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Das Leuchten der Orchideen: Roman (German Edition)

Das Leuchten der Orchideen: Roman (German Edition)

Titel: Das Leuchten der Orchideen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Di Morrissey
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drückte ihn fest an sich, während er Marjorie mit seinen blauen Augen ernst ansah.
    »Wie ist dein Elefant denn da rausgekommen?«, fragte sie ihn.
    »Weggelaufen«, sagte er und drehte sich dann um, weil eine Frau ihn rief.
    »Philip! Komm hierher, bitte.«
    Einer der japanischen Soldaten rannte auf Marjorie zu und schrie sie an. Verängstigt eilte sie zurück zu den Frauen, die gerade durchs Tor geschubst wurden. Marjorie nahm ihre beiden Gepäckstücke und sah zu Evelyn. Ihre Mutter war offenbar am Ende ihrer Kräfte.
    In der Mitte des staubigen Hofs wurden die Frauen, einige Babys und Kinder unterschiedlichen Alters von den herumbrüllenden japanischen Soldaten in mehreren Reihen aufgestellt. Sie hatten ihr Gepäck beiseitelegen müssen, und nun riss ein Soldat Koffer und Taschen auf und durchwühlte ihren Inhalt. Viele Frauen weinten, und als eine von ihnen protestierte, schlug man sie mit dem Gewehrkolben. Die Frau sackte zusammen und hielt sich den blutenden Kopf. Andere Frauen wollten ihr helfen, doch die Soldaten traten ihnen sofort in den Weg.
    Entsetzt über diese Unmenschlichkeit, standen die Frauen da wie gelähmt. Sie sahen zu, wie ihre wenigen Besitztümer begutachtet wurden. Ein paar Soldaten nahmen Essen und andere Dinge, die sie für wertvoll hielten, an sich. Den Rest des Gepäcks warfen sie in den Dreck.
    »Diese verdammten Mistkerle«, murmelte eine Frau. »Uns wurde gesagt, wir würden hier gut behandelt.«
    Marjorie sah sich um. Rund um den Platz standen kleine Bambusbaracken, die mit Mangrovenblättern gedeckt waren. Sie wirkten nicht gerade solide und waren offensichtlich nur mit dem Nötigsten ausgestattet. Drinnen waren Frauen und Kinder, die aus in die Wände geschnittenen Löchern zu ihnen herüberschauten. Einer der japanischen Soldaten schrie die Neuankömmlinge wütend an.
    »Was sagt er denn?«, flüsterte die Frau neben Marjorie, die aber nur verängstigt den Kopf schüttelte.
    Dann, als sei er entnervt von ihrer Begriffsstutzigkeit, fuhr der Soldat auf Englisch fort: »Ihr seid nun Gefangene des Kaisers von Japan. Der Kaiser kümmert sich um Frauen und Kinder. Wer die Regeln befolgt, wird keine Probleme haben. Wer sie nicht befolgt, wird bestraft.« Dann verlas er eine Liste mit Vorschriften und Instruktionen, doch die erschöpften und eingeschüchterten Frauen verstanden kaum ein Wort. Kleine Kinder wimmerten, ein Baby weinte vor Hunger. Nachdem sie eine Ewigkeit ungeschützt in der Sonne gestanden waren, durften sie gehen. Die Frauen suchten ihr Hab und Gut zusammen. Marjorie kniete sich hin und stopfte die Kleidung ihrer Mutter wieder in den Koffer, ein Kleid musste sie einer Frau aus den Händen reißen.
    »Das gehört meiner Mutter.«
    Die Frau war zu verstört, um zu verstehen, was sie sagte.
    Eine ältere Frau trat aus einer der Baracken und stellte sich der Gruppe vor. »Ich bin June Humphries. Ich wurde zur Lagerältesten gewählt. Meine Aufgabe ist es, zwischen den Japanern und den Gefangenen zu vermitteln. Ich heiße euch willkommen.« Sie erläuterte den Alltag im Lager und verteilte die Frauen auf die verschiedenen Baracken.
    Marjorie und Evelyn hielten ihre Besitztümer umklammert und blinzelten ins Dämmerlicht der zwei Schlafräume. Die Frau mit dem kleinen Jungen, den Marjorie schon am Zaun gesehen hatte, kam auf sie zu.
    »Willkommen bei uns. Das ist leider alles, was wir zu bieten haben.«
    »Meine Mutter ist krank. Kann sie sich hinlegen?«, fragte Marjorie.
    »Uns wurde gesagt, dass noch mehr Frauen kommen, wir müssen die Schlafplätze also neu aufteilen. Aber bis dahin kann sie in meinem Bett schlafen. Wie ich sehe, konntet ihr ein paar Sachen mitbringen. Habt ihr Medikamente?«, wollte sie wissen.
    »Ich habe etwas Chinin und Aspirin in meiner Umhängetasche. Aber die Wachen haben uns viel von unseren Sachen weggenommen«, sagte Marjorie. »Das ist nicht fair.«
    »Nein, ist es nicht. Vieles läuft hier falsch, aber wir müssen das Beste daraus machen. Als Philip und ich ankamen, hatten wir fast nichts, außer Philips Elefanten natürlich. Übrigens, ich bin Bette Oldham. Wie heißt du?«
    »Marjorie Potts.«
    »Und ich heiße Evelyn Potts. Es tut mir leid, Ihnen solche Umstände zu machen«, wisperte Marjories Mutter vom Bett aus.
    Bette machte eine wegwerfende Handbewegung. »Ich weiß, das ist alles ein furchtbarer Schock für Sie, aber Sie müssen trotzdem so schnell wie möglich gesund werden. Es gibt hier weder einen Arzt noch ein anständiges

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