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Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition)

Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition)

Titel: Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuela Martini
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neben
    Emma, als wolle sie sie beschützen. Und tatsächlich fühlte sich Emma in ihrer
    Nähe viel sicherer. „Ich weiß es nicht, Isi. Wir werden sehen.“ Bald hatten sich
    alle Bewohner Neumünsters und die beiden Hunde hinter ihnen versammelt und
    warteten stumm und gespannt auf die einsame Karawane, die sich ihnen näherte.
    Emma erinnerte sich
    genau an den strengen Mann mit den flinken, unruhigen Augen, der Himmelfahrtsnase
    über dem kleinen, spitzen Bärtchen und der knarrenden Stimme: Johannes Reichel,
    der Superintendent, dem sie in Tanunda vorgestellt worden war. Das Gefühl, das
    sich damals eingestellt hatte, befiel sie auch jetzt, als er sein Kamel drei
    Meter vor ihr zum Stehen brachte: Sie traute ihm nicht.
    „Guten Tag, verehrte
    Frau Schott“, grüßte Reichel, machte eine knappe Verbeugung mit dem Oberkörper
    und ließ einen skeptischen Blick über die Eingeborenen gleiten. Emma nickte ihm
    zu. Reichel und seine beiden Begleiter klopften den Tieren an den Hals, sodass
    sie sich im Sand niederließen. Emma wartete, bis Reichel in seinem staubigen
    schwarzen Anzug umständlich abgestiegen war. Er zog seinen schwarzen Hut und
    kam mit ausgestreckter Hand auf Emma zu. „Mit einem solchen Willkommensgruß
    hatten wir gar nicht gerechnet, kommen wir doch völlig unangemeldet.“ Er
    lächelte dünn. Emma stutzte. „Hat denn John Wittling Sie nicht unterrichtet
    ...?
    Der Superintendent
    schüttelte den Kopf. Sein Lächeln wurde bemüht. „Was sollte Mister Wittling
    ...“ Emma unterbrach ihn. Sie wollte ganz sicher sein. „Sie waren also nicht in
    Stuart?“
    Johannes Reichel steckte
    die Daumen in seine Westentaschen und wiegte den Oberkörper vor und zurück. Er
    ist nicht im Mindesten besorgt, wunderte sich Emma. „Aber natürlich waren wir
    in Stuart!“ Er lächelte wieder und wies auf die beiden jüngeren Männer, die
    bisher noch kein Wort gesprochen hatten. Auch sie trugen dunkle Hose, weißes
    Hemd und Weste, ihre Jacken hatten sie auf ihrem Kamelsattel verstaut. „Das ist
    mein Assistent, Herr Peter Pfannebecker.“ Er nickte dem blonden Mann zu. „Und
    dies ist Mister Marshall. Er ist Geologe“, fügte er hinzu.
    Was wollte der
    Superintendent mit einem Geologen? Sie musterte den etwa dreißigjährigen
    kräftig gebauten Mann mit dem runden, roten Gesicht und dem kurz geschnittenen
    Haar. Seine Kleider mitsamt dem Hut waren durchgeschwitzt. Auch auf seinem
    roten Gesicht standen Schweißperlen. Er sah aus, als könnte ihn im nächsten
    Moment ein Hitzschlag oder ein Herzschlag niederstrecken. Der Assistent
    hingegen war lang und dünn, Hose und Hemd waren um mehrere Nummern zu groß und
    schlotterten an seinem Körper. Er hatte ein langes blasses Gesicht mit kantigem
    Kinn und fleischigen Lippen. Seine Augen hatten etwas Verschlagenes und Feiges.
    Er mied Emmas Blick. Reichel sah Emma an, als erwarte er von ihr eine
    Erklärung.
    „Mein Mann ist verstorben“, sagte sie schließlich und
    verschwieg die näheren Umstände. „An Typhus.“ Das Lächeln auf Reichels Gesicht
    gefror. „Typhus?“, wiederholte er und wich unwillkürlich einen Schritt zurück.
    „Aber warum hat uns das keiner gemeldet? Wann ist das denn passiert?“ Seine
    beiden Begleiter wirkten erschrocken. Die Augen des Superintendenten zuckten
    nervös. „Seien Sie unseres Mitgefühls versichert. Möge Pastor Schott in Frieden
    ruhen.“ Er hüstelte und hielt sich die Faust vor den Mund. Sein Spitzbärtchen
    zitterte. „Auch im Namen der Missionsgesellschaft spreche ich Ihnen natürlich
    mein Beileid aus. Aber wo ist Pastor Wittling?“ Er warf einen fast ängstlichen Blick
    auf die schweigende Menge der Eingeborenen hinter Emma.
    „Er wollte Hilfe holen
    und ist offenbar nicht in Stuart angekommen. Es gab einen Sandsturm“, sagte
    Emma, und sie war sich jetzt sicher, dass John etwas zugestoßen sein musste.
    „Guter Gott!“ rief der
    Superintendent fassungslos. „Wir müssen ihn suchen lassen! Wir haben Stuart
    rechtzeitig vor dem Sandsturm erreicht! Meine Hochachtung, Frau Schott, dass
    Sie es hier allein ausgehalten haben!“ „Oh, ich bin nicht allein“, erwiderte
    Emma mit einem kurzen Blick auf Amboora, Isi und Mani, die mit ernster Miene
    hinter ihr standen, ein paar Schritte vor den anderen etwa dreißig Männern und
    Frauen. Ein Lächeln flog über das vertrocknete Gesicht mit dem spitzen Bart.
    „Nun ja“, sagte er mit schnarrender Stimme, „ich nehme an, Sie haben Ihre
    Sachen schon

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