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Das Letzte Plädoyer: Roman

Das Letzte Plädoyer: Roman

Titel: Das Letzte Plädoyer: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffrey Archer
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Richtern hingen. Am Ende des Flurs führte eine Holztreppe nach oben, an der Wand hing eine glänzende, schwarze Tafel, auf der in leuchtend weißer Farbe die Namen der Kanzleiangehörigen standen. Wie der Pförtner gesagt hatte, befand sich das Büro von Spencer Craig im obersten Stock. Der lange Aufstieg über die knarzenden Holzstufen erinnerte Payne daran, in welch schlechter Form er neuerdings war – lange vor dem zweiten Stock war er schon außer Atem.
    »Mr. Payne?«, fragte eine junge Frau, die am Treppenkopf auf ihn wartete. »Ich bin Mr. Craigs Sekretärin. Er hat gerade angerufen und gesagt, dass er jetzt Old Bailey verlassen hat und in wenigen Minuten hier eintreffen wird. Möchten Sie solange in seinem Büro warten?« Sie führte ihn den Flur entlang, öffnete eine Tür und bat ihn hinein.
    »Danke«, sagte Payne und trat in einen großen Raum, der nur spärlich mit einem Schreibtisch und zwei Stühlen mit hoher Lehne möbliert war.
    »Möchten Sie eine Tasse Tee, Mr. Payne? Oder vielleicht Kaffee?«
    »Danke, nein.« Payne sah aus dem Fenster auf den Innenhof.
    Sie schloss die Tür hinter sich, und Payne setzte sich vor Craigs Schreibtisch, der so gut wie leer war, als ob niemand dort arbeitete – keine Fotos, keine Blumen, keine Erinnerungsstücke, nur eine große Schreibunterlage, ein Tonbandgerät und ein dicker, ungeöffneter Umschlag, der an
S Craig
adressiert war und den Vermerk
›Persönlich‹
trug.
    Einige Minuten später stürmte Craig ins Büro, dicht gefolgt von seiner Sekretärin. Payne stand auf und schüttelte ihm die Hand, als sei er ein Mandant und kein alter Freund.
    »Setz dich, alter Junge«, sagte Craig. »Miss Russell, sorgen Sie bitte dafür, das wir nicht gestört werden.«
    »Natürlich, Mr. Craig«, erwiderte sie und schloss die Tür hinter sich.
    »Ist es das, was ich denke, dass es ist?« Payne zeigte auf den Umschlag auf Craigs Schreibtisch.
    »Das werden wir gleich feststellen«, antwortete Craig. »Es kam heute Morgen mit der Post, als ich vor Gericht war.« Er riss den Umschlag auf und ließ den Inhalt auf die Schreibunterlage fallen – eine kleine Kassette.
    »Wie bist du an dieses Band gekommen?«, erkundigte sich Payne.
    »Frag besser nicht«, erwiderte Craig. »Lass uns einfach sagen, ich habe Freunde in niederen Ämtern.« Er lächelte, nahm die Kassette und legte sie in den Rekorder ein. »Gleich finden wir heraus, was Toby dem Rest der Welt unbedingt mitteilen wollte«, sagte er und drückte auf Play. Craig lehnte sich auf seinem Stuhl zurück, während Payne auf dem Rand seines Stuhls kauerte, die Ellbogen auf dem Schreibtisch. Es dauerte einige Sekunden, bevor sie jemanden reden hörten.
    »Ich weiß nicht, wer von Ihnen sich diese Kassette anhört.« Craig erkannte die Stimme nicht gleich wieder. »Vielleicht Lawrence Davenport – aber das ist unwahrscheinlich. Schon eher Gerald Payne.« Payne spürte, wie ein Schauder durch seinen Körper lief. »Vermutlich ist es Spencer Craig.« Craig zeigte keinerlei Emotion. »Wer von Ihnen es auch sein mag, ich möchte Sie nicht im Unklaren darüber lassen, dass ich dafür sorgen werde, dass Sie alle für den Mord an Bernie Wilson ins Gefängnis kommen – und wenn ich den Rest meines Lebens dafür brauche. Ganz zu schweigen von meiner eigenen unrechtmäßigen Inhaftierung. Falls Sie immer noch hoffen, die Kassette, die Sie so gern in Ihrem Besitz hätten, in die Finger zu bekommen, dann lassen Sie mich Ihnen versichern, dass sie sich an einem Ort befindet, den Sie niemals aufspüren können, außer Sie würden hier einsitzen.«

29
    Zum ersten Mal seit Monaten sah sich Danny in einem Ganzkörperspiegel. Seine Reaktion überraschte ihn selbst. Nicks Einfluss musste doch weiter reichen, als ihm klargewesen war, denn plötzlich fiel ihm unangenehm auf, dass Jeans und ein West-Ham-T-Shirt womöglich nicht die angemessene Kleidung für ein Erscheinen vor Gericht darstellten. Er bedauerte bereits, dass er Nicks Angebot ausgeschlagen hatte. Da die Disparität ihrer Kleidergrößen vernachlässigbar war (Begriffe, die Danny nicht länger nachschlagen musste), hatte Nick ihm einen Anzug in gedeckter Farbe sowie Hemd und Krawatte leihen wollen, die für die Schwere des Anlasses (Nicks Worte) passender gewesen wären.
    Danny setzte sich auf seinen Platz auf der Anklagebank und wartete darauf, dass die drei Richter erschienen. Er war um sieben Uhr morgens in Belmarsh abgeholt worden, in einem großen, weißen Gefängnisbus,

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