Das letzte Treffen
Körperverletzung, und es wird auch nicht seine letzte sein«,
falle ich ihm ins Wort, »der Mann ist gefährlich!«
»Ich glaube, er wurde
abgeholt.«
»Was muss dieser
verdammte Idiot eigentlich noch anstellen, damit ihr ihn einbuchtet?«,
frage ich wütend. »Seine Frau endgültig massakrieren, oder
was?«
»Dieser Fall nimmt
seinen ganz normalen Gang«, antwortet der Diensthabende trocken.
Die Wut kocht in mir den
ganzen Tag. Aber ich kann sie erst so richtig rauslassen,
als ich endlich Sigurjónas Schwiegervater am Telefon habe. Den
Landeszentralbankdirektor. Nach vielen erfolglosen Versuchen.
»Ich verstehe nicht,
wie das passieren konnte«, sagt er schwerfällig.
»Ach nein?«
»Baldvin und Sigurjöna
wollten einen aufrichtigen Versuch unternehmen, nach vorne zu schauen und
die Versehen der Vergangenheit ruhen zu lassen.«
»Versehen?«,
wiederhole ich. »Das waren keine verdammten Versehen.«
»Ach, na ja, mir ist es
sowieso egal, wie du das nennen willst.«
»Das Problem ist, dass
dein Sohn ein vermaledeites Ungeheuer ist …«
»Du benutzt ja ganz schön
starke Worte, meine Gute, das muss ich schon sagen.«
»… und eine
verachtenswerte Kreatur, die es genießt, hilflose Frauen zu
misshandeln!«
»Wir wissen doch beide,
es ist der Alkohol, der meinen Baldvin so verändert«, sagt
Sigurlinni. »Er hat mir versprochen, dass er aufhört zu
trinken, und ich bin überzeugt, dass er es ernst gemeint hat. Deshalb
fällt es mir so schwer zu verstehen, was da im Ferienhaus über
die beiden gekommen ist.«
Ȇber die beiden?
Meinst du etwa, Sigurjöna hat sich selber verdroschen?«
»Du musst mir nicht die
Worte im Mund verdrehen.«
»Die Sauferei ist doch
nichts anderes als eine billige Ausrede. Der Alkohol enthüllt nur den
widerwärtigen Charakter deines Sohnes.«
»Ich sehe keinen Grund,
warum ich mit dir darüber streiten sollte.«
»Leider hat Sigurjóna
auf dein Versprechen gebaut«, fahre ich fort. »Du hast es zum
Großteil zu verantworten, dass sie jetzt lebensgefährlich
verletzt im Krankenhaus liegt.«
»Ich habe mein Bestes
getan, um ihre Ehe zu retten, das bestreite ich nicht.«
»Du hast Sigurjóna
eine eindeutige Zusicherung gegeben. Sie hat deinen Worten Glauben
geschenkt. Ansonsten wäre sie nie alleine mit deinem Sohn in das
Ferienhaus gefahren.«
»Ich konnte doch auch
nur dem vertrauen, was der Junge mir versprochen hat.«
»Was willst du tun, um
dafür zu sorgen, dass Baidvin Sigurjóna künftig in Ruhe lässt?«
»Ich werde diese Sache
mit den Eheleuten in den nächsten Tagen besprechen, wenn Sigurjóna
sich erholt hat«, antwortet der Zentralbankdirektor.
»In den nächsten
Tagen? Es wird Wochen oder sogar Monate dauern, bis sie nach diesem heimtückischen
Überfall deines Sohnes wiederhergestellt sein wird.«
»Na, so schlimm kann es
ja wohl nicht sein.«
»Doch, es ist so
schlimm. Sie braucht mehr als ein inhaltsleeres Versprechen.«
»Meine Familie ist
meine Sache«, sagt Sigurlinni. »Ich kann nicht erkennen, was
du damit zu tun hast.«
Seine Arroganz regt mich noch
mehr auf.
»Jetzt verspreche ich
dir mal eins«, sage ich aufgebracht.
»Ich denke, ich kann
darauf verzichten.«
»Ich verspreche dir,
alles in meiner Macht Stehende zu tun, um dein Ungeheuer von Sohn hinter
Schloss und Riegel zu bringen. Wo er hingehört.«
Sigurlinni trennt das Gespräch.
Ohne mir noch zu antworten.
Das überrascht mich
nicht. Der Landeszentralbankdirektor ist von Grund auf ein
politisches Arschloch. Er musste bisher nie der Wahrheit über sich
selbst ins Auge sehen. »GRRRR!«
In dem Fall gibt es nur eins
zu tun. Genau das, von dem ich weiß, dass es Sigurlinni am meisten
missfällt. Ich rufe Máki an.
40. KAPITEL
Dienstag
Besäufst du dich jetzt
mit Eiswürfeln?«, fragt Lisa Björk.
Bisher hat sie meine
Schwangerschaft bewusst übersehen. Hat so getan, als hätte sie
es kaum bemerkt, dass das Kind bald kommt. »Ja«, antworte ich.
»Ist das nicht komisch?«
»Bei mir war es geräucherter
Lachs«, sagt sie lächelnd. »Ja, und Thunfisch. Ich habe
zwei Wochen lang ein paar Dosen Thunfisch pro Tag vertilgt.«
»Ich wusste gar nicht,
dass du ein Kind hast.« Lisa Björk wird ernst.
»Ich habe den Jungen
zur Adoption freigegeben«, antwortet sie leise. »Warum?«
»Ich war vierzehn fahre
alt.«
»Hast du ihn seitdem
einmal
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