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Das Leuchten der Orchideen: Roman (German Edition)

Das Leuchten der Orchideen: Roman (German Edition)

Titel: Das Leuchten der Orchideen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Di Morrissey
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verändert, nicht wahr?«, meinte Marjorie.
    »Du ganz bestimmt, du bist erwachsen geworden«, lächelte Bette. »Wir müssen uns klarmachen, dass diese schlimme Zeit uns Kraft gegeben hat und dass wir uns dabei selbst besser kennengelernt haben. Das wird uns in unserem künftigen Leben helfen.«
    Am nächsten Morgen tauchten die Soldaten erstaunlicherweise nicht auf, doch die Wachen standen noch am Tor. Nach dem ungehemmten, überdrehten Abend waren alle erschöpft und immer noch nicht fähig zu glauben, dass ihre Gefangenschaft bald vorbei sein könnte. Bis sie am Himmel ein Surren hörten und alle nach oben schauten.
    »Ist das einer von unseren?«
    Als die Frauen sahen, dass es ein Flugzeug der Alliierten war, sprangen sie in die Höhe und winkten. Der Flieger flog tief, ein Papierregen ging auf sie nieder, und sie rannten, um die Zettel aufzuheben. Philip rannte damit zu Bette. »Briefe, es sind Briefe. Was steht da, was steht da?« Aufgeregt hüpfte er auf und ab.
    Bette und Evelyn lasen das Flugblatt. »Es ist von der australischen neunten Division. Die Japaner haben kapituliert. Es ist offiziell!« Sie umarmten Philip und Marjorie.
    Bette wischte sich Tränen vom Gesicht und las weiter. »Aufgrund Ihres Standorts wird es schwierig sein, sofort Hilfe zu schicken …« Sie lächelte die anderen an. »Keine Angst, sie kommen. Alles wird gut.«
    Die folgenden Tage nahmen sie wie durch einen Schleier wahr, aber schließlich erschien die neunte Division, um sie zu befreien. Fröhliche, offenherzige australische Soldaten, deren Akzent Bette so vertraut war, starke, freundliche Beschützer, die mit den Kindern spielten und sie in ihren Fahrzeugen mitnahmen. Und plötzlich gab es immer genug zu essen. Bette konnte es kaum fassen.
    »Unglaublich, wie die Frauen es geschafft haben, halbwegs vorzeigbare Kleider für diesen Tag aufzuheben«, lachte Evelyn.
    »Ja«, antwortete Bette. »Aber sie können ihren Zustand nicht verbergen. Die mitleidigen Blicke der Australier zeigen uns, wie erbarmungswürdig wir aussehen. Da ist eine gewaltige Kluft zwischen ihrem Leben und dem, was wir die letzten dreieinhalb Jahre durchgemacht haben. Ich frage mich immer noch, wie wir wohl mit dem Alltag draußen zurechtkommen werden.«
    Doch Philip und die anderen Kinder waren begeistert über die neu gewonnene Freiheit. Und nur die wenigsten Frauen machten sich in diesen Augenblicken der Freude Gedanken über die Zukunft.
    Endlich kam der Tag der Heimreise. Evelyn und Marjorie gingen Arm in Arm neben Bette und Philip her. Bette hielt den aufgeregten kleinen Jungen an der Hand, während sie auf die Jeeps der Alliierten zuschritten.
    Evelyn sah, wie Bette über die Schulter blickte, zurück auf das sich leerende Lager, zu den Baracken und dem Stacheldraht, der ihre Welt so lange umschlossen hatte. Sie sprach ein kurzes Gebet und dankte dafür, dass sie alle dieses Martyrium heil überstanden hatten. Ohne sich noch einmal umzusehen, drückte sie Marjories Hand und führte sie hinaus in die Freiheit.

Kapitel 10
    Langkawi, 2009
    J ulie hatte Tränen in den Augen. Sie nahm Marjories Hand.
    »Was für eine unglaubliche Geschichte! Eine schreckliche Erfahrung für ein junges Mädchen! Wie ist es Ihnen denn danach in Großbritannien ergangen?«
    Marjorie seufzte. »Es war wundervoll, genau wie ich es mir ausgemalt hatte, und obwohl Mutter arg mitgenommen war, erholte sie sich überraschend schnell. Mein Vater wollte nicht nach Sarawak zurückkehren und bekam eine Stelle als Leiter einer Druckerei. Allerdings setzte uns anfangs das kalte Wetter ziemlich zu. Und der Abschied von all den Freundinnen war nicht leicht. Natürlich sind die meisten ihrer Wege gegangen. Doch Babs, eine von Mutters besten Freundinnen, ist kurz vor unserer Freilassung gestorben. Ihr Tod hat uns sehr erschüttert.«
    »Oh, sie schien eine so lebensfrohe Person zu sein. Was ist passiert?«, fragte Julie.
    »Wahrscheinlich Entkräftung. Viele Menschen im Lager starben an Unterernährung und verschiedenen Mangelkrankheiten. Im Grunde hatten Mutter und ich großes Glück, dass wir überlebt haben.«
    »Und Philip und Bette? Wie ist es mit ihnen weitergegangen?«
    »Wir waren so versessen darauf, den Krieg hinter uns zu lassen und uns ins Leben zu stürzen, dass wir vor allem nach vorn schauten. Bette kehrte nach Australien zurück. Mutter und sie schrieben sich noch eine ganze Weile, aber wegen der großen Entfernung ist der Briefwechsel allmählich eingeschlafen. Allerdings

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