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Das letzte Treffen

Das letzte Treffen

Titel: Das letzte Treffen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stella Blomkvist
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er hat es mir
     versprochen.«
    »Und was musstest du
     als Gegenleistung bringen?«
    Sigurjóna weicht
     meinem Blick aus. Ihr Blick ist unsicher.
    »Er hat mich darum
     gebeten, die Klage zurückzuziehen und es noch einmal zu versuchen. Er
     will alles dafür tun, damit die Familie zusammenbleibt.«
    »Du bist schlecht
     beraten, die Klage in der jetzigen Situation zurückzuziehen«,
     sage ich entschieden. »Besonders wenn man bedenkt, was später
     passieren kann.«
    »Ich muss auch an meine
     Kinder denken, sie vermissen ihren Vater.«
    »Hat Baldvin hier schon
     einmal vorbeigeschaut, nachdem du wieder nach Hause gezogen bist?«
    »Ich habe ihm erlaubt,
     vorgestern Abend kurz zu Besuch zu kommen, um mit den Kindern zu spielen.«
    Sie wirft mir einen schnellen
     Blick zu.
    »Ich will mich nicht
     unter Druck setzen lassen, um etwas zu tun, von dem ich nicht weiß,
     ob ich es wirklich möchte«, fügt sie hinzu und hebt die
     Stimme. »Ich will es einfach nicht.«        
    »Ich mache nur das,
     worum du mich gebeten hast«, antworte ich ruhig. »Was du in
     der Sache unternimmst, ist ganz allein deine Entscheidung, nicht meine.«
    »Ich überlege mir
     die Sache noch.«
    »In Ordnung. Hast du
     die Schlösser austauschen lassen?«
    Sigurjóna schüttelt
     den Kopf.
    »Mama, ich habe immer
     noch solche Bauchschmerzen.«
    Ihr sieben Jahre alter Sohn
     steht in der Küchentür. Sein bunter Schlafanzug ist mit
     Tierbildern aus einem Disney-Abenteuer bedruckt.
    »Komm mal her,
     Sigurlinni«, sagt sie und streckt die Hand aus.
    Der Junge heißt also
     nach seinem Großvater. Dem Landeszentralbankdirektor.
    Er ist blass. Mit
     verstrubbeltem Haar, als wäre er gerade aufgewacht. Hält sich
     mit beiden Händen den Bauch.
    Ich schließe meine
     Aktentasche und erhebe mich.
    Sigurlinni geht schnell an
     mir vorbei zu seiner Mutter, die ihn auf den Schoß nimmt. Er
     betrachtet mich mit seinen dunklen Augen. Oder besser gesagt, meinen
     Babybauch.
    Ich versuche, freundlich zu
     sein.
    »Erinnerst du dich, als
     deine Mama mit deiner kleinen Schwester schwanger war?«, frage ich
     und lege meine linke Hand auf meinen Kugelbauch.
    Er schüttelt den Kopf.
     Dickköpfig.
    »Da hatte sie auch so
     einen Babybauch«, fahre ich fort und lächle.
    »Weiß ich«,
     antwortet er und starrt mich böse an. »Das hab ich auf Fotos
     von Mama gesehen.«
    »Ia, natürlich.«
    »Wie machen Lesben
     eigentlich Kinder?«, fragt er.
    »Sigurlinni!«,
     ruft seine Mutter. »Das fragt man doch nicht!«
    Ich schminke mir mein Lächeln
     schlagartig ab.
    »Was für einen Blödsinn
     Kinder von sich geben«, sagt Sigurjóna entschuldigend.
    »In diesem Alter
     plappern sie gerne das nach, was sie von Erwachsenen hören.«
    »Papa sagt, du bist
     eine Lesbe«, redet der Junge weiter. »Er sagt auch, es ist nur
     deine Schuld, dass er nicht bei uns schlafen darf.«
    »Was für ein
     Schwachsinn«, sage ich und blicke dem Jungen kalt in die Augen.
     »Dein Papa darf nicht bei euch zu Hause sein, weil er ganz furchtbar
     böse zu deiner Mama war.«
    Sigurjóna tut dieser
     Wortwechsel leid.
    »Entschuldige«,
     sagt sie und bringt mich zur Tür. »Ich wusste nicht, dass
     Baldvin so mit den Kindern redet.«
    »Du lässt mich
     wissen, wenn du eine Entscheidung getroffen hast«, antworte ich.
     »Und pass in den nächsten Tagen gut auf dich auf. Du weißt
     selber, dass die Gefahr nicht vorbei ist.«
    »Entschuldige«,
     wiederholt sie.
    »Du musst dich nicht für
     das entschuldigen, was dein Mann verbockt hat«, antworte ich und
     halte mir den weichen warmen Kragen des Pelzmantels direkt an den Hals.
     »Das sollte er selber tun.«
    Der feindliche Blick vom
     kleinen Sigurlinni folgt mir im Gedächtnis bis hinaus zum
     Silberhengst, der auf dem Parkplatz auf mich wartet. Seine Worte erinnern
     mich an die traurige Tatsache, dass Kinder manchmal noch unverblümter
     und erbarmungsloser sind als die Erwachsenen.
    Trotzdem kann ich es dem
     Jungen kaum verdenken, wenn er seinem Vater zuhört.
    »Niemand kennt seinen
     Vater völlig.«
    Sagt Mama.

 
    17. KAPITEL
    Die hohen dunkelgrauen
     Gitterpfosten, die das Gefängnis Litla-Hraun umgeben, erheben sich
     gegen den wolkenlosen Himmel im Süden. Das tiefe Meer jenseits des
     Strandes liegt in der Windstille spiegelglatt, so weit das Auge reicht.
    Andri Ólafur Sveinsson
     ist in völliger Isolationshaft. Er darf nicht einmal die täglichen
     Nachrichten verfolgen. Darf kein Fernsehen

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