Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition)
Sonnenbränden, verheilten
Schnitten und nachlässiger Rasur. Seine Augen waren gerötet. „Ein Hagelkorn ...
genau auf den Kopf!“ Er strich über die dunkle Mähne des Pferdes, so zärtlich,
als sei es ein Kind, das man im Schlaf nicht störte. „Mister“, fing Paul an und
durchbrach das beklommene Schweigen der Zuschauer. „Wir sollten beten.“ Der
Mann sah zu Paul auf. Niemand wagte etwas zu sagen. Es war still. Selbst das
Kind auf dem Arm der Frau war verstummt. Der Mann nickte. Paul faltete die
Hände. Die anderen taten es ihm nach, auch der Lokführer nahm seine
verschmierte Kappe ab und senkte den Kopf. „Vater unser im Himmel, geheiligt
werde Dein Name ...“, begann Paul, und die anderen stimmten ein. „Amen“,
murmelten alle am Ende, auch der Mann am Boden, der seinen Hut mit beiden
Händen hielt. Er strich über den Hals seines Pferdes und stand dann auf,
langsam und ohne jemanden anzusehen, klopfte sich die Erde von den Knien, was
wenig nutzte, da sie feucht war und schon ins Gewebe eingedrungen war. Emma
glaubte ein Zittern seiner aufgesprungenen Lippen zu bemerken. Da legte ihm
Paul, der einen halben Kopf größer war, die Hand auf die Schulter. „Wo wollten
Sie hin?“ „Ich?“ Der Mann krallte seine Finger noch tiefer in den Rand seines
löchrigen Huts. Er warf einen scheuen Blick in die Runde und sagte: „Nach
Quorn.“ „Ich bin sicher“, Paul wandte sich an den Lokomotivführer, der gerade
seine Mütze wieder aufsetzte, „wir können Sie bis dorthin mitnehmen.“ Der
Lokomotivführer nickte bereitwillig. Er hatte seine mächtigen Arme über seinem
kräftigen Oberkörper verschränkt. „Sicher kann er mitfahren.“ „Ja, er soll
mitfahren. In unserem Abteil ist Platz genug“, sagte die Frau mit dem Baby.
„Danke.“ Der Mann lächelte, doch dann wurde sein Blick traurig, und er sah
hinunter auf sein Pferd. „Aber wir können sie doch nicht einfach so liegen
lassen.“ „Nein,
da hat er Recht!“, stimmte jemand zu. In den nächsten Minuten hatte der
Lokomotivführer drei Leute mit Schaufeln ausgestattet. Sie hoben eine Grube,
die ein umgefallener Baum in der Nähe hinterlassen hatte, ein Stück tiefer aus.
Sieben Menschen schleiften danach den toten Pferdekörper über die feuchte Erde
dorthin. Der Heizer, der Lokführer und Paul schaufelten das Grab zu und häuften
Holzstämme und Steine darauf, damit wilde Tiere das Grab nicht aufscharren
konnten.
Mit einer Stunde
Verspätung setzte sich The Ghan wieder in Bewegung, gerade als sich im Westen der Himmel orangerot färbte. Der
Zug kämpfte sich mühsam über die Anhöhen. Im Abteil war es still. John las,
Emma sah aus dem Fenster, und Paul hielt die Bibel in der Hand, starrte aber
nur auf den schwarzen Einband. Erst kurz nach Sonnenuntergang gelangte der Zug
in das Tal, in dem Quorn, ein Ort mit gemauerten Steinhäusern, lag. Die
Passagiere nahmen ihr Handgepäck und strebten dem einfachen Hotel zu, wo sie
saubere Betten und Wasser zum Waschen vorfinden würden.
Im Hotelzimmer war es
klamm, und es roch säuerlich, aber Emma fühlte sie so erschöpft, dass sie
glaubte, überall schlafen zu können. Nach dem gemeinsamen Gebet legten sich
Emma und Paul in das wacklige Metallbett. Sie hörte ihn schwer atmen. „Was
ist?“, fragte sie in die Dunkelheit. Sie drehte sich zu ihm, konnte aber nur
den Umriss seines Kopfes erkennen. „Der Hagel heute ...“ Er brach ab. „Das war
kein Zufall.“ „Nein? Aber es war doch nur das Zusammentreffen von Luftmassen
mit unterschiedlicher Temperatur, nicht?“, sagte sie. Wieder atmete er schwer.
„Paul?“ Hatte er sie überhaupt gehört? „Jahwe sprach zu Mose“, begann er auf
einmal mit einer seltsam tonlosen Stimme, „Strecke deine Hand gegen den Himmel
aus, damit der Hagel über ganz Ägypten falle, über Menschen und Tiere und über
das Kraut des Feldes im Land Ägypten! Mose streckte den Stab gegen den Himmel
aus. Da ließ Jahwe donnern und hageln, und Blitze fuhren zur Erde nieder; und
Jahwe ließ Hagel über Ägypten niedergehen. Es war ein Hagel, mit unaufhörlichem
Blitzen inmitten, so furchtbar, wie man ihn in ganz Ägypten noch nie erlebt
hatte. Der Hagel erschlug in ganz Ägypten alles, was auf dem Felde war,
Menschen und Vieh, auch alles Kraut des Feldes vernichtete der Hagel und
zerschmetterte alle Bäume auf dem Feld.“
Emma schwieg. „Er hat
mir etwas mitgeteilt“, sagte Paul. Sie wartete auf eine
Weitere Kostenlose Bücher