Das letzte Treffen
auf dem
Sommersitz des Landeszentralbankdirektors haben sich wie ein Lauffeuer in
der Stadt verbreitet. Über das Internet.
Das geschieht dem verdammten
Grobian recht.
Ich habe bereits alle
Register gezogen, die mir zur Verfügung stehen, damit Baldvin
Sigurlinnason verurteilt wird. Habe mir ein ausführliches ärztliches
Attest geben lassen. Ganz offiziell Anzeige erstattet. Die
Unterlassungsklage erneut vorgelegt, damit er sich Sigurjóna und
den Kindern nicht nähern darf.
Dieses Mal kommt er nicht
davon!
Máki hat in unserem
Telefonat gestern Abend durchblicken lassen, die Akten vom Mord in
Rockville würden geschlossen. Die Goldjungs hätten genügend
Beweismaterial in der Hand, um meinen Klienten zu lebenslanger Haft
verurteilen zu lassen. Dafür, dass er Donald Garber ermordet und ihm
seine Geschlechtsteile abgeschnitten hat. Der zu erwartende Prozess sei
eigentlich nur noch Formsache.
Andere Medienleute seien der
gleichen Meinung. Jedenfalls hätten sie aufgehört, über den
Fall zu berichten.
»Nichts ist so alt wie
die Nachrichten von gestern«, sagte Máki. »Das ist eine
alte Wahrheit in der Nachrichtenbranche.«
»Manchmal neigt die
Vergangenheit dazu, ihren vermeintlichen Tod zu überleben«,
antwortete ich. »Obwohl die Sterbestunde schon oft angekündigt
wurde.«
Máki zeigte sich
sofort hellwach.
»Was willst du damit
andeuten?«, fragte er eifrig.
»Unter uns?«
»Okay.«
Ich habe Máki in allen
Details von meinen Verdächtigungen erzählt. Dass der Mord an
Donald Garber auf die eine oder andere Weise mit dem Verschwinden von Karl
Iliugason im Jahr 1974 zu tun hat. Ohne jedoch mit einem Wort das
Nacktfoto zu erwähnen. Habe ihn aufgefordert, den Bezirksverwalter
von Reykjanesbaer anzurufen, der bereits meinen Antrag für ein
Wiederaufnahmeverfahren zum Fall von Karl Iliugason bekommen hat.
Ich finde es immer noch
wahrscheinlich, dass das Foto den Rachefeldzug losgetreten hat, der zu
Mord und Misshandlung geführt hat. Obwohl es mir bisher nicht
gelungen ist, es zu beweisen.
Verdächtig sind daher
zuerst einmal alle, von denen ich weiß, dass sie dieses Foto gesehen
haben.
Aber dabei handelt es sich
nur um sehr wenige Leute. Wenn man Pfarrer Davids und Marias Erklärungen
Glauben schenken kann, dass sie niemand anderem das Pornobild gezeigt
haben.
Andri Olafur, Pfarrer David
und Maria haben zugegeben, das Foto gesehen zu haben, bevor Donald Garber
ermordet wurde.
Der Pfarrer und Maria haben
ein Alibi für den Abend, an dem der Mord begangen wurde.
Allerdings nur laut eigener
Aussage.
Ich hatte bisher noch keine
Zeit gehabt, um herauszufinden, ob Maria an dem Abend, an dem Karitas
Andri Olafur in der Kaffibarinn abgeschleppt hat, tatsächlich im
Landspitali gearbeitet hat. Habe es auch nicht geschafft, das
Gemeindemitglied zu treffen, das Pfarrer David zu ungefähr der Zeit
getröstet haben will, als Donald in Rockville verblutet ist.
Zwei Sachen, die ich in
dieser Woche klären muss. Und außerdem muss ich versuchen, den
geheimnisvollen Unbekannten zu entlarven, der Pfarrer David die E-Mail
geschickt hat.
Ich gehe immer noch davon
aus, dass Andri Olafur Sveinsson unschuldig ist, was den Mord an Donald
Garber betrifft. Natürlich hat er vieles andere Zweifelhafte auf dem
Gewissen. Und wahrscheinlich würde er auch einen kaltblütigen
Mord begehen, wenn es darauf ankäme.
Aber ich weigere mich zu
glauben, dass Andri Ólafur ein dummer Mörder ist.
Andererseits könnte er
diese traurige Verkettung von unglücklichen Umständen
eingeleitet haben, indem er das Foto an Pfarrer David geschickt hat.
Das ist der Zweifel.
Der Onkel vom kleinen Kalli
hat mir versprochen, mich morgen Abend zu treffen. In den Ruinen der
Radarstation in Rockville. Um mir zu zeigen, wo er im Winter 1973-1974 in
den Bunker hinabgestiegen ist.
Ich möchte zwei Fliegen
mit einer Klappe schlagen. Möchte das Haus des Kinderschänders
unter die Lupe nehmen. Sehen, wo der Perverse Maria missbraucht und
erniedrigt hat.
Gunnvör Rikhardsdöttir
geht sofort ans Telefon.
»Ich suche für
meinen Klienten eine Mietwohnung in Keflavik«, sage ich ohne große
Vorreden. »Ist in eurem Haus in der Sudurgata etwas frei?«
»Ja, meine Liebe, ich
denke schon, es handelt sich um den ersten Stock.«
»Und die Wohnung im
Dachgeschoss?«
»Nein, wir haben nur
diese eine Etage zu
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