Das letzte Vermächtnis der Templer (German Edition)
vergangenen Monaten beobachtet fühlte, dass er Angst um sein Leben und das seiner Familie hatte“, spielte Wulff daraufhin seinen letzten Trumpf aus.
„Das höre ich zum ersten Mal“, blieb der Kommissar skeptisch. „Hatte ihr Bruder einen konkreten Verdacht?“
„Mein Sohn erwähnte nichts dergleichen.“
Krieger schüttelte nachdenklich den Kopf.
„Sie glauben mir nicht, oder?“
„Es klingt mir alles ein wenig weit hergeholt“, erwiderte Krieger versonnen. „Warum hat sich Ihr Bruder nicht an die Polizei gewandt?“
„Denken Sie, ich habe mir das nur ausgedacht?“, brauste Wulff jetzt auf und fuhr von seinem Stuhl hoch.
Der Kommissar erhob sich daraufhin ebenfalls. „Setzen Sie sich wieder, Herr Wulff, und lassen Sie uns sachlich bleiben.“ Er ging zur Tür des angrenzenden Zimmers und schloss sie. „Ich will Ihnen sagen, wie ich die Sache sehe.“ Gelassen lehnte er sich gegen seinen Schreibtisch. „Ihr Bruder ist zu schnell gefahren und mit dem Wildschwein kollidiert. Es ist bedauerlich und tragisch, aber Sie müssen diese Tatsache akzeptieren.“
„Nein“, blieb Wulff stur. „Bedauerlich ist, dass Sie nichts unternehmen wollen.“
„Ich werde Ihnen sagen, was ich unternehmen werde, Herr Wulff. Viktoria, die einzige Überlebende, wird heute von der Intensivstation verlegt. Noch kann sie sich an nichts erinnern. Doch sobald sie ihren Schock überwunden hat, werde ich einen Kollegen zu ihr schicken, der ein Protokoll aufnehmen wird.“
„Und bis dahin lassen Sie die Sache ruhen?“
„Vielleicht werden wir Sophia Wulff vorladen. Wenn ihr Vater Drohungen erhalten hat, dann sollte sie doch etwas darüber wissen. Oder meinen Sie nicht auch?“
„Sie hat keinen engen Kontakt zu ihren Eltern.“
„Aber sie arbeitet ebenfalls bei der Polizei.“ Krieger nahm eine Akte vom Tisch auf und blätterte darin. „Bei der Küstenwache, um genau zu sein. Ihr Vater hätte es ihr sicherlich nicht verschwiegen.“
„Oder er hat es bewusst verschwiegen, um sie zu schützen.“
„Sehen Sie, Herr Wulff, genau das ist der springende Punkt. Wenn Sie nicht von einem Unfall ausgehen, dann bleiben nicht mehr viele Alternativen. Dann war es ein gezielter Anschlag und somit Mord.“
„Das versuche ich, Ihnen die ganze Zeit zu erklären.“
„Es tut mir Leid, Herr Wulff. Aber dafür gibt es keine Indizien.“
„Das heißt, für Sie ist die Sache abgeschlossen?“
Jetzt wurde Krieger energisch. „Was erwarten Sie denn von mir? Soll ich die beiden Frauen unter Polizeischutz stellen? Mit welcher Begründung? Wenn sich aus den Aussagen des Mädchens Tatbestände eines Vorsatzes ableiten ließen, dann könnte ich ermitteln. Aber solange sie nicht vernehmungsfähig ist, kann ich nichts unternehmen.“
„Ich werde einen unabhängigen Gutachter bestellen, der den Wagen meines Bruders untersucht.“
„Ich bin mir sicher, dass Sie das mit Ihren Beziehungen erwirken können. Und nun möchte ich Sie bitten zu gehen. Ich habe zu arbeiten.“
Streng fixierte Wulff den Kommissar.
Krieger näherte sich. „Und ich möchte Ihnen noch einen guten Rat geben, Herr Wulff. Ihre Nichten haben einen schlimmen Schicksalsschlag erlitten. Erschweren Sie die Situation nicht unnötig durch irgendwelche Mordtheorien. Geben Sie ihnen Frieden und kümmern Sie sich vor allem um Viktoria. Sie steht kurz vor dem Abitur, nicht wahr?“
„Ihre Ratschläge können Sie sich sparen“, entgegnete Wulff unwirsch und verließ das Büro ohne weitere Worte.
Sein Eindruck von Krieger hatte sich bestätigt. Der Kommissar war ein Bürokrat, der nur an handfeste Beweise glaubte.
Den ganzen Morgen hatte Sophia vor der Intensivstation im Kemperhof ausgeharrt.
Zwei Wochen Urlaub waren geplant gewesen, Entspannung, schöne Stunden im Kreis ihrer Lieben. Doch das Schicksal war gnadenlos. Ihre Eltern waren tot! Es herrschte gähnende Leere in Sophias Kopf. Die Realität war wie hinter einem Vorhang verborgen. Sie konnte die Wahrheit nicht glauben und fühlte sich wie in einen Nebel gehüllt, den sie nicht durchdringen konnte. Aber ihre Schwester lebte! Nur das zählte. Ein Mensch war ihr geblieben: Vicky, das Nesthäkchen, das sie immer hatte beschützen wollen. Und im wichtigsten Augenblick war sie nicht da gewesen. Doch was wäre geschehen, wenn Sophia auch in dem Wagen gesessen hätte?
Irgendwann um die Mittagszeit war ihre Schwester von der Intensivstation verlegt worden, und Sophia saß schließlich an ihrem Krankenbett. Richtig
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