorbei und fuhren weiter hinaus ins offene Land. Noch immer erhoben sich hier und da Herrenhäuser aus der Zeit vor dem Bürgerkrieg über die welligen Felder. Einmal hielt Johnny an und verglich die Karte aus dem Buch mit einer Karte von Raven County. »Weißt du, wo wir sind?», fragte Jack.
    Johnny antwortete nicht. Er schaute die Straße entlang, wendete und fuhr zurück zu einem alten, rissigen Asphaltweg, der immer schmaler wurde. Zweimal warf er einen Blick auf Wegweiser, an denen sie vorbeikamen, und bog schließlich nach links in eine einspurige Teerstraße ein, die ein paar Meilen weit bergab führte und schließlich an einem Schotterweg endete. Außer ein paar Krähen auf einer Telefonleitung rührte sich ringsherum nichts. »Riechst du das?«, fragte Johnny.
    »Nein.«
    »Der Fluss. Er macht kurz hinter der Stadt eine Biegung und fließt dann zurück. Ich glaube, wir sind ungefähr zwölf Meilen weit nördlich der Stadt. Vielleicht ein bisschen östlich davon.« Er zeigte den Schotterweg hinunter. »Ich glaube, das ist es.«
    Jack blickte sich um; er sah Bäume und Felder und hörte das Rauschen des Windes in der Stille. »Du glaubst, das ist was?«
    »Mal sehen.« Johnny fuhr nach rechts, und der Kies spritzte unter den Reifen auf. Eine halbe Meile weiter stand eine zerschossene gelbe Tafel mit der Aufschrift: ENDE DES STAATLICHEN STRASSENDIENSTES. Direkt dahinter begann der Wald. Der Geruch des

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