Das Leuchten der Orchideen: Roman (German Edition)
Krankenhaus, aber wir tun natürlich, was wir können. Eine Engländerin leitet hier gemeinsam mit ein paar Nonnen ein Krankenrevier. Sie sind großartig, haben aber unter diesen Bedingungen nur wenig Möglichkeiten.«
»Wie sind denn die Bedingungen hier?«, fragte Evelyn.
»Furchtbar, sehen Sie sich nur die Betten an. Die sind aus Bambusrohr und sehr hart, es sei denn, Sie haben das Geld, um sich eine dünne Matratze zu kaufen, dann ist es wohl ein wenig bequemer. Zu essen bekommen wir eine Schale Reis am Tag, manchmal mit grässlichem Fleisch und schleimigem, ungenießbarem Gemüse, aber wir essen es trotzdem. Wasser ist ein kostbares Gut. Wir fangen so viel wie möglich auf, wenn es regnet. Und die Latrinen sind ein einziger Alptraum. Nur ein Loch im Boden hinter der Baracke dort, und einmal am Tag muss eine von uns sie ausleeren.«
»Wie lange sind Sie schon hier?« Evelyn stöhnte. »Sie haben recht. Dieses Bett ist wirklich sehr unbequem.«
»Ungefähr drei Monate. Und wahrscheinlich sollten wir dankbar sein, dass wir nicht auf dem Boden schlafen müssen. Haben Sie Laken und Decken?«
»Ja«, Marjorie öffnete den Koffer. »Hat meine Mutter gemacht.«
Bette betastete die kunstvoll bestickte Seidendecke, die Marjorie herausgezogen hatte. »Wie schön. Philip und ich schlafen unter meinem Sarong und einem Rock. Woher kommen Sie?«
Marjorie beugte sich über ihre Mutter. »Könnten wir bitte etwas Wasser haben? Wir haben seit Stunden nichts getrunken. Wir kommen aus Sarawak.«
»Mein Mann war Bezirksverwalter im Landesinneren«, seufzte Evelyn. »Als der Krieg ausbrach, dachten wir, wir könnten uns im Dschungel verstecken. Mein Mann hat dann aber eingesehen, dass wir die Dayak in Gefahr bringen, wenn wir dort bleiben. Also haben wir uns freiwillig den Japanern gestellt. Ein paar Wochen verbrachten wir in einem Haus in Kuching, mit Chinesen und Menschen aus aller Herren Länder. Das Haus wurde immer voller. Die Japaner haben dann entschieden, dass wir gehen müssen. Marjorie und ich wurden von meinem Mann getrennt, wir wurden wie Vieh auf die Ladefläche eines Lastwagens verfrachtet und drei Kilometer vor dem Lager rausgelassen. Den Rest mussten wir laufen, mit all unserem Gepäck und in der glühenden Hitze. Ich verstehe nicht, warum. Sie hätten uns doch einfach direkt hierherfahren können.« Evelyn war den Tränen nahe.
»Ruhen Sie sich jetzt aus und werden Sie schnell wieder gesund«, empfahl Bette. Sie sah Marjorie an. »Wie alt bist du?«
»Zwölf.«
»Du siehst jünger aus. Das ist gut. Die Japaner hassen uns offenbar, aber Kinder scheinen sie zu mögen oder wenigstens zu dulden.«
»Es muss für Sie und Ihren Sohn trotzdem sehr hart sein«, sagte Evelyn.
»Philip ist nicht mein Sohn, er ist mein Neffe. Wir wurden im Hafen von Singapur von meiner Schwester getrennt. Sie wurde gerade noch evakuiert, wir nicht.« Sie warf Philip einen zärtlichen Blick zu. »Wie auch immer, er ist der einzige Angehörige, der mir im Moment geblieben ist, und ich bin für ihn verantwortlich.«
»O nein, wie schrecklich«, flüsterte Evelyn erschöpft und schloss die Augen. Bette und Philip gingen mit Marjorie nach draußen. Zwei weitere Neuankömmlinge standen mit bestürzten Mienen vor ihrer Baracke.
»Wie sollen wir unter diesen Bedingungen leben?«, fragte die eine. »Die Baracke, die sie uns zugewiesen haben, ist völlig überfüllt. Es gibt nichts zu essen, und wir sitzen hier in der Falle.«
Bette nickte. »Es ist schlimm. Aber wenn Sie Geld oder Sachen zum Verkaufen haben, sieht es etwas besser aus. Viele von uns konnten allerdings nichts mitbringen, also versuchen wir zu teilen, so gut es geht.«
»Wo kann man hier etwas verkaufen?«, wollte die Frau mit den feuerroten Locken wissen.
»Händler dürfen an den Zaun kommen, um zu verkaufen oder zu tauschen, aber die Preise sind unverschämt. Die Wachen erlauben es, weil sie am Gewinn beteiligt sind. Aber seien Sie vorsichtig und erzählen Sie den Leuten nichts, falls Sie Geld oder Juwelen haben. Halten Sie Ihre Wertsachen gut versteckt. Sie werden merken, dass man nicht jedem im Lager trauen kann.«
»Sie scheinen sich hier bestens auszukennen«, meinte die Rothaarige. »Ich bin Babs. Und das ist Norma. Ihr Ehemann ist im Männerlager. Gibt es eine Möglichkeit, Kontakt aufzunehmen?«
»Ich weiß nicht genau, wie weit das Männerlager entfernt ist. Ab und zu sehen wir eine Gruppe vorbeimarschieren, sie arbeiten dann irgendwo in der Gegend. Wenn sie
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